Firmen im Artikel
Das Wichtigste vorab: Drahtgewebe ist kein Maschendrahtzaun. Zur Veranschaulichung eignet sich eher der Vergleich mit einem Textilgewebe, denn dessen Webvorgang hat sehr viel Ähnlichkeit mit dem Fertigungsprozess von Drahtgewebe. Die Dimensionen reichen von grobmaschigen Drahtgeweben bis hin zu sehr feinen Filtergeweben, die in der Medizintechnik eine ernstzunehmende Konkurrenz zu Filtertüchern aus Kunststoff, Baumwolle oder Zellulose darstellen.
Immer wenn es darum geht, Verunreinigungen herauszufiltern, Wirkstoffe gleichmäßig zu verteilen oder feste, flüssige und gasförmige Medien zu trennen, kommen Drahtgewebefilter ins Spiel. In der Medizin-Praxis eignen sich diese Filter wegen ihrer Vielseitigkeit für unterschiedliche sicherheitskritische Komponenten, beispielsweise in Pulverinhalatoren, Blutfiltern oder Beatmungsgeräten.
Beim Filter im Inhalatorsieb handelt es sich um ein Bördelsieb aus Drahtgewebe, das im Mundstück des Pulverinhalators eingesetzt wird. Zur Vorbereitung der Inhalation wird dieses Mundstück geöffnet und die Kapsel senkrecht in die Kammer gelegt. Das speziell geformte Inhalatorsieb sorgt dafür, dass die Kapsel beim Einlegen richtig positioniert ist, um sie in der Kammer zum Platzen zu bringen. Während der Inhalation durch den Patienten hält das Sieb die Kapselhülle zurück. Die feine und gleichmäßige Maschenstruktur des Drahtgewebes stellt zudem eine gleichmäßige Verteilung des Medikaments sicher.
Bereits bevor das Inhalatorsieb in der Praxis zum Einsatz kommt, muss es hinsichtlich der Prozessfähigkeit eine wichtige Anforderung erfüllen: Das Metallgewebe muss vereinzelungsfähig sein, damit es für die automatische Weiterverarbeitung geeignet ist. Bördelsiebe erfüllen dieses Leistungsprofil insbesondere aufgrund ihres gestauchten Randes, der ein Verhaken der Bauteile ausschließt. Die Bördelung bewirkt zudem, dass die Randdrähte für eine optimale Patientensicherheit fixiert sind. Das Gewebe muss dafür nicht kostenintensiv thermisch behandelt werden.
In den Fertigungsprozess sind an mehreren Stellen aufwendige Reinigungsverfahren integriert, die lose Drähte effektiv und vollständig entfernen. Hinzu kommen mehrmalige Sichtprüfungen und Wischtests. Diese stellen in Kombination mit einer Kameraprüfung sicher, dass keine Drahtreste am Filter haften. Ein derart komplexer Herstellungsprozess erfordert eine sorgfältige Planung, eine professionelle Disposition sowie optimierte Fertigungsschritte.
Hohe Qualitätskriterien in der Drahtgewebefilter-Fertigung
Die Filtration ist auch zentraler Bestandteil bei der Transfusion von Blut oder einzelner Komponenten wie Blutplasma. Während der Lagerung von Blutkonserven können sich so genannte Mikroaggregate bilden, die zu schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen führen können, wenn sie in den Blutkreislauf des Empfängers gelangen. Genau das verhindern Blutfilter: Mit einer exakt definierten Porengröße von 18 μm halten sie Mikroaggregate zurück und lassen gleichzeitig alle lebensfähigen festen Blutbestandteile unbeschädigt passieren. So senken Blutfilter insbesondere im Bereich der Neonatologie und Pädiatrie das Risiko von Lungen- oder Gefäßschädigungen während einer Bluttransfusion deutlich.
Beim Filtern von Blut hat das Vermeiden einer Zytolyse (Zellzerstörung) oberste Priorität. Aus diesem Grund spielt die Biokompatibilität von Filtermedien eine zentrale Rolle: Ein Filtergewebe darf die Membranen der lebensfähigen Blutkomponenten, die das Gewebe passieren, möglichst nicht beschädigen. Dies gelingt mit Drahtgewebefiltern sehr gut – sie verursachen weniger Zytolyse als vergleichbare Kunststofffilter. Zudem ermöglicht Drahtgewebe dank seiner antistatischen Eigenschaften einen hohen Durchfluss lebensfähiger Blutkomponenten.
Ein weiteres Qualitätskriterium für den Einsatz in Blutfiltern ist die Garantie für eine gleichbleibende Porengröße. Drahtgewebe ist besonders geeignet, da jeder Drahtkreuzungspunkt verlässlich fixiert werden kann. Die Drahtkreuzungspunkte werden dafür in der Herstellung thermisch behandelt. In Beatmungsgeräten ermöglicht der Einsatz von Filtergewebe ebenfalls eine hohe Qualität und Reinheit der zugeführten Luft, indem es lungengängige Partikel zurückhält. Die erforderliche Porengröße und Anforderungen an die Stabilität geben vor, ob ein- oder mehrlagiges Drahtgewebe die beste Lösung ist.
Passende Filter-Umrandung erleichtert die Serienfertigung
Die beschriebenen Filterbeispiele weisen als Umrandung gestauchte oder gepresste Randdrähte auf. Es gibt weitere Möglichkeiten, um das Herausfallen von Randdrähten garantiert zu verhindern, die Filter zu stabilisieren und sie vereinzelungsfähig zu machen – ein großer Vorteil bei der Serienfertigung von Kleinteilen. Separate Randeinfassungen aus Metall zählen ebenso dazu, wie passgenaue Kunststoffumspritzungen, die zusätzlich abdichten und die Montage erleichtern.
Produktentwicklung: 3D-Druck für den Prototypenbau
Jeder Entwicklungsprozess für einen Drahtgewebefilter ist bei der Haver & Boecker OHG, Oelde, geprägt von regelmäßigem Austausch und Abstimmungen. Dabei helfen konkrete, dreidimensionale Ansichtsmuster als Diskussionsgrundlage: Mit ihnen können das Handling geprüft, Gewebefeinheiten getestet und Verpackungsmöglichkeiten entwickelt werden. Der 3D-Druck ist die ideale Möglichkeit, um schnell, flexibel und individuell zu agieren und den Produktentwicklungsprozess zu verkürzen.