Ingenieure und Ingenieurinnen haben gute Perspektiven auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Denn schon heute kann der Bedarf in Deutschland nicht gedeckt werden. Daher greifen viele Unternehmen auf Technik-Fachkräfte aus dem Ausland zurück.
Der Medizintechnikmarkt in Deutschland ist nach Angaben von Germany Trade & Invest der größte Europas und der drittgrößte weltweit. Die vorwiegend mittelständischen Unternehmen gelten dabei als Innovationsführer auf dem Weltmarkt. Knapp 15 % aller Beschäftigten waren 2012 im Bereich Forschung und Entwicklung tätig. Damit der Branche die Innovationskraft erhalten bleibt, muss sie Ihren Bedarf an Fach- und Führungskräften decken.
Auf der Suche nach qualifizierten Mitarbeitern bietet sich Unternehmen jetzt eine weitere Möglichkeit: Im Rahmen der „Fachkräfte-Offensive“ der deutschen Bundesregierung wirbt das Willkommensportal www.make-it-in-germany.com um internationale Fachkräfte. Ziel dieser Offensive ist es, vor allem kleinen und mittleren Unternehmen einen Lösungsansatz für den immer deutlicher spürbar werdenden Fachkräftemangel im Ingenieur- und IT-Bereich anzubieten. Diesem Mangel an Arbeitskräften in Deutschland steht häufig ein Überangebot an hochqualifizierten Arbeitskräften im Ausland gegenüber. Um den Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften zu decken, lohnt sich daher ein Blick über den „europäischen Tellerrand“ hinaus. Die Bedingungen für eine Beschäftigung von Fachkräften auf dem deutschen Arbeitsmarkt, die von außerhalb der EU kommen, werden seit dem letzten Jahr durch die Bestimmungen der „Blauen Karte EU“ einheitlich geregelt.
Bei den Fachkräften handelt es sich um Absolventinnen und Absolventen ingenieurwissenschaftlicher MINT-Studiengänge, die größtenteils erste Berufserfahrung besitzen und bei Arbeitsbeginn über Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1/B2 verfügen. Die Trainees erhalten während des Einsatzes einen monatlichen Bruttolohn von 1360 Euro, wobei der Arbeitgeberanteil lediglich 550 Euro beträgt. Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH stockt die Gehälter durch ein Stipendium entsprechend auf. Im Anschluss an den Arbeitseinsatz steht es den Unternehmen frei, die Fachkräfte zu den geltenden aufenthaltsrechtlichen Bedingungen der Blauen Karte EU zu übernehmen.
Im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie unterstützen die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH und die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit aussichtsreiche Bewerberinnen und Bewerber aus Indien, Indonesien und Vietnam bei ihrer Arbeitssuche in Deutschland. Sie bringen neben ihrer hohen Motivation und ihren internationalen Berufserfahrungen auch gute bis sehr gute Deutschkenntnisse mit.
Der Blick ins Ausland eröffnet Unternehmen zusätzliche Chancen, ihre Belegschaft zukunftsfähig aufzustellen: Aktuell sind rund 240 000 der in Deutschland erwerbstätigen Ingenieurinnen und Ingenieure zugewandert. Damit stammt jeder siebte Beschäftigte dieser Berufsgruppe aus dem Ausland. Etwa 70 % kommen aus einem Land der Europäischen Union – aber auch bei Fachkräften aus China, Indien und dem Iran ist der deutsche Arbeitsmarkt beliebt. Beschäftigt sind die Ingenieurinnen und Ingenieure häufig in Süddeutschland, wo zahlreiche Fahrzeug- und Maschinenbauunternehmen ansässig sind.
Vor allem in den aktuell von hoher Arbeitslosigkeit betroffenen Ländern wie Spanien, Italien, Portugal oder Griechenland stehen Fachkräfte oder ausbildungswillige Jugendliche zur Verfügung. Hinzu kommen beruflich ausgebildete Fachkräfte aus Nicht-EU-Ländern. Die Bundesagentur für Arbeit hat in einer Positivliste jene nicht-akademischen Engpassberufe definiert, für die eine leichtere Zulassung zum deutschen Arbeitsmarkt gilt. Darunter sind vor allem technische Berufe wie Mechatroniker und Automatisierungstechniker, aber auch operationstechnische Assistenten oder Gesundheits- und Krankenpfleger.
Auch Südkorea setzt bei der Ausbildung seiner Jugendlichen auf Kooperation mit deutschen Unternehmen: Um die berufliche Qualifikation seiner Jugendlichen zu verbessern und sich bei der Ausbildung am dualen System in Deutschland zu orientieren, startet das südkoreanische Bildungsministerium in diesem Jahr ein Pilotprojekt. Dazu holte es den Präzisionswerkzeughersteller Mapal Präzisionswerkzeuge Dr. Kress KG in Aalen ins Boot und kooperiert bei der gewerblich-technischen Ausbildung im Unternehmen.
Bereits seit vielen Jahren bestehen bei Mapal gute Kontakte zur Busan Mechanical Technical High School (BMT), einer Internatsschule in Koreas zweitgrößter Stadt Busan. Die BMT ist eine von neun Schulen, die im nächsten Jahr an einem Pilotprojekt der südkoreanischen Regierung zur Einführung des dualen Ausbildungssystems teilnehmen werden. Auf der Suche nach kooperierenden Unternehmen wandte sich die Kommission schon im Vorfeld der Kampagne an Mapal und stieß auf offene Ohren. Der Geschäftsführende Gesellschafter Dr. Dieter Kress stimmte einer Zusammenarbeit gerne zu. „Wir brauchen qualifizierte Mitarbeiter und sind deshalb auch bereit, in die Ausbildung junger Leute zu investieren“, begründet Dr. Kress das in dieser Form bislang einmalige Engagement eines deutschen Unternehmens.
Acht koreanische Berufsschüler im Alter von 17 und 18 Jahren hat Mapal mit ihren Betreuern für drei Monate nach Deutschland eingeladen. Bis Anfang Dezember wurden den angehenden Mechanikern in den Ausbildungswerkstätten Aalen und Altenstadt theoretische und praktische Kenntnisse im Bereich Zerspanungstechnik vermittelt. Der enge Kontakt zu den deutschen Kolleginnen und Kollegen beim gemeinsamen Lernen und Arbeiten, verbunden mit dem Besuch von Unternehmen aus der Umgebung, einem Messeausflug zur AMB in Stuttgart und vielen Freizeitunternehmungen bot den Jugendlichen die Möglichkeit, ihr Wissen in technischer wie kultureller Hinsicht zu erweitern. Von dieser Kooperation profitiert auch Mapal: Südkorea hat sich zu einem bedeutenden Industrieland entwickelt und ist für den Hersteller von Präzisionswerkzeugen ein wichtiger Absatzmarkt. Mit der Mapal HTT Co. Ltd. ist das Unternehmen seit 1992 mit einer eigenen Vertriebs- und Produktionsniederlassung in Kyonggi-Do, nahe Seoul, vertreten. Dem Wunsch ihrer jungen Ausbildungs-Gäste, auch weiterhin mit dem Unternehmen verbunden zu bleiben, wird Mapal entsprechen und ihnen nach Abschluss ihrer Ausbildung einen Arbeitsplatz in der koreanischen Niederlassung anbieten.
Kim Hong Sun, Direktorin für berufliche Bildung im koreanischen Bildungsministerium, die sich vor Ort mit einer Delegation über den Ausbildungsstand informierte, zeigte sich nach ihren Gesprächen mit den Verantwortlichen bei dem Werkzeugspezialisten und dem Besuch der Aalener Lehrwerkstatt ebenfalls beeindruckt. „Wir können viel von Ihnen lernen“, stellte sie fest. In Südkorea beschränkt sich die Ausbildung bislang vor allem auf die Vermittlung theoretischer Inhalte. Mit mehr Praxiswissen will die dortige Regierung den Schülerinnen und Schülern eine bessere fachliche Qualifikation ermöglichen.
Mapal hat beim Besuch der Regierungskommission ein Memorandum unterzeichnet. Darin erklärt sich das Unternehmen bereit, den koreanischen Bildungsinstitutionen zukünftig als Ausbildungspartner zur Verfügung zu stehen, um die Einführung des dualen Systems in Südkorea nachhaltig zu unterstützen.
Vielleicht findet der eine oder andere auch wieder den Weg zurück nach Deutschland und steht – gut ausgebildet – dem deutschen Arbeitsmarkt zur Verfügung. Denn viele der internationalen Fachkräfte, die nach Deutschland kommen, bringen ihre Qualifikationen bereits aus dem Ausland mit. Sicher ist: Für die Technik-Fachkräfte gibt es gute Perspektiven in Deutschland, um eine Karriere zu starten. su
Weitere Informationen Zum Portal der Bundesregierung: www.make-it-in-germany.com Zur Positivliste der Bundesagentur für Arbeit: www.arbeitsagentur.de Zum Präzisionswerkzeuge-Hersteller: www.mapal.com
Südkorea will sich bei der Ausbildung am dualen System in Deutschland orientieren
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