Herr Bodenmüller, wie wichtig sind nachhaltige Verpackungen bei Südpack?
Wir beschäftigen uns mit dem Thema schon seit längerem und haben nach Möglichkeiten gesucht, die von uns verwendeten Kunststoffe in den Kreislauf zurückzuführen. Da wir oft Verpackungen herstellen, mit denen Schutzziele für die Lebensmittel-, aber auch die Pharma- und Medizintechnik-Branche erreicht werden müssen, sind die Folien mit Funktionsschichten ausgestattet. Leider eignen sich diese Verbundmaterialien nicht immer für das mechanische Recycling. Wir wollten in Sachen Nachhaltigkeit aber mehr tun als Kunststoff möglichst sparsam zu verwenden. Unsere Nachhaltigkeits-Roadmap sieht daher unterschiedliche Ansätze vor, die wir mit Investitionen und entsprechenden Technologien vorantreiben. Und es zeigt sich derzeit, dass dieser Weg richtig ist, denn die Nachfrage nach solchen Verpackungslösungen steigt deutlich.
Worauf führen Sie das wachsende Interesse zurück?
Es macht sich bemerkbar, dass Unternehmen ihre Nachhaltigkeit häufiger belegen müssen – zum Beispiel gegenüber Finanzierungspartnern. Dies ist allerdings nicht der alleinige Treiber dieser Entwicklung. Weitere Aspekte sind eigene ambitionierte Ziele zur CO2-Bilanz, persönliche Überzeugungen wie auch die Nachfrage im Markt nach nachhaltigen Verpackungskonzepten. Denn bei den Anwendern der Produkte hat das, was als Verpackungsabfall übrig bleibt, keinen guten Ruf.
Was kennzeichnet aus der Sicht von Südpack eine nachhaltige Verpackung?
Eine nachhaltige Verpackung erfüllt alle Anforderungen, die sich aus dem Produkt und der jeweiligen Branche ergeben. Dafür werden die richtigen Materialien eingesetzt – im Sinne der Nachhaltigkeit in möglichst geringer Menge. Es gilt, eine Überverpackung und viel Abfall zu vermeiden. Es darf aber auch nicht zu einer Unterverpackung kommen, die ihre Schutzwirkung nicht wahrnehmen kann. Man muss das Optimum ausfindig machen. Das, was an Abfall unumgänglich ist, sollte sich dann idealerweise recyceln lassen.
Es gibt also keinen konkreten Richtwert, der sich in Form einer CO2-Menge pro Verpackung beschreiben ließe?
Den CO2-Fußabdruck für Packstoffe oder spezielle Verpackungen zu berechnen, ist sehr komplex und sollte auf internationalen, vergleichbaren Standards beruhen. Aber wir haben ein Tool in Vorbereitung, mit dem wir künftig arbeiten wollen, um den maximalen Schutz bei einem möglichst geringen CO2-Footprint zu erreichen.
Um die Abfälle in den Kreislauf zurückzuführen, hat sich Südpack für das chemische Recycling entschieden. Welche Erfahrungen machen Sie damit?
Wir kooperieren mit der Recenso GmbH, deren Anlagen Kunststoffabfälle nach dem Carboliq-Verfahren zu Pyrolyseöl umwandeln. Dieses Öl steht dann wie fossile Rohstoffe als Ausgangsstoff für neue Kunststoffgranulate zur Verfügung. Nach unseren Erfahrungen ist das Carboliq-Verfahren sehr robust und kommt mit einer Vielzahl unterschiedlicher Ausgangsmaterialien gut zurecht. Auch Verunreinigungen stören den Prozess nicht. Die Qualität des Pyrolyseöls entspricht der Qualität von Neuware, und die Kunststoffhersteller können es ohne Probleme in ihren Cracking-Anlagen einsetzen. Das neue Granulat hat dann einen nach dem Massebilanzverfahren belegbaren Anteil an recyceltem Ausgangsmaterial.
Was heißt das für die Materialkosten?
Derzeit läuft die Anlage von Recenso im industriellen Maßstab. Wir beweisen damit, dass unterschiedliche Kunststofffraktionen ohne größeren Energie- und auch Sortieraufwand in wertvolle Rohstoffe umgewandelt werden können. Allerdings ist die Anlage noch klein und die Abfallmenge auch noch zu gering. Das führt zu Aufschlägen auf die Granulatpreise, die bei den bisherigen Projekten bei 50 bis 75 Prozent liegen. Allerdings wird sich dies bei höheren Mengen und steigender Nachfrage deutlich ändern. Jedoch muss ein Kunde bereit sein, für eine nicht nur funktionsfähige, sondern auch recycelbare Verpackung mehr auszugeben.
