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Antirisse sind Quelle des Übels

Lawinenforschung: Neue Theorie, wie der Schnee ins Rutschen gerät
Antirisse sind Quelle des Übels

Antirisse sind Quelle des Übels
Lawinenauslösung im Schneeblock: Beschleunigungssensoren in der Schneedecke messen die Bruchgeschwindigkeit Bild: A. van Herwijnen
Eine neue Theorie erklärt die Ursache der Lawinen: Ein Forscherteam des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) macht so genannte Antirisse dafür verantwortlich.

Schnee ist in Schichten aufgebaut, die relativ fest miteinander verbunden sind – nur ein Bruch kann sie voneinander lösen. Dabei breitet sich ein Riss zwischen zwei benachbarten Schichten aus und löst sie voneinander ab: Eine Lawine entsteht. Als Ursache für das Risswachstum wurde bislang das Versagensmodell des Scherrisses herangezogen. „Es gibt aber erhebliche Widersprüche zwischen den Aussagen dieses Modells und den Beobachtungen und Messungen vor Ort“, sagt Dr. Joachim Heierli vom Institut für Angewandte Materialien (IAM). Scherrisse könnten sich in flachem Gelände nicht ausbreiten, trotzdem komme es dort nicht selten zu Brüchen in der Schneedecke. Außerdem können Scherrisse das Phänomen der Fernauslösungen nicht erklären. Dabei treten Lawinen an einer anderen Stelle auf, als sie ausgelöst wurden, beispielsweise im Hang über einem Skifahrer.

Die KIT-Forscher untersuchen deshalb ein neues Modell für die Entstehung von Lawinen, den Antiriss. Er entsteht dann, wenn zwei Schichten stark gegeneinander gepresst werden und die schwächere von beiden kollabiert. Dabei wird Energie frei, die den Bruch in alle Richtungen ausbreitet. Das gleiche geschieht laut Heierli auch bei der Entstehung einer Lawine: „In der Schneedecke gibt es fast immer instabile Zwischenschichten, sozusagen die Sollbruchstellen. Das kann zum Beispiel eine besonders poröse Zwischenschicht sein.“ Durch das Gewicht der darüber liegenden Schneedecke sei diese Schicht ständig in Einsturzgefahr. Beginnt sie zu kollabieren, ist der Prozess oft nicht mehr aufzuhalten. Die Schneekörner werden in die leeren Zwischenräume gepresst, und der Vorgang pflanzt sich in alle Richtungen fort. Innerhalb von Sekundenbruchteilen breitet er sich um bis zu 100 Meter aus, erst dann wird seine eigentliche Wirkung sichtbar: Der Bruch hat zwei Schneeschichten großflächig voneinander gelöst – und die Lawine gerät ins Rutschen.
Bislang deutet tatsächlich vieles auf den Antiriss hin, sagt Dr. Joachim Heierli: „Bei sämtlichen Brüchen, die man bisher vermessen hat, ist die Zwischenschicht stets kollabiert, es ist also immer ein Antiriss aufgetreten.“ Künftig werde die Schneeforschung wohl davon ausgehen müssen, dass Antirisse und nicht Scherrisse für die Schneebrettauslösung ursächlich sind. Das könnte die Lawinenvorhersage wesentlich verbessern, so die KIT-Forscher.
Weitere Informationen: www.kit.edu
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