Zulieferer von Komponenten für elektronische medizintechnische Geräte müssen hohe Anforderungen erfüllen, denn die Produkte müssen zum Schutz der Patienten betriebs- und ausfallsicher arbeiten. Markus Rettig, Sales Manager Germany bei Precision Micro in München, einem Spezialunternehmen für das fotochemische Ätzen von Blechen, erläutert: „Medizintechnik-Unternehmen neigen dazu, möglichst viel in Eigenregie zu bewerkstelligen, um aus Sicherheits-, aber auch aus Geheimhaltungsgründen, die Kontrolle über alle Prozesse zu behalten. Für uns als Zulieferer bedeutet das, zu 100 Prozent nach Spezifikation zu arbeiten und exakt das abzuliefern, was der Kunde von uns gefordert hat.“
Beim chemischen Ätzen werden Präzisionsteile hergestellt, indem ausgewählte Metallbereiche mithilfe einer Fotoschablone entfernt werden. Da während der Bearbeitung weder Energie eingebracht wird noch Wärme entsteht, werden die Materialeigenschaften nicht beeinträchtigt. Bezüglich des Designs sind hochkomplexe, filigrane Geometrien möglich, da die chemischen Ätzstoffe exakt nur die unbehandelten, unbelichteten Bereiche der Metallplatte entfernen, die nicht durch den Fotofilm geschützt sind.
Es gibt verschiedenste elektronische Kleinstteile für medizinische Anwendungen, die sich besonders für die Fertigung durch fotochemisches Ätzen eignen. Dazu gehören beispielsweise sehr flache Stromabnehmergitter in Lithium-Akkus von implantierbaren Defibrillatoren, deren kleinteilige, feine Strukturen grat- und spannungsfrei geätzt werden können.
Fotochemisches Ätzen für moderne Hörimplantate
Ebenso profitieren implantierbare Komponenten, die in direktem Kontakt zu Körpergewebe stehen, von dem hochpräzisen Ätzverfahren. Dazu zählen sehr dünne Kontaktelemente von Cochlea-Implantaten, die Precision Micro für einen Hörgeräte-Hersteller produziert. Das Kontaktelement fungiert als Mittler, um Frequenzen einerseits in Richtung Hörschnecke zu übermitteln und andererseits um die dort ankommenden Frequenzen in das Hörgerät zu übernehmen. Für Elemente, die im Körper verbleiben und direkten Kontakt zum umliegenden Gewebe haben, gelten jedoch hohe Anforderungen. Meist werden die Kontaktelemente aus Titan gefertigt, das eine hohe Biokompatibilität aufweist und korrosionsfest ist. Mit einer eigenen reinen Titanproduktionslinie verfügt das Unternehmen über große Erfahrung im Umgang mit dem Metall.
„Die größte Herausforderung in diesem Fall“, so Rettig, „ist das Handling des nötigen Ursprungsmaterials. Die Teile werden aus besonders dünnen Titanfolien gefertigt, die eine Materialstärke von nur 10 µm aufweisen. Die Folien müssen der Maschine so zugeführt und entnommen werden, dass nichts zerstört wird.“ Das beginnt schon beim dreistufigen Reinigungsprozess, der allen von Precision Micro produzierten Titanteilen – ob in der Medizintechnik, der Luft- und Raumfahrt oder der Automobilbranche – vorgelagert ist. Medizinische Reinheitsanforderungen machen den Prozess noch sensibler.
Ein Pluspunkt, den das Ätzen bei den häufig fragilen Komponenten für medizintechnische Produkte mit sich bringt, ist die absolute Grat- und Spannungsfreiheit. Teile, die wie die Kontaktelemente im Körpergewebe anhaften, dürfen nicht scharfkantig sein. Das Ätzen ermöglicht glatte, ebene Kanten – und das in einem einzigen Prozess. Es ist kein Nachbearbeiten nötig wie beispielsweise beim Fräsen oder Laserschneiden. Hier hat die Wärmeeinwirkung während des Prozesses immer einen negativen Einfluss auf die Kanten- und Oberflächenbeschaffenheit des Materials. Im Falle der Hörimplantate ist es wichtig, die vom Kunden festgelegten Toleranzen zu 100 % einzuhalten. Abweichungen und auch unterschiedliche Dicken der Titanfolien haben entscheidenden Einfluss auf die Akustik des späteren Hörimplantats. Die Frequenzbereiche, die die betreffende Person dann hört, hängen direkt von der Dicke und der Güte der Titan-Kontaktelemente ab.
Wenn die elektronischen Komponenten geätzt vorliegen, ist der nächste wichtige Prozessschritt die Verpackung, der gerade im Bereich der Medizintechnik sensibel vollzogen werden muss. Bei den Kontaktelementen für Hörimplantate werden die Teile in reinraumgerechte Trails verpackt, die vom Kunden zur Verfügung gestellt werden. Der Vorgang erfordert präzise Handarbeit, da die Teile mit einer Pinzette aus ihrem Nutzen einzeln herausgetrennt und anschließend direkt ins Gefache gelegt werden müssen. „Diese Art der Verpackung fällt ein wenig aus unserem sonstigen automatisierten Alltag heraus“, erklärt Rettig. „Es zeigt aber auch, dass der Verpackungsvorgang nie als Standard abläuft, sondern immer kundenspezifisch ist. Insofern ist uns keine Verpackungsvorschrift zu exotisch.“
www.precisionmicro.de
Auf der Medtec Live: Halle 9, Stand 444
Entwicklungspartnerschaft auf Augenhöhe
Die Herstellung neuer elektronischer Komponenten für den medizinischen Bereich, von der Entwicklung über den ersten Prototypen bis zum erprobten und zugelassenen Serienprodukt, kann ein mehrjähriger Prozess sein. Zulieferer benötigen dafür einen längeren Atem und auch einen gewissen finanziellen Hintergrund. Das Unternehmen Precision Micro ist hier gut aufgestellt und sieht sich als Entwicklungspartner, der sein Know-how und seine Erfahrung bis zur Serienreife in das Projekt einbringt. Dazu gehört auch, sich immer neuen Vorschriften zu stellen, die im Medizinbereich wirksam werden. Im Fall der Hörimplantate gilt es nach der neuesten MDR-Verordnung (Medical Device Regulation) zu bestätigen, dass sich keine CMR-Substanzen („carcinogenic, mutagenic or reprotoxic“ = krebserregend, erbgutverändernd oder fortpflanzungsgefährdend) in den gelieferten Komponenten befinden. „Für uns gehört es zum Standard, dies zu prüfen und dann auch zu bestätigen“, so Rettig.
Kontakt zum Spezialisten für photochemisches Ätzen:
Precision Micro
Kronstadterstr. 4
81677 München
Tel: +49 (0)89 208026975