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Leichtbauroboter vom Typ LBR Med, wie sie das Augsburger Unternehmen Kuka anbietet, ermöglichen die Mensch-Roboter-Kollaboration in der Medizintechnik. Von Großrobotern kennt man das schon, da sie bereits in Systemen für die Röntgenbildgebung, für die Strahlentherapie und zur Patientenpositionierung eingesetzt werden. Der Leichtbauroboter bringt für diese Einsatzfälle allerdings eine Eigenschaft mit, die für Anwendungsentwickler besonders interessant ist: Er ist die erste robotische Komponente, die zur Integration in ein Medizinprodukt nach dem CB-Scheme-Verfahren zertifiziert wurde. Bei seiner Entwicklung wurden die einschlägigen Normen IEC 60601-1:2005, IEC 60601–1:2005/ AMD1:2012 und IEC 62304:2006 berücksichtigt. Damit genießt der LBR Med ein Alleinstellungsmerkmal.
Der sensitive Siebenachsroboter basiert auf der Leichtbauroboter-Technologie von Kuka. Er verfügt über feinfühlige Sensorik und umfassende Sicherheitsvorkehrungen, seine Oberflächen sind hygieneoptimiert. Da er über eine Steuerung verfügt, die für direkte Kollaboration mit dem Menschen ausgelegt ist, lässt er sich sehr gut als Assistent im medizinischen Umfeld einsetzen.
Für die Zulassung sind
viele Vorarbeiten schon erledigt
Dass er nach dem CB-Scheme zertifiziert ist, erleichtert Medizinprodukteherstellern die Integration in ihre Anwendung und vor allem deren Zulassung als Medizinprodukt. Den Roboter oder eine andere Komponente selbst als Medizinprodukt zuzulassen, ist nicht möglich, da dieses das Festlegen einer Zweckbestimmung erfordert – und gerade die ergibt sich ja erst aus dem Umfeld, in das der Leichtbauroboter als Komponente integriert werden soll. Aber mit der Zertifizierung nach dem CB-Scheme sind eine Reihe von Vorarbeiten bereits erledigt, die für die Zulassung ansonsten noch anfallen würden.
Denkbare Anwendungen sind zum Beispiel ein multifunktionales Assistenzsystem, das der Arzt für die Bereiche Ultraschall und minimal-invasive Chirurgie einsetzt. Ein solches zeigt Kuka auf der Messe China International Medical Equipment Fair im April 2018 in Shanghai. Für die Ultraschall-Anwendung wird der LBR Med hier mit einer Sonde ausgestattet, die der Roboter zwischen zwei manuell gewählten Punkten auf dem Bauch eines Modellkörpers automatisch hin und her bewegt und dabei einen konstanten Druck ausübt. Dieses Vorgehen ermöglicht eine gleichbleibende Bildqualität des Ultraschalls und reproduzierbare Aufnahmen, die leichter miteinander verglichen werden können.
Ein anderes Beispiel ist die Demonstration einer minimal-invasiven Operation: Hier führt der Leichtbauroboter anstelle des Ultraschallkopfes ein chirurgisches Instrument, das durch einen Trokar in den Körper eingeführt wird. Der Roboter speichert den Eintrittspunkt ab und gibt dem Arzt die Möglichkeit, den Roboter manuell um diesen Punkt herum zu bewegen, ohne dass Kräfte auf den Eintrittspunkt ausgeübt werden. Dies hilft bei einer Operation, Verletzungen des Patienten zu minimieren.
Reha und Biopsie sind
mögliche Anwendungen
Anlässlich der Medica im November 2017 war ein Exponat der dänischen Robert ApS, Hjallerup, zu sehen. Hier ging es um roboterunterstützte Reha-Therapie, die Patienten nach chirurgischen Eingriffen oder Traumata helfen oder die Verschlimmerung von Erkrankungen bettlägeriger Patienten verhindern soll. In das Robert-System ist der LBR Med integriert und unterstützt den Therapeuten.
Ein weiteres Projekt zur Mensch-Roboter-Kollaboration lief mit der französischen Satt Nord (Société d‘Accélération du Transfert de Technologie) aus Lille. Die französische Technologie-Transfer-Organisation entwickelte Lösungen zur Brachytherapie – in diesem Fall eine spezielle Form der Prostatatherapie. Der Roboter hat hier die Aufgabe, mit der Spitze einer Nadel das Tumorgewebe zu erreichen. Dort wird radioaktives Material abgesetzt, dessen langsam abnehmende Strahlung die Tumorzellen schädigt. Mittels eines Bildgebungssystems wird das zu erreichende Gewebe definiert. Das Vorgehen mit Roboter ermöglicht auch die exakte Gewebeentnahme und verkürzt die Behandlungszeit.
Die möglichen Anwendungsfälle, in denen die Zertifizierung des LBR Med die Vorbereitung der Zulassung beschleunigen könnte, sind demnach vielfältig, und erste Kontakte zu den Herstellern waren viel versprechend.
Über das CB-Scheme
Länder und Zertifizierungsorganisationen können sich dem IECEE CB Scheme anschließen. Innerhalb dieses Systems werden Testberichte und Zertifikate zur Sicherheit elektrischer und elektronischer Komponenten oder Produkte gegenseitig anerkannt. Das soll den Handel erleichtern und auch dazu beitragen, internationale und nationale Standards zu harmonisieren und die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Zertifizierungsstellen (Certification Bodies, CB) erleichtern.