Wie groß ist das Interesse an solchen Verpackungen in regulierten Branchen wie Pharma oder Medizintechnik?
Wir arbeiten bereits in Projekten mit Unternehmen aus diesen Branchen zusammen, die die Möglichkeit nutzen wollen. Dabei geht es aktuell um den Nachweis der gleichbleibenden Qualität der Granulate, die anteilig recyceltes Material enthalten, aber auch um Risiken der Kontamination. Der Charme liegt darin, den Zulassungs- und Validierungsaufwand deutlich zu reduzieren.
Wie praxistauglich ist das Verfahren?
Derzeit testen wir verschiedene Szenarien mit Verpackungsresten, die in der Lebensmittelindustrie im Herstellprozess genutzt werden. Um das Ganze in größerem Maßstab umzusetzen, muss aber eine Rückführung von Verpackungen möglich sein, die mit dem Produkt zum Endkunden gelangen, geöffnet und wieder gesammelt werden.
Warum sollten sich Unternehmen jetzt mit Nachhaltigkeit beschäftigen?
Es gibt schon heute die Anforderungen seitens Investoren oder Kunden, nachhaltiger zu arbeiten. Diese Entwicklung wird sich unserer Ansicht nach weiter fortsetzen. Wobei Nachhaltigkeit nicht allein mit der Verpackung zu erreichen ist, sondern ganzheitlich gesehen werden muss. So spielt im logistischen Umfeld auch die vollständige Ausnutzung der Fläche auf Palette oder LKW eine Rolle. Und wirklich nachhaltig arbeitet man ja nur, wenn auch das Produkt selbst am Ende der Nutzung möglichst wieder in einen Kreislauf eintreten kann. Es ist also noch viel zu tun.
Wie lange wird es dauern, um in größerem Ausmaß nachhaltig wirtschaften zu können?
Das wird sich noch über Jahre hinziehen. Weil Verpackungsabfälle aber das Problem für alle offensichtlich machen, gehe ich davon aus, dass die Verpackungsbranche innerhalb der kunststoffverarbeitenden Industrie als eine der ersten dieses Ziel erreichen wird.
Weitere Informationen
Südpack stellt unter anderem High-Performance-Folien für das Verpacken von Lebensmitteln, Medizingütern und Non-Food-Produkten her. Für den Bereich Medizinprodukte ist seit 1989 der Geschäftsbereich Südpack Medica etabliert, der auch sterile Verpackungslösungen entwickelt.
(Bild: Recenso)
Chemisches Recycling im Carboliq-Verfahren
Nicht alle Kunststoffe eignen sich für eine mechanische Wiederverwertung. Statt sie mit dem Restmüll zu verbrennen, ist das so genannte chemische Recycling eine Alternative. Dafür werden die Polymere unter Energieeinsatz aufgespalten. Das Ergebnis wird als Pyrolyseöl bezeichnet und kann, wie Erdöl, zu Granulaten weiterverarbeitet werden. Ein entsprechendes Verfahren haben die Ingenieure der Remscheider Recenso GmbH entwickelt.
Die Anlagen arbeiten nach dem Carboliq-Verfahren, unter Atmosphärendruck und bei Prozesstemperaturen unter 400 °C. Die Prozessenergie wird dabei laut Betreiber nur durch Reibung in das System eingebracht. Am Standort des Entsorgungszentrums Ennigerloh ist eine Pilotanlage im industriellen Maßstab realisiert. Dort wird das Verfahren derzeit erprobt und weiterentwickelt.
Das Gemisch flüssiger Kohlenwasserstoffe vermarktet Recenso unter dem Namen Circular Liquid Resource (CLR). Es ist gemäß REACH-Regularien bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) registriert und wird bisher nach den Regeln für Forschung & Entwicklung verkauft.
Seit Ende 2020 kooperiert die Südpack Verpackungen GmbH & Co. KG mit Recenso – und investiert nach eigenen Angaben massiv in die neuartige Technologie, um in der Kunststoffverpackungsindustrie Kreisläufe schließen zu können.
Kontakt zum Hersteller:
Südpack Verpackungen GmbH & Co. KG
Jägerstraße 23
D-88416 Ochsenhausen
www.suedpack.com