Nickeltitanlegierungen werden in zunehmendem Maß für kardiovaskuläre Implantate verwendet. Wieviel Nickel diese auf lange Sicht an den Körper abgeben, haben Jenaer Forscher untersucht.
Etwa jeder zehnte Deutsche reagiert auf Hautkontakt mit Nickel allergisch. Daher haben Wissenschaftler vom Lehrstuhl für Metallische Werkstoffe der Friedrich-Schiller-Universität Jena die Frage nach der Sicherheit von Implantaten im medizinischen Bereich gestellt: Denn in Folge von Korrosion setzen Nickeltitanlegierungen, die in zunehmendem Maße als kardiovaskuläre Implantate bei minimal-invasiven Eingriffen eingesetzt werden, geringe Mengen an Nickel frei. Vor allem über lange Zeiträume könnte es zu einer Nickelbelastung im Körper des Patienten kommen, die unter Umständen gesundheitliche Probleme nach sich zieht – so zumindest lauteten bisherige Befürchtungen.
Doch nach Untersuchungen des Forscherteams um Prof. Markus Rettenmayr ist die Nickelfreisetzung aus Drähten einer Nickeltitanlegierung auch über längere Zeiträume sehr gering. Belegt haben die Forscher diese Aussage mit der ersten Langzeitstudie, die eine solche Freisetzung detailliert untersucht hat: Statt für die Dauer der gesetzlich vorgeschriebenen Testphase für implantierbare Medizinprodukte von wenigen Tagen wurde das Auswaschverhalten von Nickel über einen Zeitraum von acht Monaten untersucht.
Das Testobjekt waren feine Drähte aus einer superelastischen Nickeltitanlegierung, wie sie zum Beispiel für Okkluder – medizinische Implantate zur Behebung von Defekten der Herzscheidewand – verwendet werden. Ein Okkluder besteht aus zwei drahtgeflochtenen Schirmchen, die etwa die Größe einer Ein-Euro-Münze haben. Er lässt sich mechanisch zu einem dünnen Strang ziehen, der in einem Herzkatheter Platz findet. So lassen sich Okkluder über minimal-invasive OP-Verfahren platzieren, und im Idealfall trägt der Patient das Implantat anschließend über viele Jahre im Körper.
Um zu testen, was in dieser Zeit mit dem Nickeltitandraht passiert, haben die Forscher Drähte nach unterschiedlicher mechanischer und thermischer Beanspruchung in hochreines Wasser gelegt und das frei werdende Nickel nach definierten Zeitintervallen bestimmt. Die Konzentration des Metalls bewegte sich dabei häufig im Bereich der Nachweisgrenze. In Kooperation mit Forschern des Instituts für Klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik des Uniklinikums Jena wurde jedoch eine verlässliche Testroutine entwickelt.
Vor allem in den ersten Tagen und Wochen wurden demnach nennenswerte Mengen an Nickel frei. Das ist nach Einschätzung der Forscher vor allem auf die mechanische Beanspruchung des Implantats während der OP zurückzuführen, welche die dünne Oxidschicht an der Drahtoberfläche beschädige. Auf lange Sicht aber bewegt sich die frei werdende Nickelmenge im Bereich weniger Nanogramm pro Tag und liegt damit weit unterhalb der Menge, die Menschen tagtäglich über die Nahrung zu sich nehmen.
Weitere Informationen Die Ergebnisse zur Nickelfreisetzung wurden in der Fachzeitschrift Acta Biomaterialia veröffentlicht (Acta Biomaterialia (2014), doi: 10.1016/j.actbio.2014.01.003 Zur Forschergruppe am Otto-Schott-Institut für Materialforschung: www.osim.uni-jena.de/
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