Seit mehr als 30 Jahren fördert das Deutsche Wirtschaftsbüro Taipei die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Taiwan. 1981 durch den Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) gegründet, ist es Teil des globalen Netzwerks der Deutschen Auslandshandelskammern (AHK).
Herr Dr. Wein, wo liegen besondere Chancen für europäische Branchenunternehmen auf Taiwans Medizintechnik-Markt?
Taiwan ist bestrebt, die eigene Produktion bei Medizintechnik, vor allem die Entwicklung von Hightech-Erzeugnissen, auszubauen. Dazu werden auch ausländische Partner gebraucht, die in die Produktion sowie die Forschung und Entwicklung in Taiwan investieren. Außerdem will das Land den Medizintourismus vor allem für die asiatischen Nachbarn ausbauen und wird dazu Medizintechnik auf höchstem Niveau benötigen. Produktsicherheit und Umweltschutzaspekte werden bei Kaufentscheidungen immer wichtiger.
Was ist beim Export nach Taiwan besonders zu berücksichtigen?
Zur Senkung der Kosten für die National Health Insurance ist das taiwanische Gesundheitsministerium bestrebt, die Preise für Medizintechnik mit verschiedenen Mechanismen gering zu halten. Zudem sind einmal vereinbarte Preise nicht fix, da nach vier Jahren nachverhandelt wird. Medizintechnikprodukte müssen von der Food and Drug Administration (FDA) zertifiziert werden, auch wenn zum Beispiel Produkte aus der EU bereits die CE-Kennzeichnung tragen. Die Zertifizierung kann lange dauern, und das Gesundheitsministerium benötigt noch zusätzlich Zeit für die Festlegung eines Erstattungspreises.
Wie lassen sich die bürokratischen Hürden am besten überwinden?
Zur Markteinführung eines Produktes wird ein lokaler Agent benötigt, der mit Medizintechnik Erfahrung hat. Bei der Auswahl eines Partners sollte man sorgfältig sein und sich eventuell Unterstützung holen.
Wie beurteilen Sie die strategische Bedeutung Taiwans im Hinblick auf China?
China ist nach den USA, Japan und Deutschland auf Rang vier bei den taiwanischen Importen von Medizintechnik und war 2012 zum Beispiel Hauptlieferland für Therapie- und Atmungsgeräte. Zugleich gehört China zu den wichtigsten Märkten für taiwanische Medizintechnik-Produkte. Das 2010 zwischen beiden Seiten der Taiwan-Straße unterzeichnete Economic Cooperation and Framework Agreement (ECFA) hat auch für einige Medizintechnikprodukte zu Zollsenkungen geführt und damit insbesondere die Exporte aus China nach Taiwan ansteigen lassen. Andererseits stehen eine Reihe chinesischer Medizintechnikprodukte auf der Liste der Güter, deren Einfuhr aus China die taiwanischen Behörden nicht erlauben.
Wie reagiert Taiwan darüber hinaus auf diese neue Wettbewerbssituation?
In Taiwan wird angestrebt, die Medizintechnikindustrie dadurch wettbewerbsfähig zu halten, dass Produkte der Klas- se III entwickelt werden, die auch in China erfolgreich sein könnten. Dabei wird auf die Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern gesetzt: Gemeinsam könnten Hightech-Systeme der Gesundheitsversorgung entwickelt, produziert und in Taiwan getestet werden, bevor diese dann in den chinesischen Markt gebracht werden.
- Bettina Gonser Freie Journalistin in Stuttgart
- Weitere Informationen zum Deutschen Wirtschaftsbüro Taipei: www.taiwan.ahk.de
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