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Fast wie natürliches Stillen

Montagetechnik: Präziser Gewindestift erzeugt das richtige Vakuum in Milchpumpen
Fast wie natürliches Stillen

In Medela-Milchpumpen sorgt ein kleiner Gewindestift beim Abpumpen für ein angenehmes Vakuum für die Mutter. Bei der Herstellung der Pumpaggregate kam es auf die präzise Einschraubung des Gewindestifts an – die Lösung bot die WSM-Automation aus Castrop-Rauxel.

Milchpumpen von Medela ermöglichen Müttern, die nicht direkt stillen können, die Fütterung ihres Kindes mit Muttermilch. Dazu hat der Baarer Medizintechnikhersteller Pumpen entwickelt, die mit der so genannten 2-Phase-Expression-Technologie arbeiten: Auf eine schnelle Stimulationsphase folgt eine langsame Abpumpphase, die das Saugen des Neugeborenen nachahmt. Dafür erzeugt die Pumpe ein Vakuum, und die Mütter können selbst bestimmen , welchen Maximalwert sie als angenehm empfinden. Ein Sicherheitsventil und eine Justierschraube verhindern, dass die Pumpe einen unerwünscht großen Unterdruck aufbaut.

Im Jahr 2013 entschloss sich Medela die bis dahin übliche Handmontage der Pumpaggregate durch eine vollautomatische Anlage zu ersetzen. Zu diesem Zweck wurde der Schweizer Anlagen- und Maschinenspezialist Robomat AG aus Kleindöttingen mit der Entwicklung, Konstruktion und Erstellung eines Montageautomaten beauftragt, der aus acht Einzelteilen das erwähnte Aggregat montiert. Das integrierte Sicherheitsventil besteht im Wesentlichen aus einem Gewindestift oder einer Justierschraube, die in Verbindung mit einer Silikonmembran für den Druckausgleich sorgt. Der Gewindestift drückt mit seiner balligen Stirnseite auf eine Öffnung in der Membran und spannt diese vor. Entsteht ein Unterdruck, der größer ist als die Vorspannkraft der mittels Gewindestift gespannten Silikonmembran, löst sich diese von der Justierschraube, und es kann Luft nachströmen. Während des Montageprozesses ist dieser Stift (M3x8 mit balliger Spitze und einseitig vorhandenem Angriffsmerkmal Innensechskant SW1,5) mit einer Genauigkeit von ± 0,1 mm auf eine frei programmierbare Einschraubtiefe in ein Kunststoffgehäuse einzuschrauben.
Robomat entwickelte für die Montage der Pumpenaggregte eine Rundtaktanlage. Die einzelnen Komponenten werden dazu in Wendelförderer geschüttet und automatisch dem Montageprozess zugeführt. Über entsprechende Module oder Vakuumsysteme werden die Bauteile vereinzelt. Für das Einschrauben des Gewindestifts integrierten die Ingenieure des Maschinenbauers ein vollautomatisches Schraubsystem der WSM-Automation GmbH aus Castrop-Rauxel. „Dabei ging es uns nicht nur um eine funktionierende und präzise Technik“, beschreibt Matthias Hilpert, Projektleiter Konstruktion bei Robomat. „Die Schraubspezialisten haben mit ihrem Know-how und einer anwendungsspezifischen Lösungsfindung überzeugt.“
Die voll- oder halbautomatischen Schraub- und Zuführsysteme von WSM sind wartungs- und anwenderfreundlich, arbeiten je nach Größe und Vorgabe der Schrauben, Muttern oder Stifte auf Anzugsdrehmomente von nahe Null bis 24 Nm, zeichnen sich durch eine hohe Präzision, hohe Abtastraten und hohe Schraubgeschwindigkeiten aus. Sie arbeiten standardmäßig mit einer Tiefensensorik, die eine interne Auflösung von 0,0125 mm aufweist und in 0,1-mm-Schritten programmierbar ist. Das Einhalten einer definierten Einschraubtiefe mit entsprechender Genauigkeit stellte also im Projekt für Medela keine große Schwierigkeit dar.
„Die größten Herausforderungen traten erst während des Entwicklungsprozesses auf. Es waren vor allem die Toleranzen der Bauteile und des Gewindestifts selber, die das präzise Einschrauben erschwerten“, erläutert Hilpert. Zum einen war das die Position des Werkstücks in der Werkstückaufnahme. Trotz hochpräziser Fertigung seitens Robomat kann insbesondere nach Rüst- und Wartungsarbeiten ein Höhenunterschied der Werkstückposition nicht ganz ausgeschlossen werden. Eine weitere Besonderheit liegt darin, dass das einzuhaltende Tiefenmaß von einer Gehäusekante auf die Spitze des Gewindestifts bemaßt ist. Fertigungsbedingt weisen die Bauteile aber gewisse Höhentoleranzen auf. Im Fall des neuen Montageautomaten war es daher nicht ausreichend, das Eindrehwerkzeug beziehungsweise den Bit auf eine immer gleiche Tiefe zu bringen. Für die fest installierte Schraubeinheit kann vielmehr der einzustellende Tiefenabschaltpunkt bei jeder Verschraubung auf einem anderen Höhenniveau liegen. Beide Toleranzen ließen sich dank der Tiefensensorik der WSM-Schraubeinheit eliminieren, da sich diese auf dem Hub des Schraubermundstücks befindet.
Den größten Aufwand verursachten in der exakten Tiefeneinbringung allerdings die Gewindestifte selbst. Michael Menzi, Projekt-Ingenieur bei Medela, erklärt den Hintergrund: „Die Justierschrauben lässt unser Unternehmen nach Zeichnung bei einem Drittanbieter anfertigen. Allerdings sind die Längentoleranzen zum Teil recht groß und könnten auf der Fertigungsseite nur mit einem erheblichen Kostenaufwand abgestellt werden.“ Ohne Berücksichtigung dieser Toleranz würde das System die Schraubtiefe bezogen auf den Kontaktpunkt zwischen Bit-Schulter und Stift-Oberkante ermitteln. Bei unterschiedlich langen Stiften würden damit aber auch die Einschraubtiefen unterschiedlich ausfallen. Ein Problem, das Robomat gemeinsam mit den Schraubspezialisten aus dem Ruhrgebiet lösen konnte. „Die Gewindestifte werden nicht einfach in ein Schraubermundstück geschossen und dann verschraubt, sondern die Einheit führt bei jedem Schraubvorgang ein aktives Messen durch“, führt Projektleiter Hilpert aus. Mit dem neuen Montageautomaten, der seit Anfang 2014 bei Medela in Betrieb ist, konnte das Schweizer Unternehmen seine Herstellungskosten deutlich reduzieren. Ein weiterer Vorteil der neuen Anlage liegt in der-Line-Prüfung der produzierten Teilaggregate. Deren Sollwert erfolgt über eine manuelle Einstelleinrichtung. Bereits während der Montage lässt sich nun überprüfen, ob der angestrebte Vakuumwert eingehalten wird. su
Pyrgula Bakalaki WSM-Automation, Castrop-Rauxel
Weitere Informationen Zum Schraubenspezialisten: www.wsm-automation.de Zum Anlagenbauer: www.robomat.ch Zum Milchpumpenhersteller: www.medela.com
Reduzierte Herstellungskosten und In-Line-Prüfung der Teilaggregate

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