Wie kann die Netzinfrastruktur die Herausforderungen der Energiewende verkraften? Ein intelligentes Steuerungssystem kann den Verbrauch automatisch dem schwankenden Angebot anpassen.
Die Universität Passau forscht mit dem EU-Projekt „All4Green“, wie die Wende zu mehr Energie aus erneuerbaren Energien gelingt, ohne dass die Stabilität der Stromnetze verloren geht. Gemeinsam mit den Partnern Stadtwerke Passau, dem Softwarehaus und Rechenzentrumsbetreiber :a:k:t: und einer Projektfördersumme von knapp 3 Millionen Euro arbeiten Prof. Hermann de Meer und sein Team an einer IT-Steuerung der Stromverteilung, die den Verbrauch der Kunden auf das Angebot im Netz abstimmt. Schwankungen in der Stromproduktion führen so nicht zu einem Netzkollaps.
Eine neu entwickelte Software synchronisiert den Verbrauch des Abnehmers – in diesem Fall des Rechenzentrumsbetreibers :a:k:t: – mit der Auslastung des Anbieters, der Stadtwerke Passau. Sinkt die Stromzufuhr ins Netz, weil zum Beispiel an einem windstillen, trüben Tag mit Niedrigwasser weder Wasserkraft noch Wind- und Sonnenenergie in ausreichendem Maß zur Verfügung stehen, sollen die Server von :a:k:t: energieintensive Rechenoperationen auf einen günstigeren Zeitpunkt verschieben. Wird umgekehrt kurzfristig deutlich mehr Strom ins Netz eingespeist als abgenommen werden kann, soll der Großkunde etwa die Kühlung seiner Rechner verstärken. Damit verschafft er sich einen Puffer, um sie zu einem späteren Zeitpunkt kurzzeitig ganz ausschalten zu können. Im Schnitt bleibt so der Energieverbrauch gleich, die Schwankungen im Netz werden jedoch ausgeglichen.
Zur technischen Umsetzung einer solchen neuartigen Vertragsbeziehung zwischen Stromanbieter und -abnehmer gewähren sowohl die Stadtwerke als auch :a:k:t: den Mitarbeitern der Universität Passau Zugang zu ihrer IT-Struktur. „Der Weg zum Erfolg der Energiewende führt über die Kunden“, sagt Prof. de Meer, Inhaber des Lehrstuhls für Informatik mit Schwerpunkt Rechnernetze und Rechnerkommunikation. „Wenn Lieferanten, Dienstleister und deren Kunden in eine Ökokette mit einbezogen werden, können wir Lastspitzen beim Stromverbrauch vermeiden. Denn diese sind nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch teuer.“ Unternehme man nichts, würden durch den Umstieg auf erneuerbare Energien Schwankungen im Netz weiter zunehmen.
De Meer arbeitet seit 2006 am Thema Energieeffizienz von IT. Sein Schlüsselerlebnis war ein Aufenthalt an der Universität von Berkeley und das Erlebnis der Serverhallen von Google – für die ein eigenes Kraftwerk in unmittelbarer Nachbarschaft gebaut wurde. Daraus entstanden zunächst Projekte wie „FIT4Green“ und „G-Lab_Ener-G“, die sich mit Energieeinsparungen innerhalb von Rechenzentren beschäftigten. Grüne IT sieht er seitdem als zentrale Zukunftsaufgabe. „Schließlich entspricht der CO2-Ausstoß von IT ungefähr der gleichen Menge, die der Flugverkehr verursacht.“
Weitere Informationen: Prof. de Meer an der Uni Passau
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