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Geistiges Eigentum von KMU der Medizintechnik-Branche schützen

Geistiges Eigentum
Geistiges Eigentum von KMU der Medizintechnik-Branche schützen

Das Know-how der kleinen und mittelständischen Unternehmen muss geschützt werden, fordert BVMed-Geschäftsführer Joachim M. Schmitt. Die Umsetzung der neuen EU-MDR könnte das bewährte Vorgehen beim Umgang mit der Technischen Dokumentation zwischen Lieferant und Hersteller gefährden.

Müssen Hersteller, die ein Medizinprodukt unter ihrem Namen in Verkehr bringt, physisch über die komplette Technische Dokumentation verfügen? Nach den Vorgaben der neuen EU-Medizinprodukteverordnung (MDR) würde das bedeuten, dass die oft kleinen und mittelständischen Lieferanten von Produkten, Komponenten oder Vormaterialien künftig ihre kompletten technischen Unterlagen freigeben müssten – und damit ihr eigenes wertvolles Firmen-Know-how. „Das kann die Existenz zahlreicher Mittelständler in unserer Mitgliedschaft bedrohen“, bemängelt BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Joachim M. Schmitt. „Wir brauchen vom europäischen Gesetzgeber eine Lösung dieses Problems.“

Der Schutz des geistigen Eigentums ist nach Ansicht des BVMed ein hohes Gut und von essentieller Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit der KMU. Diese Informationen werden in Artikel 109 der Medical Device Regulation auch ausdrücklich als „schützenswert“ bezeichnet und dürften dem Hersteller nicht mitgeteilt werden müssen, da sie auschlaggebend für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens sind.

Hintergrund der BVMed-Befürchtungen sind Auslegungen, dass die MDR-Anforderungen, die nach der dreijährigen Übergangsfrist ab dem 26. Mai 2020 gelten, die bestehenden Vereinbarungen zwischen Lieferanten und Herstellern obsolet machen werden.

Nach der geltenden Medizinprodukte-Richtlinie kann die Technische Dokumentation in einen offenen und einen geschlossenen Teil unterteilt werden, wobei der geschlossene Teil Informationen enthält, die für die Geschäftstätigkeit des Lieferanten wesentlich sind und somit geistiges Eigentum darstellen.

Drei Modelle zum Schutz des geistigen Eigentums

Die MDR verpflichtet die Hersteller, die Technische Dokumentation (TD) einschließlich der Herstellungsprozesse, ihrer Validierung und der verwendeten Hilfsstoffe sowie die endgültige Produktprüfung für die zuständigen Behörden verfügbar zu halten. Es wird deshalb angenommen, dass ein Hersteller für das von ihm in Verkehr gebrachte Produkt eine vollständige technische Dokumentation physisch vorhalten und aktualisieren muss. Um künftig die die Forderungen der MDR und das Prinzip des Know-how-Schutzes miteinander in Einklang bringen zu können, werden von den Akteuren der Medizintechnik-Branche verschiedene Lösungsansätze diskutiert. Basierend auf dem Konzept eines offenen und eines geschlossenen Teils der Technischen Dokumentation des Lieferanten wären beispielsweise ein Splitting-Modell, ein Treuhand-Modell oder ein Passwort-Modell denkbar.

  • Das Splitting-Modell sieht die Unterteilung der Technischen Dokumentation des Lieferanten, wie nach noch geltendem Recht der Fall, in einen offenen Teil sowie einen geschlossenen Teil vor. Letzerer enthält die schützenswerten urheberrechtlichen Elemente, die dem Hersteller nicht zugänglich gemacht werden sollen. Der geschlossene Teil der technischen Dokumentation des Lieferanten könnte entweder direkt der Benannten Stelle des Herstellers oder einer dritten unabhängigen Benannten Stelle zur Verfügung gestellt werden. In beiden Fällen wäre es erforderlich, eine Vertraulichkeitsvereinbarung zwischen dem Lieferanten und der Benannten Stelle zu schließen, um das geistige Eigentum des Lieferanten zu schützen.
  • Beim Treuhand-Modell könnten beide Parteien einen unabhängigen qualifizierten Dritten („Treuhänder“) beauftragen, der die Konformitätsbewertung des geschlossenen Teils der TD übernimmt. Dieser Dritte sollte einen Bewertungsbericht erstellen, der in die vollständige TD des Herstellers aufgenommen wird, um sicherzustellen, dass er über alle Informationen verfügt, die für die abschließende Beurteilung des fertigen Medizinprodukts erforderlich sind. Die unabhängige dritte Partei würde eine Verbindung zwischen beiden Teilen der TD herstellen. Der Treuhänder könnte als Kontaktstelle des Lieferanten und des Herstellers zur Benannten Stelle und zur zuständigen Behörde des Herstellers fungieren und diesen den geschlossenen Teil der TD auf dessen Anfrage zur Verfügung stellen. Vereinbarungen zwischen den Akteuren sollten die Durchführbarkeit und Gültigkeit einer solchen Konstruktion sicherstellen.
  • Das Passwort-Modell sieht vor, dass der Hersteller physischen Zugriff auf die vollständige TD erhält und so zum einzigen Ansprechpartner der Benannten Stelle wird. In diesem Fall ist der geschlossene Teil der TD für den Hersteller durch ein Passwort verschlüsselt, das nur der Benannten Stelle zugänglich ist.

Neue MDR darf KMU nicht die Geschäftsgrundlage entziehen

„Wie auch immer eine individuelle Lösung aussehen wird, das geistige Eigentum der kleinen und mittelständischen Medizintechnik-Unternehmen muss auf jeden Fall geschützt werden“, bekräftigt BVMed-Geschäftsführer Schmitt. Ansonsten würde mit der Neu-Regulierung den Komponenten-Herstellern und Zulieferern die Geschäftsgrundlage entzogen. Damit bestehe die Gefahr, dass bewährte Produkte nicht mehr auf dem Markt verfügbar sind und damit die Patientenversorgung gefährdet ist, warnt der BVMed abschließend. (su)

www.bvmed.de


EU-Recht schützt geistiges Eigentum

Geistiges Eigentum bezieht sich auf Schöpfungen des Geistes. Dies sind zum Beispiel Erfindungen, Patente und Marken sowie im Handel genutzte Symbole, Namen, Bilder und Modelle. In Artikel 109 der MDR wird geistiges Eigentum als „schützenswert“ bezeichnet. Hersteller haben kein Recht auf das geistige Eigentum ihrer Lieferanten. Dieser Ansatz kommt in der Know-how-Richtlinie der EU (Richtlinie 2016/943) vom 8. Juni 2016 zum Tragen, wo ausdrücklich die besondere Abhängigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen von ihren Geschäftsgeheimnissen betont und die Bedeutung des geistigen Eigentums für die Wettbewerbsfähigkeit von KMU bei Forschung & Entwicklung und Innovationsleistungen unterstrichen wird.

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