Schon bei den Sondierungsgesprächen und später den Koalitionsverhandlungen zur neuen Bundesregierung rückten die Diskussionen um den Personalnotstand in der Pflege in den Fokus des öffentlichen Diskurses. Politiker boten unterschiedliche Lösungsansätze in Form von höheren Löhnen für Fachkräfte bis hin zu zusätzlichen Arbeitskräften aus osteuropäischen Ländern an. Der akute Fachkräftemangel in der Pflege verlangt jedoch rasches Handeln und langfristige Planung.
Digitalisierungsstrategien ebnen dabei den Weg für bessere Arbeitsbedingungen und zukunftsweisende Technologien. So arbeiten Wissenschaftler bereits an dem Einsatz von Robotern in der Gesundheitsbranche. Vor allem Japan treibt aufgrund des hohen Drucks durch den demografischen Wandel den digitalen Trend voran. Die steigende Zahl älterer Menschen ist auch im deutschsprachigen Raum deutlich spürbar: Laut einer Studie der Bertelsmannstiftung fehlen im Jahr 2030 ungefähr 500000 Pflegekräfte in Deutschland.
Weichen für Robotik stellen
Die Grundlagen für den digitalen Wandel bilden smarte Sensorik, Internet of Things und künstliche Intelligenz. Erst diese Technologien ermöglichen es, Roboter in Infrastrukturen der Gesundheitswirtschaft einzubinden. Vernetzte Strukturen, also die zentrale Speicherung und die mobile Abrufbarkeit von Daten, erlauben es Robotern, jederzeit auf Informationen über Patienten, Dienstpläne oder Übergabelisten zuzugreifen – so wird Krankenhaus- und Pflegepersonal bei der täglichen Arbeit unterstützt.
Langfristiges und wichtigstes Ziel beim Einsatz von smarten Helfern ist jedoch die Entlastung von Pflege- und Krankenhauspersonal bei Routineaufgaben – so entsteht mehr Handlungsspielraum für die Pfleger. Dadurch lässt sich dem erheblichen Personalnotstand, der einerseits durch den demografischen Wandel vorangetrieben und andererseits durch zu wenig Absolventen der Pflegeausbildung genährt wird, entgegenwirken. Im Zusammenspiel von smarter Technologie und Robotik in der Pflege lassen sich diese Lücken schließen. Notwendige Software wie etwa zur Verarbeitung von Big Data und zur Anwendung von Mobile Device Management existiert bereits, jedoch gestaltet sich die Einbindung in den Pflege- und Krankenhausalltag aufgrund von ethischen Bedenken, gesetzlichen Auflagen und nicht erprobten Systemen noch kompliziert.
Intelligenter Helfer im Krankenhausalltag
Bisherige Einsatzgebiete von Robotern beschränken sich auf die Industrie, dort sind sie etwa zuständig für Lagerungsvorgänge oder erledigen Arbeiten am Fließband. Doch wie können diese smarten Helfer den Krankenhausalltag verbessern? Ähnliche Aufgaben wie in der industriellen Lagerlogistik finden sich in der Medikamentenverwaltung in Krankenhäusern – Roboter könnten in diesem Bereich bestimmte Tätigkeiten übernehmen. Bereits einsatzfähig: Intelligente Maschinen, die etwa alltägliche Aufgaben wie Staubsaugen oder Wischen erledigen. Entsprechende Geräte befinden sich auf dem Markt und tauchen bislang vor allem in privaten Haushalten auf.
Bereits getestet werden auch weitere Helfer für den Krankenhausalltag: Intelligente Pflegewagen, die den Medikamentenverbrauch dokumentieren sowie Transportroboter, die beispielsweise große Wäschesäcke entsorgen und nächtliche Patrouillenfahrten übernehmen. Zudem sind die Helfer dafür konstruiert, selbstständig den Weg zu finden, sobald eine Pflegekraft Unterstützung anfordert. Doch nicht nur vernetzte und selbstfahrende Maschinen bringen eine Verbesserung für die Branche. Auch smarte Kuscheltiere bereichern den Gesundheitssektor: In Form einer Roboter-Robbe kommen diese bereits bei Alzheimer- und Demenztherapien zum Einsatz. Durch eine Vielzahl von Sensoren reagiert das intelligente Kuscheltier auf Patienten und tritt durch Laute und Regungen mit diesen in Interaktion und fördert Gesprächsverhalten und Emotionen.
Roboter in der Sozialbranche bald unverzichtbar?
Bisher können Roboter Fragen beantworten, tanzen, ein Glas mit Wasser befüllen und Feuer löschen. Bislang lassen sich wenige dieser Tätigkeiten für die Pflegebranche einsetzen, daher arbeiten Wissenschaftler an weiteren Handlungsfeldern der smarten Helfer. Diese sollen beispielsweise das Heben von Patienten übernehmen, was für eine Pflegekraft im Alltag eine enorme körperliche Belastung darstellt. Pflegeroboter könnten auch Aufgaben ähnlich denen eines Butlers erfüllen, indem sie angeforderte Gegenstände, Lebensmittel oder Medikamente zu einem Patienten bringen.
In Planung befinden sich auch humanoide Assistenzroboter, die bei Visiten Echtzeitdaten abrufen, Besuche dokumentieren und einem Arzt selbstständig folgen. Roboter sollen Fachkräfte entlasten, indem sie etwa Kontrollgänge übernehmen, den Patiententransport selbstständig durchführen oder langfristig gesehen als Assistenzarzt fungieren – sie schaffen so mehr Zeit für den persönlichen Kontakt zwischen Pflegepersonal und Pflegebedürftigen. Die Branche wird ohne Roboter bald nicht mehr auskommen, der Gewinn für Institutionen und die enorme zeitliche und physische Entlastung von Pflegekräften sind unverzichtbar.
Roboter kann menschliche Zuwendung nicht ersetzen
Intelligente Technologien finden immer häufiger ihren Weg in Abläufe von Unternehmen. Zu Recht: Eine Entlastung der Arbeitskräfte ist nachweislich vorhanden. Dennoch scheuen viele vor dem Kollegen Roboter zurück. Nicht nur ungewohnte Technologien, sondern auch die Angst vor dem Einfluss von Robotern auf das alltägliche Leben sind der Grund für die Skepsis. Die Sorge, bald Arbeitsplätze an Maschinen zu verlieren, ist jedoch unbegründet: Vor allem der Pflegesektor kann auf menschliche Zuwendungen nicht verzichten. Robotern fehlen Sensibilität sowie therapeutische Fähigkeiten, um am Patienten zu arbeiten. Auch gesetzliche Vorlagen verbieten die direkte Arbeit am Menschen.
Heute realistisch ist die Einbindung der Roboter für Routineaufgaben wie etwa Reinigung oder Transport von Gütern. Die smarten Helfer leisten somit einen erheblichen Beitrag, um dem Personalmangel in der Pflege entgegenzuwirken: Sie sind in der Lage die Folgen des demografischen Wandels abzuschwächen. Doch nicht nur die Robotik sorgt für Fortschritte in der Pflege, zusammen mit weiteren Digitalisierungsstrategien lässt sich die Forderung „Mehr Hände am Bett“ erfüllen. Das Potenzial des digitalen Wandels ist jedoch noch lange nicht ausgeschöpft und hält auch in Zukunft Optimierungen für die Gesundheitsbranche bereit.
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