Sind Roboter Jobkiller oder helfen sie, kleine und mittelständische Unternehmen zukunftssicher zu machen? In Deutschland wird im kommenden Jahrzehnt ein schwerwiegender Arbeitskräftemangel, insbesondere bei technischen Fachkräften, erwartet. Gleichzeitig verkürzen sich die Produktlebenszyklen. Vor allem für kleinere und mittelständischen Unternehmen ist jedoch die Hürde hoch, in zusätzliche Automatisierung zu investieren. Kooperierende und einfach einzurichtende Roboter (Cobots) bieten eine schnelle und kostengünstige Lösung, um die Flexibilität, Qualität sowie Geschwindigkeit der Produktion zu steigern und auf sich ändernde Marktanforderungen zu reagieren.
Cobots haben die Hemmschwelle für eine Automatisierung manueller Abläufe drastisch gesenkt: Diese Robotertechnologien sind wesentlich leichter zugänglich, und sie lassen sich direkt neben Mitarbeitern in bestehenden Prozessen einsetzen. Ihre vielseitigen Funktionen und Fähigkeiten erlauben es, sie für mehrere Anwendungen einzusetzen und sie zu unterschiedlichen Tageszeiten im Betrieb zu bewegen.
Cobots: Helfer bei einfachen, sich wiederholenden Tätigkeiten
In der medizinischen Industrie führen beispielsweise die Anforderungen an eine eindeutige Gerätekennzeichnung (UDI) dazu, dass die Nachfrage nach Lösungen zur Teilekennzeichnung signifikant steigt. Eine Option hierbei sind Lasermarkierungen. Traditionell und manuell würde ein Mitarbeiter die Teile hierbei einzeln in die Markierungsmaschine legen, warten, bis der Markierungsvorgang abgeschlossen ist, und die Teile dann herausnehmen. Da Aufgaben wie diese aber keine besonderen Fähigkeiten erfordern, sind Cobots eine gute Alternative.
Wird ein Cobot an einen derartigen Lasermarkierer herangefahren, sucht er nach einem Orientierungs- oder Referenzpunkt, der ein Verständnis des 3D-Raums vermittelt. Er kann auf den Bildschirm des Lasermarkierers oder die Kontrollleuchten schauen, um den Status zu bestimmen. Ist die Maschine bereit, öffnet der Roboter die Tür des Lasermarkierers, um die Komponenten einzufügen und die visuellen Hinweise des Bedieners zu überwachen. Ist der Vorgang abgeschlossen, öffnet der Cobot abermals die Tür, nimmt die Bauteile heraus und legt sie auf dem Gestell ab. Die Arbeitsweise des Roboters ähnelt der des menschlichen Bedieners, da er die visuellen Hinweise zum Öffnen von Türen und Drücken von Tasten versteht.
Cobots verbessern Abläufe bei Inspektion und Kontrolle
Eine sich immer wiederholende Aufgabe bei der Herstellung medizinischer Geräte ist die Teileprüfung. Für menschliche Arbeitskräfte kann es sehr schwierig sein, sich stundenlang auf ein und dasselbe Teil zu konzentrieren und dabei immer wieder Kratzer oder andere Fehler finden zu müssen. Doch das ist für eine präzise und verlässliche Herstellung essenziell. Oft wird deshalb ein Teil mehrfach und von verschiedenen Mitarbeitern geprüft, um sicherzustellen, dass auch wirklich alle Fehler und Ungenauigkeiten erfasst sind.
Cobots lassen sich auf verschiedene Weise für derartige Prüfaufgaben einsetzen. Zum einen kann die im Roboter integrierte Kamera oder die Kamera eines Drittanbieters am Roboterarm verwendet werden, um Teile aus verschiedenen Blickwinkeln und bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen zu betrachten, damit sie keine Fehler aufweisen. Alternativ kann ein Cobot das Teil aufnehmen, es vor eine fest installierte Kamera halten und bewegen, um so nach Fehlern zu suchen. Im Gegensatz zu menschlichen Mitarbeitern kann sich ein Cobot viele Stunden lang, immer gleich schnell und gleich gut auf ein und dieselbe Aufgabe konzentrieren. Maschinelle Bildverarbeitung ermöglicht es heute, Teile der Sichtprüfung zu automatisieren. Sie entlastet damit Unternehmen, die heute zudem ein Problem mit fehlendem Fachpersonal haben.
