Ein neuer Magnetfeldsensor soll einen Paradigmenwechsel an der Schnittstelle von Mensch und Maschine einleiten. Mit ihm lassen sich feinste elektrische Ströme über deren Magnetfeld einfacher und präziser messen als bisher. Damit ist erstmals der native und intuitive Zugang zu Biosignalen möglich. Das heißt: Prothesen, Exoskelette und Avatare könnten sich mit Nervensignalen steuern lassen. Entwickelt hat den Sensor das Stuttgarter Quantentechnologie-Unternehmen Q.Ant – und die Neuheit ist auch auf der Hannover Messe zu sehen.
Miniatursensor liefert Muskelsignale für die Steuerung von Prothesen
Der nach Angaben der Entwickler „alltagstaugliche“ Miniatursensor kann beispielsweise Prothesen über Muskelsignale steuern und die Sensorik in der Medizintechnik „auf ein neues Niveau heben“, heißt es. Neben der Medizintechnik könnten auch industrielle Anwendungsbereiche wie Automobil- und Elektronikindustrie davon profitieren. „Die Quantensensorik ist ein Game-Changer für die Industrie“, sagt Dr. Michael Förtsch, CEO von Q.Ant. Mit dem Sensor ließen sich feinste elektrische Ströme und daraus resultierende Magnetfelder messen. „Wir schaffen hier etwas ganz Neues,und das wird in vielen Branchen zu einem Umdenken führen.“ Die Anwendungen reichen von der Qualitätssicherung von Festplatten bis zum Identifizieren von Fehlströmen in Leistungschips oder Batterien. Selbst Maschinen und Geräte dürften sich irgendwann durch Gedanken steuern lassen können.
Quantensensor arbeitet unter Alltagsbedingungen
Der Magnetfeldsensor hat die kompakte Größe eines Brillenetuis und misst im Alltagsbereich Magnetfelder im Picoteslabereich, was einem Millionstel des Erdmagnetfelds entspricht. Andere technische Lösungen erreichen einen vergleichbaren Empfindlichkeitsbereich nur in besonderen Laborumgebungen und durch Abkühlung der Sensoren auf den absoluten Nullpunkt (-273 °C) – oder durch Aufheizen auf 150 °C. Der Magnetfeldsensor von Q.Ant ist nach Angaben der Entwickler dagegen empfindlich genug, um sogar menschliche Muskelsignale in Nervenbahnen zu detektieren. Das zeigt ein Versuchsaufbau mit einer Handprothese. Der Magnetfeldsensor erkennt die Signale der menschlichen Muskulatur und überträgt sie an die Prothese, die sich daraufhin binnen Millisekunden zur Faust schließt.
In der Prothesensteuerung funktionieren magnetische Signale präziser und zuverlässiger als elektrische, die beispielsweise durch Schweiß oder Haare auf der Haut gestört werden können. „Die neue Technologie hebt die prothetische Versorgung von Menschen mit Arm- oder Beinamputation auf eine neue Ebene und verbessert damit deren Lebensqualität. Außerdem tragen sie zu einer besseren, gesellschaftlichen Integration von Menschen mit fehlenden Gliedmaßen bei“, sagt Dieter Jüptner, Präsident des Bundesverbands für Menschen mit Arm- oder Beinamputation.
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Neben Prothesensteuerung weitere Einsatzbereiche für Quantensensoren
Auch lässt sich der Sensor in der Rehabilitation zur Muskeltrainingssteuerung oder in der Diagnostik von Muskeldysfunktionen einsetzen. So könnten sich damit neuronale Störungen erkennen oder die Diagnostik bei Querschnittslähmungen verbessern lassen. Exoskelette lassen sich damit ebenfalls intuitiv steuern und tragen zur Arbeitssicherheit bei. Für die Telemedizin wäre sogar denkbar, in Zukunft damit Avatare im Metaverse zu steuern. (op)
Weitere Informationen
Dafür entwickelt Q.Ant Quantensensoren und Photonische Prozessoren für unterschiedlichste Branchen und Anwendungsfelder, die von Medizintechnik über Autonomes Fahren bis hin zu Luft- und Raumfahrt, Maschinenbau und Prozesstechnik reichen. Q.Ant beschäftigt rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Standort Stuttgart.
Auf der Hannover Messe: