Die am 25. Mai 2017 in Kraft getretene EU-MDR bringt – unter anderem – maßgeblich erweiterte inhaltliche Forderungen an die diejenigen mit sich, die bisher als Sicherheitsbeauftragte für Medizinprodukte tätig sind. Die neuen Vorgaben sollen laut EU-MDR die Kompetenz der Stelleninhaber stärken und werden im Artikel 15 der neuen EU-MDR-Verordnung 2017/745 beschrieben. Dort geht es um die „für die Einhaltung der Regulierungsvorschriften verantwortliche Person“ – im folgenden Text kurz als VPR bezeichnet.
Mindestens eine Responsible Person bis Mai 2020
Bis zum Stichtag am 26. Mai 2020 muss jeder Hersteller mindestens eine solche VPR intern benennen. Sie muss über die in der EU-MDR definierte Qualifikationen verfügen – und diese gehen über das hinaus, was bisher der §30 (3) des Deutschen MPG festlegte. Bisher reichte „das Zeugnis über eine abgeschlossene naturwissenschaftliche, medizinische oder technische Hochschulausbildung“ aus, um die erforderliche Sachkenntnis nachzuweisen. In der EU-MDR sind aber nicht nur die wissenschaftlich relevanten Fachbereiche, sondern auch der Kontext neu formuliert worden.
Responsible Person muss mehr Qualifikation und Erfahrung nachweisen
Im Artikel 15 (1) heißt es explizit, dass das erforderliche Fachwissen nachzuweisen ist durch Zeugnisse über ein Hochschulstudium oder als gleichwertig anerkannter Ausbildungsgänge in Recht, Medizin, Pharmazie, Ingenieurwesen oder einem anderen relevanten wissenschaftlichen Fachbereich, aber auch durch den Nachweis von Berufserfahrung: Die VPR muss mindestens ein Jahr lang im Umfeld von Regulierungsfragen oder QM-Systemen im Zusammenhang mit Medizinprodukten tätig gewesen sein. Alternativ kann sie ihr Fachwissen durch vier Jahre Berufserfahrung in Regulierungsfragen oder QM-Systemen im Zusammenhang mit Medizinprodukten nachweisen. Hersteller von Sonderanfertigungen können das erforderliche Fachwissen durch zwei Jahre Berufserfahrung in einem entsprechenden Fabrikationsbereich nachweisen. Welche Kompetenzen die bisherigen Sicherheitsbeauftragten mitbrachten, müssen die Hersteller feststellen und ihre Stellen- oder Funktions-Beschreibungen entsprechend revidieren.
Marktbeobachtung bleibt, aber in einer aktiveren Rolle
Was der Sicherheitsbeauftragte für Medizinprodukte laut deutschem MPG und der EU-Richtlinie 93/42/EWG zu tun hatte, war bisher in §30 (4) des Deutschen MPG beschrieben. Demnach musste er bekannt gewordene Meldungen über Risiken bei Medizinprodukten sammeln, bewerten und die notwendigen Maßnahmen koordinieren. Er war auch für das Erfüllen von Anzeigepflichten verantwortlich, soweit sie Medizinprodukterisiken betreffen. Die konkrete inhaltliche Umsetzung erfolgte seit 2002 mit der deutschen Medizinprodukte-Sicherheitsplan- Verordnung „MPSV“.
In der EU-MDR /EU-IVDR wird diese „marktbeobachtende Tätigkeit“ in den Absätzen (3) c und (3) d zwar präzisiert, bleibt aber im Kern relativ unverändert beibehalten. Die VPR bekommt allerdings eine aktivere Rolle, denn sie wird explizit zur aktiven Marktbeobachtung und dem gezielten Sammeln von Nachweisen der positiven klinischen Eignung der eigenen Produkte und Technologien aufgefordert – es geht also um mehr als nur um das Erfassen von Vorkommnissen. Genauer beschrieben ist die Aufgabenstellung in der EU-MDR Anhang III.
Folgenschwere Abschnitte für die Responsible Person
Die VPR bekommt allerdings auch erhebliche Verantwortlichkeiten neu hinzu. Knapp, aber folgenschwer werden diese in den Abschnitten (3) a und (3) b sowie (3) e des Artikels 15 beschrieben. Sie muss dafür geradestehen, dass
- die Konformität der Produkte in angemessener Weise gemäß dem Qualitätsmanagementsystem vor der Freigabe geprüft wird,
- die technische Dokumentation und die EU-Konformitätserklärung erstellt und auf dem neuesten Stand gehalten werden,
- im Fall von Prüfprodukten die Erklärung gemäß Anhang XV Kapitel II Abschnitt 4.1 abgegeben wird.
Damit ist die VPR für Aspekte verantwortlich, die den gesamten Lebenszyklus der Produkte oder Technologien betreffen. Vielfach resultiert hieraus eine aktive Einbindung in Entwicklungsprojekte – zum Beispiel in Bezug auf den Risikomanagementplan – und das Change Management. Sie hat auch Übersicht über das unternehmerische produkt- und prozess-spezifische Know-how sowie über das QM-System, also die Interaktion von Prozessen, Projekten und Akteuren im Betrieb sowie bei kritischen Lieferanten und Handelspartnern. All diese organisatorischen Aspekte sind in dem betrieblichen QM-System nach EU-MDR Artikel 10, meist in Kombination mit Anhang IX der EU-MDR, und der DIN EN ISO 13485:2016 abzubilden.
Vom Risikomanagement bis zur Wiederaufbereitung
So soll sichergestellt werden, dass die VPR das (beziehungsweise die) Konformitätsbewertungsverfahren koordiniert und die Konformitätskriterien kennt, ebenso wie alle geforderten Dokumente und Aufzeichnungen für alle eigenen Medizinprodukte. Basierend auf dieser Erkenntnis, hat die VPR sowohl den Anhang I (Grundlegende Sicherheits- und Leistungsanforderungen) als auch Anhang II (Technische Dokumentation) und Anhang III (Technische Dokumentation über die Überwachung nach dem Inverkehrbringen) für alle Produkte und Varianten eigenverantwortlich zu koordinieren. Diese Koordination umfasst alle Themen, die zur Produktsicherheit beitragen, reicht also vom Risikomanagement über Klinische Prüfungen bis zur Wiederaufbereitung.
In diesem Zusammenhang kommt der VPR in vielen Betrieben auch die Rolle zu, am Projektende relevante Änderungen gemäß Anhang IX Absatz 2.4 der Benannten Stelle mitzuteilen und UDID-Meldung in der Eudamed-Datenbank nach Anhang VI zu veranlassen oder zu genehmigen.
Um all das zu gewährleisten, muss die Unternehmensleitung die organisatorischen Voraussetzungen dafür schaffen, dass die VPR ihre Verantwortung in einem gesetzeskonform organisierten betrieblichen Umfeld wahrnehmen und gegenüber Benannten Stellen und Überwachungsbehörden unter Beweis stellen kann.
Intern oder extern?
Die verantwortliche Person soll laut Artikel 15 der EU-MDR der Organisation des Herstellers angehören, also intern benannt werden. Eine Ausnahme davon gibt es laut Art. 15 (2) bei Betrieben, die weniger als 50 Mitarbeiter beschäftigen und nach 2003/361/EG weniger als 10 Mio. Euro Umsatz erreichen: Diese Unternehmen haben die Möglichkeit, eine externe VPR zu benennen, die allerdings „dauerhaft und ständig“ tätig sein und also vertraglich geregelt verpflichtet werden muss.