Herr Bursig, wie interessant ist der chinesische Markt für die Hersteller von Medizinprodukten?
China ist schon seit einigen Jahren ein großer und wichtiger Markt, generell für die Elektrotechnik, aber auch für die Elektromedizinische Technik. Dort sind Produkte aller Kategorien gefragt, von einfachen bis hin zu High-Tech-Produkten. Zum Teil sind auch deutsche Unternehmen dort aktiv – aber definitiv nicht mit frugalen Produkten, sondern mit anspruchsvoller Technik. Es gibt inzwischen aber auch sehr sehr viele chinesische Anbieter, die versuchen, einen möglichst großen Anteil am inländischen Bedarf abzudecken. Dieses Ziel gibt die chinesische Regierung seit geraumer Zeit vor. Wenn dieses Ziel erreicht ist, werden die Unternehmen sicher auch ihre in China etablierten Produkte vermehrt auf dem Weltmarkt anbieten.
Welcher Blick auf China zählt: der auf den wachsenden Markt oder auf die sich rasch zu globalen Wettbewerbern entwickelnden Unternehmen?
China war schon immer beides – und es sind bereits eine Reihe chinesischer Medizintechnik-Unternehmen als globale Anbieter aktiv. Für jedes Medizintechnik-Unternehmen zum Beispiel aus Europa oder den USA ist es daher wichtig, seine eigene Strategie zu entwickeln. Für einen Markteintritt haben viele, gerade größere Unternehmen entschieden, Fertigungsstätten und auch Zentren für Forschung und Entwicklung in China aufzubauen. Anfangs waren es nur wenige international tätige Unternehmen, die in diesen Markt eingestiegen sind. Aber inzwischen wächst die Zahl der in China tätigen Akteure aus dem Ausland dynamisch.
Wie steigen europäische oder deutsche Hersteller in China ein?
Während Konzerne oft, wie beschrieben, in großem Rahmen einsteigen, ist der typische Weg für KMU, über einen Handelspartner anzufangen. Manche sind schon seit rund zehn Jahren auf diese Art stabil tätig – was zeigt, dass dieser Markt groß und attraktiv genug ist. Er braucht aber auch viel Aufmerksamkeit: Er entwickelt sich schnell, auf der Ebene der Regulierung tut sich viel, ebenso, was die technischen Aspekte, die Zulassung und die Regelungen für Importe angeht.
Was gilt es mit Blick auf die Regularien zu beachten?
China hat, wie Japan oder die USA, eine eigene Behörde, die für die Zulassung von Medizinprodukten zuständig ist. Man muss sich bei seinem Vertriebspartner darauf verlassen können, dass er das alles im Blick hat. Aber das gilt natürlich nicht nur für China, sondern genauso für viele andere Märkte. Zu den Regulierungen bietet die GTAI übrigens den Medtech-Update-China-Newsletter an, der sehr gut über Normung, regulatorische Anforderungen und die Auswirkungen der Fünfjahrespläne auf die Medizintechnik informiert. Diese Pläne sind weit mehr als eine politische Willensbekundung. Was diese vorgeben, wird in großen Schritten erreicht werden – das gilt auch für die Medizintechnik.
Welche Rolle spielt das politische System?
Deutschland unterhält mit der großen Nation China diplomatische Beziehungen, das Land ist Mitglied der Welthandelsorganisation – was den allgemein gültigen rechtlichen Rahmen für die wirtschaftlichen Aktivitäten liefert. Das gesellschaftliche und politische System ist natürlich ein anderes, als man es aus Europa kennt. Aber die Entwicklung anders aufgebauter Systeme zu beobachten und bei den geschäftlichen Entscheidungen mit zu bedenken, ist für international aktive Unternehmen ein vertrautes Vorgehen.
Worauf müssen Unternehmen bei einem Markteintritt in China besonders achten?
Abgesehen von den regulatorischen Vorgaben ist die Geschäftskultur eine andere, darauf muss man sich einstellen. Wenn man einen Handelspartner gefunden hat, sollte man mit diesem zum Beispiel klare Vereinbarungen treffen, die man am besten als gemeinsame Vision formuliert.
Welche Bedeutung hat die Belt-and-Road-Initiative, auch als neue Seidenstraße bezeichnet, für das Gesundheitswesen?
Die Idee der so genannten Neuen Seidenstraße ist ja, die Infrastruktur für Handelswege zwischen China und Europa zu verbessern. Einen direkten Zusammenhang mit Fragen des Gesundheitswesens gibt es da nicht. Aber natürlich können über die zukünftige Infrastruktur auch Medizinprodukte aus China sehr viel leichter die Märkte in den Ländern erreichen, die über dieses Projekt an China angebunden sind.
Ist jetzt ein guter Zeitpunkt, den ersten Schritt nach China zu wagen?
Europäische Unternehmen sind seit rund zwanzig Jahren auf dem chinesischen Markt aktiv. Wer als weiterer Wettbewerber heute dort neu einsteigen will, hat viel nachzuholen. Das ist natürlich machbar, aber den Aufwand sollte man nicht übersehen.
Kontakt zum Verband:
ZVEI Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V.
Lyoner Straße 9
60528 Frankfurt am Main
Telefon:+49 69 6302–0
E-Mail:zvei@zvei.org
www.zvei.org/verband/fachverbaende/fachverband-elektromedizinische-technik
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