Was nicht zum Produkt gehört, muss mit entsprechenden Methoden nach dem Stand der Wissenschaft und Technik restlos entfernt werden“ – das ist der Grundsatz, dem es zu folgen gilt, wenn ein verfahrenstechnischer Prozess für Reinigung und Spülen ausgelegt wird. Je komplexer die Geometrie des Teils und die Verunreinigung ausfallen, desto eher gelangen waschmechanische Verfahren, die auf Ultraschall oder Spritzdruck setzen, an physikalische Grenzen und erreichen nicht mehr die gesamte Bauteiloberfläche.
Alternativen bieten Kammeranlagen, die mit einem leistungsstarken Injektionsflutverfahren mit starken Druck-/Sogwechseln arbeiten, oder auch das vakuumbasierte CNP-Verfahren. Diese sind für medizintechnische Geräte, die im Herstellprozess gereinigt werden müssen, interessant, denn Teile aus dieser Branche zählen in der industriellen Teilereinigung zu den anspruchsvollsten Aufgaben: Viele kritische Kontaminationen können auftreten, und sie weisen oft sehr komplexe Geometrien auf. Die LPW Reinigungssysteme GmbH aus dem baden-württembergischen Riederich hat hierfür ein Standardanlagenkonzept entwickelt, das auf dem Cyclic-Nucleation-Prozess basiert und dessen Fähigkeitsspektrum erweitert wurde.
Erste Anlage reinigt bereits Medizinprodukt
Die erste Anlage des neuen Systems ging an einen Hersteller von medizintechnischen Geräten. Sie wurde als vollautomatisierte CNP-Doppelkammerreinigungsanlage mit vier Medientanks ausgeführt. Darin gereinigt werden können Zytoskope, bipolare Pinzetten mit Spülung in unterschiedlichen Materialien, Scheren, Klemmen, Zangen, Nadelelektroden, Koagulationspinzetten sowie vornehmlich Werkzeuge für die Mikrochirurgie. Die Anlage übernimmt das Reinigen der Instrumente nach der mechanischen Bearbeitung inklusive Spülen, Trocknen sowie – nach dem Oberflächenfinishen durch Gleitschleifen oder Polieren – die Endreinigung vor der Verpackung.
Das Maschinensystem ist geschlossen ausgeführt und der Prozess läuft vollautomatisch ab, vom Einlesen der Waschprogramme über Barcode bis hin zur Plausibilitätsprüfung. Hierfür werden Arbeitsanweisungen zum Einlegen der Instrumente im Waschgestell aufgerufen. Automatisiert erfolgt auch die Dokumentation, wobei Waschergebnisse mit Ausdruck auf Papier protokolliert werden.
Beschichtungen und Spaltmaße sprachen gegen Ultraschall
Bei diesem ersten Anwender war das CNP-Verfahren aus zwei Gründen besonders interessant: Die zu reinigenden Instrumente sind teils mit Beschichtungen versehen, die durch Ultraschall beschädigt werden können. Darüber hinaus weisen die fertig montierten Instrumente enge Spaltmaße auf, die mittels Ultraschall nicht ausgereinigt werden können.
Nach der Reinigung in der neuen Anlage konnte die Keimbelastung deutlich unter 0,5 KBE gesenkt werden bei einem Grenzwert von 5 KBE pro Bauteil. Der erreichte TOC-Wert lag unter 1 pbb – wobei der Grenzwert bei 100 ppb liegt. Diese Werte sind bei einfacheren Geometrien auch mittels klassischer Ultraschallsysteme erzielbar. Bei komplexen geometrischen Verhältnissen oder bei höherer Packungsdichte hingegen ist dies prozesssicher nicht oder nur schwer möglich. Besondere Bedeutung kommt der Zytotoxizität zu: Die Wachstumshemmung lag mit Werten zwischen 0 und 4 % deutlich unter dem zulässigen Maximalwert von 30 %.
Nach wie vor kritisch ist die Prüfung der jeweiligen Reinheitsergebnisse, gerade bei Kapillaren und komplexen Geometrien. Bestehende Methoden sind oft aufwendig, teuer und mit der Alltagspraxis meist nur schwer in Einklang zu bringen. Diese Thematik ist jedoch ein wichtiger Bestandteil einiger aktueller Entwicklungsprojekte.
www.lpw-reinigungssysteme.de
Auf der Messe Medtec Europe:
Halle 10, Stand B26
Über das CNP-Verfahren und die Anlage
Beim Herstellen medizintechnischer Produkte werden viele Verfahren wie das Zerspanen, Schleifen, Kleben oder auch Rändeln eingesetzt, die zu filmischen und partikulären Verunreinigungen führen können. Diese müssen schon vor der Montage und der anschließenden Sterilisation prozesssicher entfernt werden. Mit der additiven Fertigung haben sich die Anforderungen an die Reinigung nochmals verändert.
Um auch für schwierig zu reinigende Teile eine gute Lösung zu haben, hat die LPW Reinigungssysteme GmbH ihr neues Anlagensystem Powerjet Medical entwickelt, das standardmäßig folgende Eigenschaften aufweist:
- Reinigung durch das Verfahren der zyklischen Nukleation (Cyclic nucelation process) in allen Reinigungs- und Spülvorgängen, sodass auch verdeckte Geometrien, Lumen und Kapillaren erreicht werden
- geschlossenes und reinraumfähiges Kammeranlagensystem für Chargengrößen von bis zu 600 mm x 300 mm x 200 mm mit einem Reinigungstank und zwei getrennten Spültanks
- zylindrische Medientanks
- hohe Volumenströme mit definierten Reinigungs- und Spülmedien
- hohe Filtrationsraten
- einstellbare Bewegungsvariablen wie Stillstand, definierte Schwenkbewegung, Drehung
- Koaleszenzabscheider für leichte organische Rückstände und Schwebstoffe
- Trocknung mittels Heißluft, Vakuumtrocknung
Optional sind unter anderem auch eine zweite oder dritte Behandlungskammer, ein weiterer Spültank, eine Ultraschalleinrichtung oder auch eine vollautomatische Zuführung in Edelstahl verfügbar.
CNP-Technologie ausgezeichnet
Mit dem Reinheitstechnikpreis Clean! 2018, den das Fraunhofer IPA vergibt, wurde im Februar die LPW Reinigungssysteme GmbH ausgezeichnet. Das Unternehmen erreichte mit der CNP-Technologie den ersten Platz und wurde im Rahmen der Messe Lounges in Karlsruhe statt.
Der Preis wird einmal im Jahr vergeben. Die Jury, bestehend aus fünf Branchen-Experten und Dr. Udo Gommel vom Fraunhofer-Institut IPA, überzeugte die CNP-Technologie durch den erreichten Innovationssprung, die Nachhaltigkeit, ihre Enablerqualität und industrielle Machbarkeit.