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Smarte Pflaster aus dem 3D-Drucker

3D-Druck
Smartes Pflaster aus dem 3D-Drucker hilft, chronische Wunden zu heilen

Smartes Pflaster aus dem 3D-Drucker hilft, chronische Wunden zu heilen
Das Pflaster wird im 3D-Drucker passgenau hergestellt und durch grünes Licht aktiviert (Bild: Leonard Siebert)
Ein individuell aktivierbares Hydrogelpflaster haben Forscher aus den Bereichen Materialwissenschaft und Medizin gemeinsam entwickelt. Es wird in speziellen 3D-Druckern hergestellt, lässt sich über Licht steuern und kann Bakterienwachstum über Proteine unterbinden.

Durchblutungsstörungen, eine Diabetes-Erkrankung oder langes Liegen auf derselben Stelle können zu chronischen Wunden führen, die auch nach Wochen nicht abheilen. Behandlungsmöglichkeiten gibt es dafür kaum. Ein Wundpflaster mit heilungsfördernden Funktionen, die patientenspezifisch angepasst werden können, hat allerdings nun ein internationales Forscherteam entwickelt. Das per 3D-Druck hergestellte Pflaster wirkt nicht nur antibakteriell, sondern versorgt die Wunde auch mit Sauerstoff sowie Feuchtigkeit und unterstützt die Bildung von neuem Gewebe. Aktiviert und gesteuert wird das Ganze durch die Bestrahlung mit speziellem Licht.

Beteiligt an diesem Projekt waren Forschende aus den Bereichen Materialwissenschaft der Christian-Albrechts-Universität in Kiel (CAU). Die medizinische Seite vertraten das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), die US-amerikanische Harvard Medical School und die Dankook University, Südkorea.

Hydrogel als Basis für das Pflaster

Basis des neu entwickelten Pflasters ist ein medizinisches Hydrogel. Durch seinen hohen Wassergehalt von 90 % und vergleichsweise große Zwischenräumen auf der Mikroskala kann das Pflaster chronische trockene Wunden sehr gut versorgen. Wichtigster Bestandteil sind jedoch antibakteriell wirkende Zinkoxid-Mikropartikel, die auf Licht reagieren und die die Kieler Materialforscher  entwickelt haben. Gemeinsam mit einem Team des Brigham and Women’s Hospitals der Harvard Medical School fanden sie einen Weg, um auf den Mikropartikeln spezielle Proteine aufzubringen. Zellschonendes grünes Licht aktiviert die Proteine, so dass diese die Bildung neuer Blutgefäße anregen. Durch die verbesserte Durchblutung entsteht neues Gewebe, und die Wunde kann sich schließen.

„Indem wir die Wirkung des Pflasters mit Licht steuern, können wir den Verlauf und die Dosierung der Therapie an die individuellen Bedürfnisse von Patientinnen und Patienten anpassen“, sagt Rainer Adelung. Er ist Professor für Funktionale Nanomaterialien am Institut für Materialwissenschaft der CAU und Sprecher des Graduiertenkollegs „Materials for Brain“.

Ein Material, das selbstständig auf äußere Reize reagiert und darüber kontrolliert werden kann, bezeichnen die Forscher als ‚smart‘. Ähnlich funktionierende Hydrogelpflaster, die ebenfalls gezielt aktiviert werden können, existieren bereits – sie entfalten ihre therapeutische Wirkung allerdings durch Wärme oder elektrische Signale. „Diese Konzepte haben jedoch den Nachteil, dass sich dabei auch die Wunde erwärmt und Hydrogele sich zu zersetzen beginnen“, erklärt Adelung.

Klinik könnte Pflaster selbst im 3D-Drucker herstellen

Das Forschungsteam hofft, dass Kliniken sein multifunktionales, steuerbares Pflaster langfristig selbst im 3D-Drucker herstellen und mit sehr hellen, grünen LEDs direkt an den Patientinnen und Patienten aktivieren können. „Per 3D-Druck lässt sich sowohl die Form des Pflasters als auch die Konzentration der Zinkoxidpartikel und die Proteinsorte individuell anpassen“, sagt Dr. Leonard Siebert, der an der CAU gerade seine Promotion zu innovativen 3D-Druck-Methoden abgeschlossen hat.

Während eines mehrmonatigen Forschungsaufenthalts an der renommierten Harvard Medical School in Boston arbeitete der Materialwissenschaftler in der Arbeitsgruppe von Professorin Su Ryon Shin, die medizinische Hydrogele mit speziellen Bio-3D-Druckern herstellt. „Unsere Partikel haben eine Tetrapodenform, sie bestehen also aus mehreren ‚Armen‘. Dadurch lassen sich zwar besonders viele unserer wichtigen Proteine auf ihnen anbringen, aber sie passen nicht durch herkömmliche Druckerdüsen“, beschreibt Siebert eine der Herausforderungen des Ansatzes. In Boston entwickelte er schließlich eine Methode, um die Zinkoxidpartikel aus seiner Kieler Arbeitsgruppe zusammen mit den Hydrogelen zu drucken.

In Zusammenarbeit mit Prof. Helmut Fickenscher, Infektionsmediziner an der CAU und am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), und seinem Team wurde die antibakterielle Wirkung des Pflasters getestet: Für 72 Stunden lag es auf einem Bakterienteppich. In einem Umkreis von mehreren Millimetern um das Pflaster breiteten sich die Bakterien nicht weiter aus. Für die Tests haben die Forscher zwei typische Wundkeime verwendet, die sich in ihrem Aufbau grundlegend unterscheiden: Staphylococcus aureus und Pseudomonas aeruginosa. „Das Pflaster zeigte bei beiden Grundtypen eine therapeutische Wirkung, was auf einen universalen Effekt schließen lässt”, fasst Dr. Gregor Maschkowitz, medizinischer Fachmikrobiologe am UKSH, zusammen.

Tests mit dem Pflaster zeigen gute Verträglichkeit

Weitere Tests an Lebendmodellen wurden am NBM Global Research Center for Regenerative Medicine der Dankook University, Südkorea, durchgeführt. Erste Ergebnisse weisen auch hier auf eine gute Verträglichkeit des Pflasters und eine verbessere Wundheilung hin.

„Dieses Pflaster ist ein spannendes Konzept für die personalisierte Medizin“, sagt Prof. Fickenscher. Damit ließen sich Menschen mit auf sie zugeschnittenen Therapien möglichst gezielt, effektiv und schonend behandeln. Das Projekt sei ein konkretes Beispiel für das vielversprechende Potenzial der Zusammenarbeit von Medizin und Materialwissenschaft.

Nachdem die ersten Tests gezeigt haben, dass das Konzept grundsätzlich funktioniert, wollen die Forschenden jetzt die Steuerung per Licht weiter verbessern, um Patienten künftig eine effektivere personalisierte Wundbehandlung anbieten zu können. (op)

www.kinsis.uni-kiel.de/de

Kontakt zu den Wissenschaftlern:
Prof. Rainer Adelung
Arbeitsgruppe Funktionale Nanomaterialien, Institut für Materialwissenschaft
E-Mail: ra@tf.uni-kiel.de

Dr.-Ing. Leonard Siebert
Arbeitsgruppe Funktionale Nanomaterialien
E-Mail: lesi@tf.uni-kiel.de

Prof. Dr. med. Helmut Fickenscher
Institut für Infektionsmedizin
E-Mail: fickenscher@infmed.uni-kiel.de

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