Paare haben ein höheres Körpergewicht als Singles – und zwar für jede einzelne beteiligte Person gerechnet, ganz gleich, ob das Paar mit oder ohne Trauschein zusammenlebt. Anders als bisher oft vermutet, ist es aber weniger die Eheschließung, als vielmehr das erste Zusammenziehen, dass zu der Gewichtszunahme führt. So nehmen Paare nach dem Zusammenziehen etwa doppelt so viel zu wie Paare in den ersten vier Ehejahren. Dieser Effekt bleibt bestehen, auch wenn man wichtige Einflüsse wie Alter, Kinderkriegen, Sport, Rauchen, Gesundheitszustand oder Stress herausrechnet.
„Das heißt, dass diese Gewichtszunahme vor allem mit der Beziehungsveränderung zusammenhängt“, sagt Ralph Hertwig, Ko-Autor der Studie und Direktor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung. Denn eine Änderung des Beziehungsstatus bedeute oft auch eine Änderung der alltäglichen Essgewohnheiten – zum Beispiel gemeinsames Frühstücken, das allein vielleicht nicht stattgefunden hätte oder bescheidener ausgefallen wäre. „In Gesellschaft isst man in der Regel mehr und nimmt somit mehr Kalorien zu sich.“
Trennung macht schlanker, Scheidung dicker
Trennen sich Paare, so sinkt der Body-Mass-Index (BMI) – der das Körpergewicht eines Menschen in Relation zu seiner Körpergröße setzt – bei Frauen und Männern hingegen wieder weitestgehend auf den Wert vor dem Zusammenziehen. Das entspricht der Vorhersage der so genannten Heiratsmarkthypothese, wonach sich Menschen auf Partnersuche um ein niedrigeres Körpergewicht bemühen, da dies mit mehr Attraktivität verbunden wird.
Interessanterweise nehmen beide Geschlechter aber bei Scheidungen, die auf Trennungen folgen, am meisten zu. Eine mögliche Erklärung dazu ist, dass viele Menschen – vor allem Männer – bei der Scheidung wieder in einer neuen Beziehung sind.
Lebensverhältnisse wichtig für Prävention
„Mit Blick auf die Gewichtszunahme sind Zusammenziehen und Scheidung wichtige Zeitfenster für Prävention“, sagt Jutta Mata, Professorin für Gesundheitspsychologie an der Universität Mannheim und assoziierte Wissenschaftlerin am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung. Bisher seien soziale Einflüsse – zu denen auch Beziehungsveränderungen zählen – in der Entstehung von Übergewicht kaum beachtet worden. Stattdessen wurden vor allem individuelle Faktoren wie Wissen oder Willensstärke diskutiert. „Dabei zeigen unsere Ergebnisse, dass ein unverheirateter Mann, der vor dem Zusammenziehen leicht übergewichtig ist, im Durchschnitt etwa 7,5 Kilogramm zunimmt, nachdem er je mindestens vier Jahren ohne Trauschein zusammengelebt hat, verheiratet, getrennt und geschieden war.“ Dadurch erhöhe er sein allgemeines Sterblichkeitsrisiko um bis zu 13 Prozent.
Und was lernen wir daraus? Vielleicht: Sich auch nach dem Zusammenziehen mehr um sich selbst und den Partner zu bemühen. Oder für alle, für die dies zu anstrengend erscheint, der Trost: Paare leben trotz alledem in der Regel gesünder und länger als Singles.
http://psycnet.apa.org/doiLanding?doi=10.1037%2Fhea0000654
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