Eine neuartige Wundauflage zeigt dem Pflegepersonal an, wenn eine Wunde schlecht verheilt – ohne dass dafür der Verband entfernt werden muss: Sensoren ändern die Intensität ihrer Fluoreszenz, wenn sich der pH-Wert der Wunde ändert.
Oft ist es selbst bei kleineren Alltagsverletzungen schon äußerst unangenehm, wenn der Verband gewechselt wird. Es ziept und zwickt, und manchmal fängt eine verschorfte Wunde auch wieder an zu bluten. So wartet man am liebsten, bis der Verband sich von allein löst. Anders ist das bei chronischen Wunden. In der Regel muss das Pflegepersonal den Wundverband regelmäßig wechseln, nicht nur aus hygienischen Gründen, sondern auch, um die Wunde zu untersuchen, Abstriche zu nehmen und sie zu reinigen. Die Haut wird auf diese Weise nicht nur unnötig irritiert; es können sich auch Bakterien ansiedeln – das Risiko für Infektionen steigt. Besser wäre es, der Verband bliebe länger auf der Haut und die Pflegenden könnten den Zustand der Wunde von außen ablesen.
Forschungsprojekt Flusitex
Mit der Idee, durch einen Wundverband hindurchzublicken, beschäftigen sich Forscher des Projekts Flusitex (Fluorescence sensing integrated into medical textiles), das von der Schweizer Initiative Nano-Tera finanziert wird. Wissenschaftler der Empa entwickeln zusammen mit der ETH Zürich, dem Centre Suisse d’Electronique et de Microtechnique (CSEM) und dem Universitätsspital Zürich ein Hightech-System, das dem Pflegepersonal relevante Daten über den Zustand einer Wunde liefern soll.
Die Forscher machen sich dabei zunutze, dass in Wunden, wenn sie heilen, spezifische Substanzen in einer komplexen Abfolge auftreten. Je nach Phase steigt oder fällt etwa die Menge an Glukose und Sauerstoff, auch der pH-Wert verändert sich. Verheilt die Wunde normal, so steigt beispielsweise der pH-Wert bis zu einem Wert von 8, dann sinkt er auf einen Wert von 5 bis 6. Schließt eine Wunde jedoch nicht mehr und wird sie chronisch, oszilliert der pH-Wert zwischen 7 und 8.
Sensor-Moleküle ändern ihre Farbe
Die „maßgeschneiderte“ fluoreszierende Sensor-Moleküle des Wundpflasters reagieren auf die in der Wundflüssigkeit auftretenden Substanzen mit einem physikalischen Signal. Sie beginnen zu fluoreszieren, und manche ändern sogar ihre Farbe im sichtbaren oder im Ultraviolett-Bereich. Dank einer Farbskala kann man schwächere und stärkere Farbveränderungen interpretieren und daraus ableiten, wie groß die Menge der abgegebenen Substanzen ist. Die Farben können mit einfachen UV-Lampen sichtbar gemacht werden, wie sie im Elektrogeschäft erhältlich sind.
Das von den Forschern verwendete „Designer-Molekül“ hat einen weiteren Vorteil: Es wirkt auf der Haut antimikrobiell. Unerwünschte Bakterien könnten also in Zukunft durch die Wahl des richtigen Verbandmaterials bekämpft werden.
Weitere Auswertungen, etwa zur Verträglichkeit mit Zellen und Geweben, fehlen jedoch noch. Wie ihr Sensor in einer komplexen Wunde funktioniert, wissen die Forscher daher noch nicht.
Neue Wundverbände sind nicht kostspielig
Luciano Boesel von der Empa-Abteilung „Biomimetic Membranes and Textiles“, der das Projekt an der Empa koordiniert, erklärt: „Auf Wundverbänden muss nicht die ganze Fläche mit Sensoren bestückt werden. Es reicht, wenn einige kleine Zylinder mit dem Pyranin-Benzalkonium-Molekül imprägniert sind und in das Trägermaterial eingefügt werden. Das lässt die industriellen Wundverbände nicht viel teurer werden, als sie es jetzt sind. Sie werden höchstens ein Sechstel bis ein Fünftel teurer.“
Ablesen per Smartphone-Kamera
In Zukunft könnten die Signale auch mit Hilfe einer Smartphone-Kamera ausgelesen werden, so Boesel. Kombiniert mit einer einfachen App, hätten Pflegepersonal und Ärzte ein Werkzeug, mit dem sie den Wundstatus auch ohne UV-Lampe bequem „von außen“ ablesen könnten. Auch zuhause hätten Patienten dann die Möglichkeit, eine sich anbahnende chronische Wunde frühzeitig zu erkennen.
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