Ein laserbasiertes Verfahren, mit dem sich die Kanten von Bauteilen aus kaltumformbarem Blech bearbeiten lassen, soll in einem Gemeinschaftsforschungsprojekt entstehen: Dazu wollen das Aachener Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT und das Institut für Eisenhüttenkunde IEHK der RWTH Aachen zusammenarbeiten. Im Projekt Laseredge werden Prozessfenster und -grenzen der Laserkanten-Veredelung bestimmt sowie die mechanischen Eigenschaften der Teile, die sich in Abhängigkeit von den Prozessparametern einstellen lassen. Gefördert wird das Projekt von der AiF Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen Otto von Guericke e.V.
Grate wie auch andere Kantendefekte verschlechtern die mechanischen Eigenschaften von Teilen. Das wirkt sich negativ auf deren Kaltumformbarkeit aus, führt zu Ermüdungsanrissen im Werkstoff – und in der Folge eventuell zum Bauteilversagen. Obwohl vieles für den Einsatz des Lasers beim Entgraten spricht, gab es bisher keine systematische Untersuchung, wie sich Prozessparameter auf die Eigenschaften des Bauteils auswirken.
Blech schmilzt und nimmt den Grat auf
Das soll sich nun ändern: Am aktuellen Projekt beteiligt ist unter anderen Dr. Edgar Willenborg, der am Fraunhofer ILT mit seinem Team das laserbasierte Entgraten und Polieren untersucht. „Das Grundprinzip ist einfach“, erklärt Willenborg. Der Laserstrahl sei etwas breiter als die zu bearbeitende Kante. „Das Blech schmilzt über die gesamte Blechdicke, und die Oberflächenspannung bewirkt, dass die Schmelze den Grat aufnimmt.“
Von den Prozessparametern hängt dabei einiges ab: Bei geringer Intensität des Laserstrahls werden die Ecken leicht gerundet, bei größerer Intensität lassen sich ein Halbkreis oder ein randverstärkendes Pilzprofil erzeugen. Die Versuche zeigen, dass sich sowohl 0,2 Millimeter dünne als auch 4 Millimeter dicke Bleche bearbeiten lassen.
In den meisten Fällen reichen laut Willenborg kontinuierliche fasergekoppelte Diodenlaser aus. Je nach Aufgabenstellung liege die erforderliche Laserleistung bei 100 bis 5.000 W – je nach Blechdicke und der gewünschten Geschwindigkeit. Ist der Strahl etwas breiter als die Kantendicke, genüge eine einmalige Laserüberfahrt, wobei der Laser mit einer Prozessgeschwindigkeit von 1 bis 10 m/min arbeitet. Bewährt hat sich wie beim Laserschweißen eine Schutzgasdüse, um Oxidationen zu vermeiden.
Im Unterschied zum klassischen Entgraten oder Verrunden arbeitet der Laser nahezu ohne Abtrag. „Das Blech wächst sogar um einige µm nach oben“, erläutert Willenborg. Für das Verfahren spreche auch, dass es im Vergleich etwa zum Gleitschleifen oder Bürsten sehr sauber glätte. Nachträgliches Waschen sei daher häufig überflüssig.
Oberfläche verbessern durch Laserpolieren
Während sich der Laser beim Entgraten scharfer Kanten bereits bewährt hat, interessieren sich Anwender zunehmend für das Verbessern von Oberflächeneigenschaften mit Hilfe des laserbasierten Polierens. So hat ein deutscher Automobilzulieferer den Prozess bereits in der Großserie genutzt, um Mikrodefekte an Getriebebauteilen zu beseitigen und so ihre Dauerfestigkeit um bis zu 200 Prozent zu steigern.
Besonders dieses Thema wollen die beiden Aachener Institute in dem neu gestarteten Projekt Laseredge angehen. Willenborg: „Wir wollen dazu besonders an zyklisch beanspruchten Bauteilen untersuchen, wie sich die Dauerfestigkeit mit der Laserpolitur erhöhen lässt. Außerdem werden wir analysieren, ob sich die Kantenrissempfindlichkeit beim Umformen hochfester Stähle reduzieren lässt.“
Einen Überblick über das Laserpolieren gibt die 4th Conference on Laser Polishing LaP, die dieses Jahr als Online-Konferenz jeweils nachmittags am 16.9. und 17.9.2020 stattfindet.
Dr.-Ing. Edgar WillenborgSteinbachstr. 15
52074 Aachen
Tel.: +49 (0)241-8906-213
Website: www.ilt.fraunhofer.de/de/technologiefelder/lasermaterialbearbeitung/polieren.html