Herkömmliche Hörprothesen, so genannte Cochlea-Implantate (CI), regen den Hörnerv hochgradig schwerhöriger oder tauber Menschen mittels elektrischen Stroms an. Die Qualität dieses künstlichen Hörens ist jedoch weit entfernt von der Qualität natürlichen Hörens. Eine Verbesserung des Hörens mit einem Cochlea-Implantat könnte künftig erreicht werden, wenn es gelingt, den Hörnerv zielgenau mit Licht zu reizen, da sich dieses besser räumlich eingrenzen lässt als Strom und der Hörnerv so präziser angeregt werden könnte.
Auf dem Weg zur Entwicklung eines solchen optischen Cochlea-Implantats sind Göttinger Hörforscher um Prof. Dr. Tobias Moser gemeinsam mit einem von Dr. Patrick Ruther geleiteten Team von Ingenieuren des Instituts für Mikrosystemtechnik (Imtek) der Universität Freiburg einen großen Schritt vorangekommen. Da der Hörnerv natürlicherweise nicht auf Licht reagiert, muss er durch gentherapeutische Eingriffe zunächst lichtempfindlich gemacht werden. Das wurde an einem Tiermodell für menschliche Schwerhörigkeit mit gentechnisch verändertem, lichtsensitivem Hörnerv erstmals erprobt. Die Ergebnisse zeigen: Optische CI basierend auf Mikro-Leuchtdioden (µLED) regen den gentechnisch veränderten Hörnerv mittels Licht mit großer Präzision an. Die Stärke der Nervenzellaktivität variierte mit der verwendeten Lichtintensität und der Anzahl der gleichzeitig aktivierten µLEDs. Das Tiermodell wurde am Institut für Auditorische Neurowissenschaften sowie am Exzellenzcluster Multiscale Bioimaging von molekularen Maschinen zu Netzwerken erregbarer Zellen (MBExC) der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) entwickelt. Das neuartige Cochlea-Implantat entstand an der Universität Freiburg.
Mit einer ersten klinischen Studie am Menschen sei Mitte der 2020er Jahre zu rechen. Gemeinsam mit Kollegen hat Moser das Göttinger Unternehmen Optogentech gegründet.