Weltweit leiden rund 242 Mio. Patienten unter einer Arthrose des Kniegelenks. Bisher gibt es für den fortschreitenden Knorpelverschleiß keine ursächliche Therapie – und nicht selten endet die lange Krankheitsgeschichte mit einem künstlichen Gelenk. Doch nun will eine Forschergruppe aus acht europäischen Ländern Ersatzmaterialien für die Therapie von Knorpeldefekten entwickeln: Dreidimensionale Stützstrukturen („Scaffolds“) mit integrierten „intelligenten“ Nanomaterialien sollen die Knorpelregeneration fördern.
Intelligente Nanopartikel nicht-invasiv aktivieren
Im Zuge des „Restore“ benannten Projekts entwickeln Experten Biomaterialien, die Knorpeldefekte im Knie ersetzen. So soll auch das Risiko eines posttraumatischen Gelenkverschleißes reduziert werden. „Dabei müssen diese neuen Materialien den hohen mechanischen Belastungen standhalten, die innerhalb des Knies wirken“, erklärt Meriem Lamghari, Wissenschaftlerin am portugiesischen „Instituto de Investigação e Inovação“ (i3s) der Universität Porto und Leiterin dieses europäischen Konsortiums. Zusätzlich enthalten die im Projekt beforschten Ersatzmaterialien sogenannte „intelligente“ Nanopartikel mit pro-regenerativen, anti-entzündlichen sowie anti-mikrobiellen Eigenschaften. Diese Nanopartikel können bei Bedarf sogar via „Fernsteuerung“, mithilfe nicht-invasiver Methoden, aktiviert werden. Hierfür wollen die Projektpartner eine spezielle Gelenkbandage entwickeln, die mit besonderen Sensoren ausgestattet ist, um so die Nanopartikel innerhalb des implantierten Ersatzmaterials zu aktivieren.
Die Arbeitsgruppe Gelenkbiomechanik des Ulmer Instituts für Unfallchirurgische Forschung und Biomechanik ist an dem Projekt beteiligt. „Wir werden uns auf die Erforschung der biomechanischen Eigenschaften der neuartigen Scaffolds sowie die präklinischen Untersuchungen konzentrieren“, erläutert der Arbeitsgruppenleiter Prof. Lutz Dürselen.
Zwei verschiedene Materialien werden getestet
Die Projektidee zu Restore ist aus Diskussionen zwischen Orthopäden, Spezialisten aus dem Bereich Tissue Engineering, Materialforschern sowie Molekularbiologen entstanden: Gemeinsam wollen die interdisziplinären Experten auf den großen klinischen Bedarf an geeigneten Therapiemethoden bei Kniearthrose reagieren. „Wir werden zwei verschiedene Materialien untersuchen, wobei eines auf einem Polymer basiert und bereits im Veterinärbereich klinisch getestet wurde. Dieses bisher bei Großtieren eingesetzte Material soll bei der Therapie großer Knorpeldefekte zum Einsatz kommen“, erklärt Meriem Lamghari. Ein zweites Material werde mithilfe der Bioprinting-Technologie hergestellt und eigne sich vor allem bei kleineren Defekten. „Letzteres Material enthält neben ,intelligenten‘ Nanopartikeln auch menschliche Knorpelzellen“, so Lamghari.