Wie funktioniert ein MRT? Und wozu brauchen Mediziner die Daten? Magnetresonanztomographen (MRT) spielen in der medizinischen Bildgebung ein wachsende Rolle. Nicht zuletzt, weil es in Sachen Auflösung und Aufnahmegeschwindigkeit zuletzt große Fortschritte gegeben hat – was den Patienten freut, der der Enge rasch wieder entkommen möchte. Inzwischen sind MRT das Mittel der Wahl, wenn es darum geht, weiche Gewebe hochaufgelöst abzubilden
Beim Begriff Elektronen- und Kernspins denken wohl viele Menschen unweigerlich an komplexe Physik, an etwas, das fern unseres Alltags liegt. Doch weit gefehlt: Kernspins sind die Grundlage, auf der alle modernen Magnetresonanztomographen arbeiten – eines der wichtigsten modernen Bildgebungsverfahren überhaupt. Und es ist faszinierend, dass es Wissenschaftlern und Ingenieuren gelungen ist, das 1921 entdeckte, eher abstrakte Phänomen des Spins überhaupt nutzbar zu machen.
1983 kam der erste Magnetresonanztomograph (MRT) auf den Markt – und lieferte für heutige Verhältnisse noch recht unscharfe Aufnahmen. Anfangs nutzte man dieses teure und recht exklusive Verfahren vor allem für Untersuchungen am Kopf und an der Wirbelsäule. Doch in den vergangenen zehn bis 15 Jahren haben sich die Maschinen endgültig im medizinischen Alltag etabliert.
Anders als Röntgengeräte und Computertomographen (CT), die vor allem feste Strukturen wie beispielsweise Knochen gut abbilden, sind MRT gut darin, Weichteilkontraste darzustellen – Gelenke, Knorpel oder auch Herzklappen. Wer einen Bandscheibenvorfall hat, bei dem der weiche Kern der Bandscheibe aus der Wirbelsäule austritt, bekommt daher heute in der Regel zuallererst einen MRT-Termin.
Kippende Wasserstoffatome sind der Kern der MRT-Bilder
Als Spin wird die natürliche Rotationsbewegung mancher Atome um ihre eigene Achse bezeichnet. Der Spin bewirkt, dass diese Atome leicht magnetisch sind. Und das macht man sich bei Magnetresonanztomographen zunutze, die mit sehr starken Magneten ausgestattet sind.
Im Körper des Menschen spielt vor allem die Magnetisierung von Wasserstoffatomkernen eine Rolle, die in verschiedenen Geweben in unterschiedlichen Mengen vorhanden sind. Um ein Bild zu erzeugen, werden die Wasserstoffatomkerne zunächst durch das starke Magnetfeld eines MRT wie kleine Kompassnadeln ausgerichtet. Dann versetzt man die Wasserstoffatome in Bewegung: Die Wasserstoffatome werden dazu mit einer stark schwingenden Radiowelle, einer so genannten elektromagnetischen Welle, angeregt, die ebenfalls magnetische Eigenschaften hat. Dabei geraten die Atome, wie ein Brummkreisel, dem man einen Stoß versetzt hat, ins Trudeln. Schaltet man die Radiowelle ab, kippen die Wasserstoffatome wieder in ihre ursprüngliche Position; so wie ein Brummkreisel, der sich wieder aufrichtet. Dabei wird Energie frei, die vom MRT wahrgenommen wird.
Wasserstoffatome in verschiedenen Geweben kippen unterschiedlich schnell in ihre Ausgangsposition zurück. Experten nennen dieses Zurückkippen „Relaxation“. Anhand der Zeitdifferenz, der verschiedenen Relaxationszeiten, kann das MRT verschiedene Gewebe unterscheiden.
MRT-Darstellungen: Immer schneller und schärfer
In den vergangenen zehn bis 15 Jahren bestand das Ziel der MRT-Hersteller vor allem darin, die Bildauflösung zu erhöhen und beim Erzeugen der Bilder immer schneller zu werden. Denn um Bilder zu generieren, werden die Radiowellen immer wieder an- und abgeschaltet und die Magnetfelder neu ausgerichtet. Das kostet Zeit, doch nur so kann ein dreidimensionales Bild entstehen.
