Die Gesundheit des Mannes, das ist das Fachgebiet von Dell Lovett, die an der Deakin University im australischen Melbourne forscht. Für ihre neue Studie führte die Wissenschaftlerin Tiefeninterviews mit Pflegekräften und männlichen Patienten durch. „Wir haben herausgefunden, dass viele Krankenpflegekräfte sensible oder persönliche Gesundheitsthemen mit männlichen Patienten ungern besprechen. Männliche Patienten verhalten sich nicht so wie weibliche Patienten – ihre Gesundheitsbedürfnisse sind anders, und die angewandten Pflegemaßnahmen müssen dementsprechend individuell angepasst werden“, erklärt die Forscherin.
Wer will schon als Jammerlappen gelten?
Dabei ist es eigentlich schon toll, wenn sie überhaupt bei einem Arzt vorstellig werden, denn: „Männer müssen sich früher in medizinische Behandlung und Krankenpflege begeben, als sie es momentan tun“, weiß Dell Lovett. „Doch wenn sie dann vorstellig werden, können sie sich nur schwer auf die Gesundheitsexperten einlassen und sehen sich mit standardisiertem Vorgehen konfrontiert“, berichtet sie. Und sagt, dass männliche Patienten die Wichtigkeit der medizinischen Grundversorgung nicht erkennen. Die Tatsache, dass Männer nicht als ´Jammerlappen` angesehen werden wollen, verschlimmere die Situation außerdem. „Kulturell bedingte Männlichkeitsbilder und stoisches Verhalten – insbesondere bei älteren Männern – führen dazu, dass Männer sich der medizinischen Behandlung entziehen.“
„Wird schon“-Mentalität ist lebensverkürzend
„Es gibt kein Land, in dem die Lebenszeit der Männer genauso hoch ist wie die der Frauen, und das hat nicht nur etwas mit den Genen zu tun. Der klassische Australier geht mit einer ‘wird schon werden‘- Mentalität durch das Leben, doch wenn sie sich früher in medizinische Behandlung begeben würden, würden sie länger leben“, sagt die Forscherin.
Verantwortung liegt auch bei den Patienten
Obwohl natürlich ein Teil der Verantwortung bei den Patienten liegt, müssen sich auch die Angestellten im Bereich der medizinischen Erstversorgung neu orientieren, meint die Forscherin: „Männer haben das Recht auf eine zielgerichtetere Behandlung, als das, was momentan noch Standard ist. Dieses Problem betrifft ganz Australien, und es wird Zeit, darüber mehr zu sprechen! Wenn wir es schon mal schaffen, die Männer dazu zu bekommen, sich untersuchen zu lassen, dann müssen die Krankenpflegefachkräfte auch wissen, wie sie mit ihnen umgehen können.“
Das Problem haben wohl nicht nur australische Pflegekräfte. Auch in Deutschland werden viele Partner sagen: Es ist schon ein Erfolg, wenn der Mann überhaupt zum Arzt geht. Leider gibt es in der Studie keine konkreten Tipps für Angehörige, mit welchen Methoden dem beizukommen ist. Einen dickköpfigen Stoiker zu überzeugen, braucht vielleicht wirklich eine extra Ausbildung.