Bei der Christoph Miethke GmbH & Co. KG in Potsdam, die Shuntsysteme für die Hydrocephalus-Behandlung herstellt, sollte ein optimierter dünnwandiger Ventildeckel aus Titan für das Ventil Progav 2.0 gefertigt werden. Willi Engel, der bei Miethke für die Zerspanung zuständig ist, kennt die Herausforderungen, die sich dabei ergeben: „Die Schwierigkeit stellt sich bei der Bearbeitung von Titan immer in der Abführung der Wärme sowie bei der Kontrolle der Späne.“ Dabei müssen die Ventildeckel für die Implantate strengen Kriterien entsprechen: Das betrifft sowohl die Oberflächenbeschaffenheit als auch die Gratfreiheit des Bauteils.
Geeignete Werkzeuge für die Bearbeitungsaufgaben am Ventildeckel bot das System Supermini des Typs 105, das vom Werkzeugspezialisten Paul Horn GmbH aus Tübingen entwickelt wurde. Dazu gehören ein Werkzeug für die Axialeinstiche und zum anderen ein Sonderwerkzeug zum Schlichten der Deckelpassung. „Für die schmale Passung am Deckel mit einer Länge von 0,5 Millimeter mussten wir das Supermini-Werkzeug mit einem Eckenradius von 0,05 Millimeter auslegen“, sagt der Horn-Techniker Christian Gries.
Die Standzeit des Werkzeugs konnten die erfahrenen Kollegen von Willi Engel von ursprünglich 1.000 auf nun 2.000 Bauteile verdoppeln: Das gelang durch das Optimieren der Verfahrwege durch ein CAM-System. „Wir haben die richtigen Wege gefunden, um die Leistung der Schneidplatten optimal zu nutzen“, erzählt Engel. Der Aufwand dafür lohnte sich, denn der Ventildeckel wird bei Miethke in hohen Stückzahlen von mehreren 10.000 Stück im Jahr hergestellt.
Titanboden verhindert das Durchstechen mit der Kanüle
Das Supermini System Typ 105 bewährt sich bei Christoph Miethke aber nicht nur für die Ventildeckel. Zusätzlich zum Shuntsystem kann eine (pädiatrische) Vorkammer implantiert und auf der Schädeldecke positioniert werden. Eine solche Vorkammer ermöglicht Druckkontrolle, Liquorentnahme und Medikamentenapplikation durch die Punktion einer Silikonmembran mit einer Kanüle. Ein Titanboden verhindert dabei das Durchstechen mit einer Kanüle. Auch dieses metallische Bauteil wird mittels des Supermini-Systems Typ 105 hergestellt.
Eine Prozessoptimierung stand auch für ein Teil an, das bei Miethke in ähnlich großen Stückzahlen wie der Ventildeckel fürs Shuntsystem hergestellt wird: die Schlauchtüllen für Reservoire, an denen im Einsatz Silikon-Schläuche befestigt werden. Die Form der Tülle wurde in der Fertigung bisher kopiert. Um eine gute Formtreue zu erreichen und den hohen Zeitbedarf für das Rüsten und die Bearbeitung zu verbessern, schlug der Fachmann von Horn vor, das Kopieren durch den Einsatz einer profilierten dreischneidigen Wendeschneidplatte des Typs S32T zu ersetzen. „Das Stechen der Form sowie der gleichzeitige Abstich der Tülle können auf diese Weise in einem Arbeitsgang erledigt werden“, so Christian Gries.
Diese Änderung in der Bearbeitung umzusetzen, nahm sechs Wochen in Anspruch. Schon die ersten Tests der präzisionsgeschliffenen Wendeschneidplatte verliefen positiv. Jedoch entstand beim Abstich ein kleiner Grat – der wiederum durch das Optimieren des Schneidenprofils und die Verlängerung der Schleppschneide in den Griff zu bekommen war. „Wir haben zwei Varianten des Sonderwerkzeuges innerhalb von sechs Wochen geliefert. Das Horn-Greenline-System ermöglicht es uns, so schnell zu reagieren“, erzählt Gries. Auch Willi Engel ist mit der Umsetzung zufrieden: „Durch die Umstellung sparen wir jetzt rund 20 Sekunden pro Bauteil ein, konnten die Standzeit pro Schneide auf 1.500 Tüllen steigern und sparen noch dazu die Rüstzeiten.“ Die Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen Christoph Miethke und Horn bewertet Willi Engel positiv: „Es wird seitens Horn immer versucht, vieles möglich zu machen. Auch wenn mal etwas nicht klappt, finde ich den Einsatz für das Projekt richtig super.“
Weitere Informationen
Die 1992 gegründete Christoph Miethke GmbH & Co. KG stellt Produkte für die Behandlung von Hydrocephalus-Patienten her und beschäftigt heute 220 Mitarbeiter an vier Standorten in Potsdam. Mit dem Vertriebspartner B. Braun Aesculap agiert Miethke weltweit.
(Bild:Christoph Miethke)
Hydrocephalus-Therapie
Jeden Tag produziert der Körper eines Erwachsenen rund 500 ml neues Hirnwasser, Liquor genannt. Es zirkuliert in vier verbundenen Hirnkammern, den Ventrikeln, schützt und umspült das Gehirn und versorgt es mit Nährstoffen. Da die Kammern etwa 120 ml Hirnwasser aufnehmen können und weitere etwa 30 ml Hirnwasser im äußeren Liquorraum zirkulieren, wird es sozusagen drei Mal jeden Tag ausgetauscht – das venöse Blutsystem nimmt auf, was übrig ist. Bei Gesunden sind Produktion und Resorption im Gleichgewicht. Bei Patienten, die an einem Hydrocephalus leiten, wird mehr Liquor produziert als aufgenommen werden kann. Als Folge vergrößern sich die Hirnkammern, der Hirndruck steigt. Neurochirurgische Implantate, so genannte Shuntsysteme, bestehen aus einem Ventil, das hilft, den Hirninnendruck zu regulieren, und Kathetern, durch die das überschüssige Hirnwasser abgeführt wird.
Um ein Shuntsystem zu implantieren, genügen einige kleine Schnitte – nur der Ventrikelkatheter muss bis in die Ventrikel und das Ende des ableitenden Katheters in den Bauchraum oder über eine der Halsvenen in den rechten Herzvorhof vorgeschoben werden. Das Ventil kann an verschiedenen Stellen platziert werden.
Kontakt zum Hersteller des Werkzeugs:
Hartmetall-Werkzeugfabrik Paul Horn GmbH
Horn-Straße 1
D-72072 Tübingen
Tel.: +49–(0)7071–7004–0
E-Mail: info@PHorn.de
www.PHorn.de