Erst einmal eine Vermutung zu äußern, hilft beim Lernen – besonders, wenn diese im ersten Anlauf falsch ist. Das zeigen Forscher des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) und der University of California, Berkeley. „Mit unserer Studie haben wird zum ersten Mal systematisch untersucht, ob und wie Vorab-Einschätzungen beim Lernen helfen“, erklärt Prof. Garvin Brod vom DIPF, der Leiter der neuen Studie, an der 36 Studierende teilnahmen. Das Forschungsteam führte mit ihnen zwei Untersuchungsreihen mit Tests am Computer durch. Bei der ersten ging es um Geografie, bei der zweiten um Fußball – wobei fairerweise Interesse an Fußball Bedingung für die Teilnahme war.
Länder-Vergleiche und Fußball-Ergebnisse
Die Untersuchungsreihen wurden jeweils in zwei Varianten durchgeführt. Bei den Geografie-Untersuchungen sollten die Teilnehmer in der ersten Variante mehrfach hintereinander vorab einschätzen, welches von zwei europäischen Ländern die größere Einwohnerzahl hat. Dann wurde ihnen die Lösung gezeigt. In der zweiten Variante sahen die Studierenden erneut Paare von europäischen Ländern, doch erhielten sie direkt die richtige Lösung und sollten dann angeben, welche Lösung sie erwartet hätten. Bei welcher Methode die Teilnehmenden mehr lernen, überprüfte das Forschungsteam, indem es deren Wissen einmal gleich zu Anfang und dann noch einmal zum Abschluss testete. Dabei sollten die Studenten alle Länder, die in den Varianten jeweils gezeigt wurden, der Größe nach ordnen. Und das gelang ihnen am Ende bei den Ländern besser, zu denen sie vorab Vermutungen angestellt hatten.
Die Fußball-Tests folgten dem gleichen Prinzip. Dieses Mal schauten sich die Forscher auch genau an, unter welchen Untersuchungsbedingungen sich die Einschätzungen von einzelnen Ergebnissen verbessert hatten: „Es sind vor allem die falschen Vermutungen, die zum Erfolg der Methode beitragen“, legt Prof. Brod dar.
Geweitete Pupillen
Die Forscher vermuteten, dass falsche Vorhersagen Überraschung auslösen und dass diese der Grund für den größeren Lerneffekt sein könnte. Dieser Hypothese gingen sie mit einer Eye-Tracking-Kamera auf den Grund, die aufzeichnete, wie sich die Augen während der Testreihen verändern. Und in der Tat: Nur wenn die Teilnehmenden zuerst eine Vermutung äußerten und dann erfuhren, dass sie mit ihren Annahmen falsch lagen, weiteten sich ihre Pupillen – ein Zeichen von Überraschung.
Es ist sinnvoll, Quiz-Elemente zu nutzen
Zwar ist das noch kein Nachweis, dass wirklich die Überraschung für das verbesserte Lernen ausschlaggebend ist, aber der Schluss liegt nahe. Brod zieht ein erstes Fazit: „Es macht Sinn, Quiz-Elemente für das Lehren zu nutzen.“
Anders gesagt: Munter drauflos! Viel Raten ist nicht nur okay, sondern bringt Sie auch langfristig weiter.
www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0959475217303468?via%3Dihub