Das globale Bevölkerungswachstum, der zunehmende Anteil älterer Menschen und die weltweit wachsenden Mittelschichten lassen die Nachfrage nach Medizintechnik weiter steigen. Welchen Herausforderungen müssen sich Medtech-Unternehmen in den nächsten Jahren stellen, um weiterhin erfolgreich zu sein? In einem sich global verschärfenden Wettbewerb und angesichts immer kürzerer Entwicklungszyklen heißt es in Zukunft mehr denn je, innovative Produkte und Lösungen schnell auf den Markt zu bringen und als Unternehmen auf allen Ebenen und in alle Richtungen flexibel reagieren zu können. Welche Trends der Medizintechnik 2030 die Branche beschäftigen werden, haben Zukunftsforscher der Futuremanagementgroup AG, Eltville, ermittelt und zusammengefasst.
Inhaltsverzeichnis
1. Mit Big-Data-Lösungen Wettbewerbsvorteile sichern
2. 3D-Druck könnte Engpässe bei Spenderorganen lösen
3. Sensoren verbessern die medizinische Versorgung
4. Selbst kleinste Produkte werden immer smarter
5. Neue Werkstoffe sorgen für verbesserte Produkteigenschaften
Das Internet der Dinge wird ihrer Meinung nach das Gesundheitswesen revolutionieren. Von der umfassenden Vernetzung medizinischer Geräte profitieren Ärzte, Patienten, Angehörige und Pflegepersonal gleichermaßen. Zahlreiche Prozesse können vereinfacht und beschleunigt und die medizinische Versorgung so insgesamt verbessert werden. Die gewonnenen Daten sind zudem eine wichtige Ressource, um die medizinische Forschung deutlich voranzubringen.
Mit Big-Data-Lösungen Wettbewerbsvorteile sichern
Durch den verstärkten Einsatz vernetzter medizinischer Geräte wächst die Menge der verfügbaren Gesundheitsdaten rasant. Big Data Analytics ermöglicht es, auch in unstrukturierten Daten Muster zu erkennen. Die Medizintechnik-Unternehmen können mit Big-Data-Lösungen Wettbewerbsvorteile sichern, Einsparpotenziale generieren und neue Geschäftsfelder erschließen. Patienten profitieren von einer personalisierten Medizin in Diagnose und Therapie auf der Grundlage von Ähnlichkeitsanalysen.
Die Virtualisierung ist die Grundlage für immer realistischere Einblicke in das Körperinnere des Menschen. Fortschritte im Bereich der bildgebenden Verfahren, 3D-Simulationen sowie Virtual- und Augmented-Reality-Anwendungen ermöglichen es unter anderem, bessere Diagnosen zu stellen, Prozesse, Behandlungen und Eingriffe, beispielsweise Operationen, durch Simulation detaillierter zu planen und zu trainieren sowie Patienten Behandlungsschritte verständlicher zu machen.
3D-Druck könnte Engpässe bei Spenderorganen lösen
Der medizinische 3D-Druck wiederum eröffnet der Medizintechnik verschiedenen Anwendungsfelder. Dazu gehören Ausbildung und Training an 3D-gedruckten Modellen, die Herstellung patientenindividueller Prothesen und Implantaten sowie langfristig Bioprinting, das heißt, das Drucken von Blutgefäßen, haut und Organen mithilfe von Stammzellen des Patienten, die in Kulturen vermehrt wurden. Letzteres könnte in 15 bis 20 Jahren Engpässe bei Spenderorganen und zum Beispiel das Problem der Immunabwehr lösen.
Salutogenese fragt nach den Ursachen der guten Gesundheit. Das Interesse an gesundheitsfördernden Lebens- und Verhaltensweisen wächst. Immer mehr Menschen wollen mehr Eigenverantwortung für ihre Gesundheit übernehmen und sind bereit, dafür Geld auszugeben. Damit eröffnet zunehmend auch der zweite Gesundheitsmarkt Unternehmen Chancen, neue Geschäftsfelder zu erschließen. Beispiele: Kontroll-, Coaching-, Kommunikations- und Notrufsysteme, etwa im Bereich Smart Home.
