Damit Nahrung durch den Darm wandern und der Kot ausgestoßen werden kann, muss der Darm den Inhalt systematisch vorwärtsbewegen, indem er ihn über seine Länge nach und nach zusammendrückt. Diese Kontraktion und Entspannung der Muskeln im Dickdarm werden durch Nervenzellen im Darm reguliert. Anomalien der Darmbewegung verursachen häufig Krankheiten wie das Reizdarmsyndrom oder die nach einer Operation auftretenden Störungen der Darmfunktion. Nun haben Forschende aus England und der Schweiz entdeckt, wie diese Nervenzellen – und somit die Darmbewegung – durch bestimmte Darmbakterien beeinflusst werden. Dabei handelt es sich um einen erstmals beschriebenen Mechanismus.
Bisher unklar wie Bakterien Verdauung fördern
Der Darm enthält Billionen von Bakterien, die durch die Produktion von Stoffen wie Vitaminen und Aminosäuren die Funktion vieler Organe in unserem Körper beeinflussen. Zudem weist der Darm mehr Nerven auf als das Rückenmark. Es ist bereits belegt, dass ein Zusammenhang besteht zwischen dem Vorhandensein bestimmter Bakterien im Dickdarm und der Geschwindigkeit, mit der sich die Nahrung durch den Darmtrakt bewegt. Bisher war jedoch unklar, inwiefern Darmbakterien für das Funktionieren der Millionen von Nervenzellen im Verdauungssystem zuständig sind.
Das haben nun die Forschenden um Prof. Andrew Macpherson vom Department for BioMedical Research (DBMR) der Universität Bern und Inselspitals, Universitätsspital Bern, sowie um Dr. Yuuki Obata, Dr. Brigitta Stockinger und Dr. Vassilis Pachnis vom Crick Institute in London aufgedeckt: Ihnen ist es gelungen, gewisse, von Darmbakterien produzierte Stoffe zu identifizieren, die auf Nervenzellen einwirken, die wiederum für die Darmbewegung zuständig sind.
Rezeptor im Darm wird eingeschaltet
Um die Wirkung von Darmbakterien auf die Darmbewegung zu untersuchen, setzten die Forschenden so genannte keimfreie Mäuse ein, deren Darm nicht von Bakterien besiedelt ist, und verglichen diese mit Tieren mit Darmbakterien. Sie entdeckten, dass die keimfreien Tiere tatsächlich eine reduzierte Darmbewegung aufwiesen im Vergleich zu Tieren, die mit gutartigen Bakterien besiedelt waren.
„Dabei stellte sich heraus, dass ein spezieller Rezeptor, der so genannte Arylkohlenwasserstoffrezeptor AhR, bei den Darmnervenzellen durch die Anwesenheit von Darmbakterien ‚eingeschaltet‘ wird“, sagt Yuuki Obata vom Crick Institute, Hauptautorin der Studie. Dass AhR für die Funktion von Immun- und anderen Zellen im Darm sehr wichtig ist, war bereits bekannt. „Unsere Arbeit zeigt, dass dieser Rezeptor auch von Darmnervenzellen verwendet wird, um die Anwesenheit von Bakterien zu erkennen und die Darmbeweglichkeit zu regulieren – und so eine gesunde Verdauung zu fördern“, erklärt Vassilis Pachnis, Ko-Letztautor am Crick Institute.
Die Forschenden hoffen, dass in Zukunft die Aktivität von AhR in den Nervenzellen gezielt verändert werden kann, um die Folgen einer abnormen Darmbeweglichkeit zu lindern, die häufig mit Magen-Darm-Erkrankungen einhergeht.
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