Bei einer Wirbelsäulenversteifung verwenden Chirurgen häufig einen Cage, um die Stelle zu stützen, an der sich früher die Bandscheibe zwischen den Wirbeln befand. Nun arbeiten Forscher der Swanson School of Engineering der Universität Pittsburgh daran, diese Cages mit Intelligenz auszustatten, indem sie Metamaterial nutzen, das keine Stromquelle benötigt.
„Intelligente Implantate können Biofeedback in Echtzeit liefern und bieten viele therapeutische und diagnostische Vorteile“, sagt Amir Alavi, Assistenzprofessor für Bau- und Umwelttechnik, dessen Ismart-Labor die Forschung leitete. Ismart stehe für „Intelligent Structural Monitoring and Response Testing“. „Es ist jedoch sehr schwierig, sperrige Schaltkreise oder Stromquellen auf der kleinen Fläche von Implantaten unterzubringen.“ Die Lösung bestehe darin, die Implantat-Matrix als aktives Mess- und Energiegewinnungsmedium zu nutzen. „Darauf haben wir uns konzentriert.“
Aktive orthopädische Implantate sprechen künftig mit dem Arzt
Meta-Tribomaterialien erzeugen ihre eigene Energie fürs Implantat
Das Ismart-Labor hat eine neue Klasse multifunktionaler mechanischer Metamaterialien entwickelt. Sie fungieren als eigene Sensoren und zeichnen wichtige Informationen über den Druck und die Spannungen in ihrer Struktur auf und leiten sie weiter. Ein Metamaterial ist eine künstlich hergestellte Struktur, deren Durchlässigkeit für elektrische und magnetische Felder von der in der Natur üblichen abweicht. Das wird erreicht durch speziell angefertigte, meist periodische, mikroskopisch feine Strukturen aus elektrischen oder magnetisch wirksamen Materialien in ihrem Inneren. Die so genannten Meta-Tribomaterialien erzeugen somit ihre eigene Energie und können für eine breite Palette von Mess- und Überwachungsanwendungen eingesetzt werden.
Das Material ist so konzipiert, dass es unter Druck zu einer Kontaktelektrifizierung zwischen den leitenden und dielektrischen Mikroschichten kommt. So entsteht eine elektrische Ladung, die Informationen über den Zustand der Materialmatrix weitergibt. Eine separate Stromquelle ist damit überflüssig.
Ein winziger Chip zeichnet Daten über den Druck auf den Cage auf, der ein wichtiger Indikator für die Heilung ist. Die Daten können dann nicht-invasiv mit einem tragbaren Ultraschallscanner ausgelesen werden.
Stetigkeit des Materials für die Cages kann eingestellt werden
„Cages werden häufig bei Wirbelsäulenfusionsoperationen eingesetzt, aber sie bestehen in der Regel aus Titan oder PEEK, einem teilkristallinen, technischen Hochleistungsthermoplast, mit bestimmten mechanischen Eigenschaften“, erklärt Alavi. Die Steifigkeit der Metamaterial-Interbody-Cages lasse sich leicht auf den Patienten eingestellen. Das Implantat könne vor der Operation auf der Grundlage der spezifischen Anatomie des Patienten additiv gefertigt werden. Das ermögliche eine viel natürlichere Passform.
Das Team hat das Implantat erfolgreich an menschlichen Leichen getestet und will als nächstes zu Tiermodellen übergehen. Das Material selbst ist sehr anpassungsfähig und skalierbar. Daher könnte das Design des intelligenten Sensors in Zukunft an viele andere medizinische Anwendungen angepasst werden. Denkbar ist eine Anpassung etwa an kardiovaskuläre Stents oder Komponenten für Knie- oder Hüftprothesen.
Alavi: „Dies ist das erste Implantat seiner Art, das die Fortschritte bei Nanogeneratoren und Metamaterialien nutzt, um Multifunktionalität in die Struktur medizinischer Implantate einzubauen. Dieser technologische Fortschritt wird eine wichtige Rolle in der Zukunft von Implantaten spielen.“