Wenn Organe oder Gewebe beschädigt sind, ist es für sie wichtig, ihre normale Funktion wiederzuerlangen. Dazu müssen sich neue Blutgefäße bilden, da diese eine entscheidende Rolle bei der Nährstoffversorgung und der Abfallbeseitigung spielen. Derzeit können Injektion von Wachstumsfaktoren oder genetischem Material in die betroffene Gewebestelle die so genannte Angiogenese auslösen, das Wachstum neuer Blutgefäße aus bereits vorgebildeten Gefäßen. In einer neuen Studie zeigen Wissenschaftler der Albert-Ludwigs-Universität und der Universität Basel unter der Leitung von Prof. Prasad Shastri nun, dass eine stabile Angiogenese durch die einfache Injektion eines Hydrogels erreicht werden kann, das mit seinen mechanischen Eigenschaften einem Blutgerinnsel ähnelt.
Neue Population von Zellen des Immunsystems
Die Zellen, die sich in Blutgefäßen organisieren, benötigen Unterstützung von anderen Zellen, um stabil zu sein und den Blutfluss zu regulieren. Die Freiburger Forscher sowie die Biomediziner Dr. Roberto Gianni-Barrera und Dr. Andrea Banfi von der Universität Basel entdeckten eine neue Population von im Blut zirkulierenden Zellen des Immunsystems, den CD11b+-Monozyten, die das Protein Piezo-1 herstellen. Dieses gehört zu den so genannten Mechanorezeptoren, die für die Interaktion von Zellen im zentralen Nervensystem notwendig sind, wie Shastri in einer früheren Untersuchung herausfand. Die Wissenschaftler konnten nun zudem klären, welche Rolle die Zellpopulation von CD11b+-Monozyten bei der Stabilisierung neu gebildeter Blutgefäße spielt. Sie fanden heraus, dass diese Population von zirkulierenden Zellen sich bevorzugt in der Umgebung des injizierten Hydrogels findet und sich in der Nähe neuer Blutgefäße organisiert.
Paradigmenwechsel
„Unsere Studie stellt einen Paradigmenwechsel dar, da sie erstmals zeigt, dass eine mechanisch definierte Mikroumgebung in der Lage ist, bei einem regenerativen Prozess zu helfen“, sagt Shastri. Die Ergebnisse wirkten sich auf die Behandlung von peripheren Gefäßerkrankungen aus, erklärt die Mitautorin Dr. Melika Sarem. „Denn das Hydrogel ist ein einfaches Mittel, um neue und gesunde Gefäßsysteme in einem Zielgewebe zu induzieren“, ergänzt Dr. Aurelien Forget, der an der Universität Freiburg die Untersuchungen mitgeleitet hat und Erstautor der Studie ist.
www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/30924979