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Biobasierte Kunststoffe im Spritzguss auf die Probe stellen

Nachhaltige Werkstoffe
Biobasierte Kunststoffe im Spritzguss auf die Probe stellen

Biobasierte Werkstoffe können Kunststoffe ersetzen, die herkömmlicherweise aus Rohöl hergestellt werden. Wie gut sie sich zum Beispiel im Spritzguss verarbeiten lassen, wird heute vielerorts getestet. Materiallösungen für den Healthcare-Bereich bietet das Start-up Biovox – und ist als Partner an einem Entwicklungsprojekt für eine Diagnostik-Plattform beteiligt. Auch hier ist der Spritzguss mit im Spiel.

Dr. Birgit Oppermann
birgit.oppermann@konradin.de

Wer nachhaltige Produkte für den Healthcare-Bereich entwickeln will, hat es nicht leicht – denn abgesehen von den Hürden, die es in allen Branchen gibt, gelten für die Medizintechnik zusätzliche Vorgabe. Hygiene und Sicherheit der Menschen haben immer oberste Priorität. Das Material aus Medizinprodukten oder Artikeln für die Diagnose zu recyceln, ist daher nur in wenigen Fällen denkbar.

Biobasierte Kunststoffe – ein Weg zu nachhaltigeren Produkten

Dem Gedanken der Nachhaltigkeit kann man sich aber auch nähern, wenn man den Kunststoff, der üblicherweise aus Rohöl hergestellt wird, durch einen biobasierten Kunststoff ersetzt.

Ein Beispiel für solche Materialien sind Polylactide, kurz PLA. Ihr Vorteil:

  • Sie werden aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt,
  • ihre Herstellung ist weniger energieintensiv als die Herstellung fast aller rohölbasierter Kunststoffe, und
  • sie haben daher einen geringeren CO2-Fußabdruck als diese.

Insbesondere für Einmalartikel aus Kunststoff wäre daher der Einsatz der biobasierten Werkstoffe interessant.

An nachhaltigen Werkstoffen kommt auch die Medizintechnik nicht vorbei

Biobasierte Werkstoffe für den Medical-Bereich

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Das auf biobasierte Kunststoffe spezialisierte Start-up Biovox entstand 2020. Das Gründerteam: die Ingenieure Julian Lotz (CEO, rechts im Bild), Vinzenz Nienhaus (CTO) und Carmen Rommel (COO)
(Bild: Biovox)

Mit diesem Thema befassen sich die Mitarbeiter im 2021 gegründeten Start-up Biovox aus Darmstadt. „Wir haben schon 2020 damit angefangen, die entsprechende Werkstoffe zu entwickeln und für den Einsatz im Medical-Bereich zu qualifizieren“, sagt Geschäftsführer Dr. Julian Lotz. Seit eineinhalb Jahren ist das Unternehmen damit am Markt vertreten und arbeitet vor allem mit den „Vorreitern im Bereich der Nachhaltigkeit“ zusammen, wie Lotz es ausdrückt.

Wir haben die Bio-Lösungen für viele Kunststoffprobleme

Dazu gehört auch ein Start-up aus Tübingen, die Solios Diagnostics GmbH. Gründerin Dr. Tina Hassberg hat sich zum Ziel gesetzt, eine Diagnostik-Plattform zu entwickeln, die zu fast 100 % aus nachhaltigem Material hergestellt sein soll. Genau genommen, aus so wenig Material wie möglich, denn ein Diagnostik-Kit ist üblicherweise ein Einmalprodukt, das nach Gebrauch im Müll landet und, wie es das Gesetz für potenziell kontaminiertes Material vorgibt, verbrannt werden muss.

Auch für die In-Vitro-Diagnostik sind biobasierte Werkstoffe geeignet

Wie Geschäftsführerin Hassberg ist auch Lotz überzeugt, dass es gerade in diesem Bereich sinnvoll ist, auf biobasierte Werkstoffe umzuschwenken. „Das ist für den In-Vitro-Diagnostik-Bereich allerdings eine große Innovation“, sagt Lotz. „Soweit ich weiß, ist Solios das erste Unternehmen, das das versucht.“

Nachhaltige IVD-Produkte: Nicht entmutigen lassen

Technische Herausforderungen gibt es dabei genug. IVD-Produkte oder auch Drug Delivery Devices sind laut Lotz „hochfunktionsintegriert“. Um die Fertigung möglichst einfach zu halten und langfristig vielleicht sogar – wo möglich – ein Recycling zu erleichtern, sollen sie aus möglichst wenig Bauteilen bestehen. Dennoch müssen diese zum Teil gegensätzliche Anforderungen erfüllen. Um die geforderten Funktionen zu übernehmen, müssen die Bauteile aus einem hinreichend steifen und festen Werkstoff bestehen – was auch hilfreich ist, wenn es darum geht, möglichst wenig Material zu verwenden. Je steifer das Material ist, desto heikler ist aber auch das Entformen der fertigen Teile.

Umgekehrt sind in Diagnostik-Kits häufig Flüssigkeiten im Einsatz. Die wiederum dürfen während der Lagerung des Kits auf keinen Fall austreten. Das verhindert ein Dichtelement aus weichem Material.

Kombination von Spritzguss und biobasierten Kunststoffen

„Wir haben bereits die biobasierten Werkstoffe, die für ein Projekt wie das von Solios gebraucht werden“, sagt Biovox-Chef Lotz. Er ist sich auch sicher, dass sich die Ideen grundsätzlich umsetzen lassen – den Entwicklungs- und Fertigungspart übernehmen hierbei die Spritzguss-Experten der Sanner GmbH aus Bensheim. Dennoch ist das Projekt für Biovox sehr interessant: „Wir haben unsere neue Serie besonders weicher, zäher Compounds bislang noch nicht bei Kunden im Spritzguss eingesetzt. Ich bin sehr gespannt, wie weit wir beim Minimieren des Materialaufwandes kommen.“

Mit biobasierten Kunststoffen nachhaltige IVD-Produkte spritzen

Um sich an die beste Lösung heranzutasten, sollen sowohl Details am Spritzgusswerkzeug angepasst als auch Materialvarianten getestet werden. „Ich bin überzeugt, dass sich dieser Ansatz lohnen wird – auch für IVD-Produkte, die in großen Stückzahlen und als Wegwerfartikel konzipiert sind.“

Die von Solios Diagnostics entwickelt Plattform schätzt er. Sie sei nutzerfreundlich und sparsam gestaltet – ein Konzept, das sich mit den biobasierten Werkstoffen von Biovox gut abbilden lasse und dass ihn schon beim ersten Gespräch mit Gründerin Hassberg auf der Messe Medtec Live 2022 in Stuttgart fasziniert hat. „Wir wollen zeigen, dass Nachhaltigkeit auch im Diagnostik-Bereich funktioniert.“

Wie die Entwicklung des Diagnose-Produktes voranschreitet, begleitet medizin&technik in den nächsten Monaten mit einer Reihe von Beiträgen.


Weitere Informationen

Über das Start-up Biovox:
www.biovox.systems

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