Die Geräte wurden immer weiter verbessert: die Schaltzeiten der Magnetfelder und der Radiowellen verkürzt und die Stärke der Magneten erhöht. Anfangs hatten die Magnetfelder eine Stärke von 1,5 Tesla, heute sind 3 Tesla Standard. Stärkere Magnetfelder führen dazu, dass Atome stärker magnetisiert werden, wodurch die Bildqualität letztlich verbessert wird.
Seit wenigen Jahren sind Geräte mit 7 Tesla verfügbar
Seit etwa fünf Jahren sind erste 7-Tesla-Geräte auf dem Markt, die lange nur in Forschungsreinrichtungen betrieben wurden. Diese Magnetfelder sind gewaltig und verleihen der Bildqualität einen weiteren Schub. 7 Tesla, das ist mehr als 140.000mal stärker als das Erdmagnetfeld. In den Untersuchungsräumen darf sich kein magnetischer Gegenstand befinden – kein Metall, kein Kugelschreiber, alles in der näheren Umgebung würde von dem mehrere Tonnen schweren Gerät angezogen und mit Wucht durch den Raum schießen.
Auch müssen die Magnete stark gekühlt werden, damit sie sich beim Schalten nicht überhitzen. Meist wird dafür tiefkaltes und verflüssigtes Helium verwendet, das in einem speziellen, stark isolierten Kühlkreislauf durch die Anlage strömt. „Überhaupt hat sich bei der Entwicklung der MRT-Technologie in den vergangenen zehn Jahren viel getan – sie sind schneller und bieten viel mehr Funktionalitäten“, sagt Felix Breuer, Experte für Magnetresonanz- und Röntgenbildgebung am Entwicklungszentrum Röntgentechnik der Fraunhofer-Gesellschaft. „Natürlich sind Computertomographen, die mit Röntgentechnik arbeiten, schneller, billiger und einfacher zu warten – und werden bei vielen Untersuchungen zuallererst eingesetzt. Inzwischen aber sind MRT soweit etabliert, dass man in manchen Fällen gleich darauf zurückgreift – etwa bei der Untersuchung von Gelenken und Knorpel.“
Spezielle Anwendungen machen MRT interessant
Schon die etablierten 3-Tesla-Geräte leisten heute Beachtliches. Inzwischen können Strukturen von nur einem Millimeter Länge dargestellt werden. Auch können Experten dank der unterschiedlichen Relaxationszeiten gesundes Gewebe von Tumoren unterscheiden. „Zur besseren Bildqualität trägt auch bei, dass MRT heute mit mehreren Empfängern ausgestattet sind, die in dem Gerät um den Patienten herum angebracht sind“, sagt Prof. Herbert Köstler, Physiker und Leiter der Experimentellen Radiologie am Universitätsklinikum Würzburg. „Messsignale lassen sich dadurch besser orten, was die Messung schneller macht und die Auflösung erhöht.“
So kommen bei MRT-Geräten für Kopfuntersuchungen bis zu 96 kleine Spulen und Empfänger zum Einsatz, die eng am Kopf anliegen. Damit sind interessante neue Anwendungen möglich; beispielsweise ein genaue Darstellung des Blutflusses, ohne dem Patienten Kontrastmittel geben zu müssen – wie zum Beispiel bei der Computertomographie.
Mit dem MRT können gezielt Wasserstoffkerne im fließenden Blut angeregt werden – etwa beim Durchfließen der Halsschlagadern. Während das Blut weiterfließt und sich in den Blutgefäßen des Kopfes verteilt, werden im MRT jetzt all jene Blutgefäße sichtbar, in die das Blut mit den angeregten Atomkernen geflossen ist. „Arterial spin labelling“ nennt man diese Methode, also eine Markierung des arteriellen Bluts mithilfe einer Spin-Anregung. Damit lassen sich bei einem Schlaganfall unter anderem verschlossene Blutgefäße darstellen.
Nervengewebe im MRT sichtbar machen
Und es sind sogar noch detailliertere Aufnahmen möglich – etwa die Darstellung von Nervenbahnen im Gehirn. Zwar werden Nervenbahnen nicht wie Adern durchflossen. Dennoch bewegt sich in ihrem Inneren Flüssigkeit durch Diffusion, also eine gemächliche Ausbreitung entlang der Faser. „Diese durch die Nervenbahnen diffundierenden Atome können mit MRT sichtbar gemacht werden und lassen sich so vom umgebenen Gewebe abgrenzen,“, sagt Fraunhofer-Forscher Felix Breuer. Diffusions-Tensor-Bildgebung heißt dieses Verfahren, mit dem sich verschiedene Erkrankungen diagnostizieren und erforschen lassen – darunter Multiple Sklerose, Epilepsie oder auch Alzheimer. Betroffene Hirnareale werden sichtbar.