Fachkräftemangel mit Hilfe kollaborierender Roboter lösen
Der Fachkräftemangel ist viel mehr als fehlende Mitarbeiter in der Produktion. Hochqualifizierte Fachkräfte sind derzeit nicht nur sehr schwer zu finden, sondern oft auch sehr teuer. Mit ein wenig Schulung können sich Mitarbeiter, die mit den Cobots arbeiten und die die Fertigungsanforderungen am besten verstehen, um Programmierveränderungen kümmern.
Eines der größten Probleme, das mit dem Fachkräftemangel einhergeht, ist es, den Einsatz vorhandener Mitarbeiter zu optimieren. Transportieren sie lediglich Rohstoffe von einem Produktionsbereich zu einem anderen oder bewegen sie unfertige Produkte zwischen verschiedenen Stationen, können sie sich nicht um wertschöpfendere Aufgaben kümmern. Das bedeutet: Diese Arbeitskräfte erbringen keinen wirklichen Mehrwert für das herzustellende Gerät. Übernimmt stattdessen ein Cobot diese Aufgaben, können Hersteller ihr Team entlasten: Mitarbeiter können sich auf Aufgaben konzentrieren, die besondere Fähigkeiten und menschliches Eingreifen erfordern.
Autonome Mobile Roboter: Sicherer Transport schwerer Lasten
Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz Autonomer Mobiler Roboter (AMR). Diese selbstfahrenden mobilen Roboter können Rohmaterial vom Lager zur Produktionslinie bringen, Teile zwischen Arbeitszellen bewegen und fertige Produkte zu den Verpackungs- und Etikettierbereichen liefern. Da sie über eine interne Karte der Produktionsanlage verfügen, müssen sie sich nicht an eine vorgegebene Route halten. Stattdessen können sie sich eigenständig zu einem bestimmten Ort lotsen, um zeitkritische Transporte zu erledigen.
AMRs gibt es in verschiedenen Größen. Sie transportieren recht geringe Nutzlasten wie 60 kg, aber auch 1500 kg und mehr. Sie gelten als kollaborativ, weil sie gemeinsam mit Menschen und um Menschen herum arbeiten und keine speziellen Fahrspuren benötigen. Wann immer also eine Person einen Wagen durch eine Produktionsanlage schiebt, gibt es die Möglichkeit, stattdessen auf AMR zu setzen und so die Qualifizierung des Mitarbeiters besser zu nutzen. Er oder sie kann eine Aufgabe übernehmen, die kritisches Denken oder zwischenmenschliche Fähigkeiten erfordert.
Cobots ermöglichen es, die Mitarbeiterzahl in kleinen Arbeitsbereichen zu reduzieren. Letztere können weniger redundante Aufgaben erledigen, die größere Geschicklichkeit oder geistige Flexibilität voraussetzen. Die Cobots sind nicht nur einfach zu bedienen, sie lassen sich auch verhältnismäßig leicht handhaben.
Es braucht nach Angaben der Omron Elektronik GmbH, Langenfeld, nur rund eine Woche Training, um Bediener in die Lage zu versetzen, Feinabstimmungen für Entnahmepunkte sowie Produktgrößen vorzunehmen. Wer zusätzlich das Wissen der Person, die früher in der Zelle gearbeitet hat, nutzen kann, um sicherzustellen, dass die Cobot-Zelle optimal läuft, kann sich Informationen zunutze machen, die ansonsten nur durch praktische Erfahrungen möglich sind. (su)
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