Mensch-Maschine-Schnittstellen der nächsten Generation ermöglichen es Medtech-Unternehmen, sich gegenüber ihren Wettbewerbern zu differenzieren. Trotz zunehmender Komplexität der Systeme kann mit neuen Mensch-Maschine-Schnittstellen eine intuitive Bedienbarkeit und damit auch Sicherheit und Kosteneffizienz in der Anwendung gewährleistet werden. Dazugehörige Softwarelösungen bilden die Basis für maßgeschneiderte (After Sales-) Services und zukünftige Einnahmequellen.
Sensoren verbessern die medizinische Versorgung
Auch Sensoren spielen in der Medizintechnik eine immer wichtigere Rolle. So ermöglicht die Sensorisierung neue Formen der medizinischen Versorgung, etwa im Bereich der Fernüberwachung, wie Telemedizin, Ambient Assisted Living, Body Area Networks und In-Body-Systeme. Neue und immer kleinere Sensoren verbessern zudem die Portabilität, die Präzision sowie die Leistungsfähigkeit und das Leistungsspektrum von medizintechnischen Geräten. Ein weiteres wichtiges Einsatzgebiet ist die Prothetik.
Automatisierung und Robotisierung ermöglichen ebenfalls zahlreiche Anwendungsfelder in der Medizintechnik, von der Montage und Produktion medizintechnischer Geräte selbst über die Automation von Prozessen im medizinischen Sektor, wie Sterilisation, Laboranalysen oder Herstellung von Prothesen, bis hin zum Einsatz von Robotern zur Entlastung von Krankenhaus- und Pflegepersonal. Hochspezialisierte Roboter werden verstärkt auch im OP eingesetzt, insbesondere im Bereich der minimal-invasiven Chirurgie.
Selbst kleinste Produkte werden immer smarter
Digitalisierung und Miniaturisierung sind die Basis für die zunehmende Dematerialisierung medizintechnischer Geräte. Sogenannte Embedded Systems machen selbst kleinste Produkte ‚smart‘ und ermöglichen völlig neue Anwendungsfelder, etwa hochportable Geräte für Gebiete mit schlechter medizinischer Infrastruktur. Mit kostengünstigen Geräten, mit denen sich eine wachsende Zahl gesundheitsbezogener Tests auch zu Hause durchführen lässt, können Medtech-Unternehmen auch den Massenmarkt erschließen.
Die zunehmende Dematerialisierung medizintechnischer Geräte ermöglicht wiederum Modelle, sogenannte Wearables und Implantables, die von Patienten und Gesundheitsorientierten zeitweise oder dauerhaft am oder im Körper getragen werden können. Beispiele sind Kontaktlinsen, die den Blutzuckerspiegel messen, smarte Textilien, die Vitalparameter überwachen, und implantierbare Chips, die die Medikamenteneinnahme kontrollieren oder selbst Substanzen abgeben, etwa empfängnisverhütende Hormone.
Neue Werkstoffe sorgen für verbesserte Produkteigenschaften
Werkstoff-Innovationen bilden die Grundlage für die nächste Generation medizintechnischer Geräte mit neuen oder verbesserten Eigenschaften unter anderem hinsichtlich Beständigkeit, Stabilität, Biokompatibilität, Hygiene, Verformbarkeit, Rohstoffverbrauch oder Recyclingfähigkeit. Beispiele sind carbonfaserverstärkte Werkstoffe in der Prothetik, Magnesium als Material für Implantate, innovative technische Textilien oder nanotechnologische Verfahren zur Strukturierung und Beschichtung von Oberflächen.
Eine stärkere Individualisierung in der Medizin soll die Patientenversorgung verbessern und die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems ausbauen. Medizintechnische Lösungen sind individualisierte Prothesen und Implantate (zum Beispiel durch 3D-Druck) oder elektronische Tabletten, die Wirkstoffe gezielt und abgestimmt auf den Echtzeitzustand des Patienten im Körper freisetzen. Die Individualisierung der Medizintechnik geht einher mit der Notwendigkeit zur Bewältigung erheblicher Datenmengen.
Quelle: Futuremanagementgroup