Datenkomprimierung während der Aufnahme
Wer schon einmal eine MRT-Untersuchung erlebt hat, weiß, dass man auch heute zwischen mehreren Minuten und einer halben Stunde in der engen Röhre des Gerätes liegen muss; und dass das Schalten der Magnetfelder und Hochfrequenzspulen gehörig Lärm macht. Ein Ziel der Hersteller ist es daher nach wie vor, die Untersuchungen schneller zu machen. Dazu wurde in den vergangenen Jahren die Methode des „Compressed Sensing“ eingeführt, die sich ein wenig mit der Komprimierung von Fotodateien auf dem Computer vergleichen lässt.
In beiden Fällen ist die Idee dieselbe: Wozu riesige Bilddateien mit vielen tausend Pixeln speichern, wenn dem Menschen doch bereits ein weniger aufgelöstes Bild gestochen scharf erscheint? Doch während man Fotos erst nach der Aufnahme komprimiert, wird die Bildinformation beim Compressed Sensing bereits während der Aufnahme reduziert. Dafür kommen intelligente Algorithmen zum Einsatz, die die Information so verrechnen, dass man am Ende mit weniger Hochfrequenzanregungen auskommt und Zeit spart. Vor etwa zehn Jahren begann die Entwicklung des Compressed Sensing. Nun sind erste Geräte auf dem Markt, die diese Technik an Bord haben.
Entwicklungsschub durch Algorithmen
Überhaupt sind Algorithmen bei der MRT-Bildgebung heute von enormer Bedeutung. Auch neue Algorithmen, mit denen Magnetfelder und Hochfrequenzpulse gesteuert werden, tragen dazu bei, dass die Bilder immer schärfer und zugleich schneller geschossen werden. Nicht zuletzt, um die Patienten zu entlasten.
Überhaupt ist die Steuerung der Hochfrequenzpulse eine Kunst für sich: Sie müssen richtig dosiert, fokussiert und zeitlich abgestimmt werden, damit sich die kleinen Energiemengen, die bei der Relaxation frei werden, überhaupt wahrnehmen und lokalisieren lassen. Nur dann kann ein Bild entstehen. Auch werden aktuell Algorithmen entwickelt, die bei einer Untersuchung die Bewegungen der Patienten rechnerisch ausgleichen. Denn durch die Atmung oder den Herzschlag verändert sich die Lage von Organen während der Untersuchung. Die neuen Algorithmen werden solche Abweichungen erkennen und kompensieren.
Und auch Big-Data spiele eine Rolle beim Thema Algorithmen und MRT, sagt Felix Breuer. „MRT-Aufnahmen lassen sich heute mit Bildern abgleichen, die in großen Tumordatenbanken gespeichert sind. Dies kann Ärzte bei der sicheren Befundung von Krankheitsbildern unterstützen.“ Die Entwicklung geht also immer weiter – eine Entwicklung, die man sich im Jahr 1921 sicher nicht im Entferntesten hätte vorstellen können.
Ansprechpartner für diesen Artikel zum Thema Magentresonanztomographie (MRT):
Die Abteilung Magnetresonanz- und Röntgen-Bildgebung des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS ist Teil des Institutsbereichs Entwicklungszentrum Röntgentechnik EZRT und liegt auf dem Campus Hubland Süd der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.
Fraunhofer IIS, Abteilung Magentresonanz- und Rötngenbildgebung
Am Hubland
97074 Würzburg
www.iis.fraunhofer.de/de/ff/zfp.html
Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS
Am Wolfsmantel 33
91058 Erlangen
Telefon +49 9131 776–0
Fraunhofer IIS
Entwicklungszentrum Röntgentechnik EZRT
Flugplatzstraße 75
90768 Fürth
Die Abteilung für Experimentelle Radiologie des Universitätsklinikums Würzburg betreibt interdisziplinäre Forschung und Entwicklung bildgebender Verfahren am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie.
Experimentelle Radiologie
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