Plasmen spielen in vielen industriellen Anwendungen eine zentrale Rolle. Die energetisch angeregten Gase lassen sich zum Beispiel nutzen, um Beschichtungen auf Oberflächen aufzubringen, etwa kratzfeste Schutzschichten auf Brillengläser aus Kunststoff. „Idealerweise sollte die Elektronendichte im Plasma ständig gemessen und bei Bedarf automatisch nachjustiert werden, sodass kein Mensch in den Prozess eingreifen muss“, erklärt Prof. Dr. Ralf Peter Brinkmann, Inhaber des Lehrstuhls Theoretische Elektrotechnik der Ruhr-Universität Bochum RUB. Die Anforderungen an ein Messinstrument, das das leisten kann, sind vielfältig. Es sollte möglichst klein sein, zuverlässig, wartungsfrei, und es darf weder den Beschichtungsprozess stören noch selbst im Plasma beschädigt werden.
Eine Idee haben Forscher zu diesem Thema schon seit langem verfolgt: Die Elektronen, die sich im Plasma frei bewegen, können durch das Anlegen einer kleinen äußeren Spannung in Schwingungen geraten. Trifft man die richtige Frequenz, entsteht eine Resonanz. Sie ist erkennbar daran, dass das Plasma besonders viel Energie aufnimmt. Da die Resonanzfrequenz abhängig von der Elektronendichte ist, kann man diese im Prinzip dann berechnen.
Je symmetrischer die Messapparatur, desto besser
Frühere Versuche, diese Idee in die Praxis umzusetzen, hatten mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Bei mehreren verschiedenen Frequenzen traten gleichwertige Resonanzen auf. Analysen der Bochumer Theoretiker gaben Antwort auf die Frage, woher die verschiedenen Resonanzen kamen.So einfach die Messapparatur auch konstruiert war, es entstanden an verschiedenen ihrer Teile unterschiedliche Schwingungen mit unterschiedlichen Resonanzfrequenzen.
Kugelform ist das Ideal für die Messung
Um Abhilfe zu schaffen, entwarf das Team ein Konzept, das auf möglichst einfache Schwingungen zielt. Es galt: je symmetrischer, desto besser. „Die Kugelform ist die einfachste denkbare Konfiguration“, so Brinkmann. „Auch hier findet man bei Messungen Resonanzen bei verschiedenen Frequenzen vor“, erklärt er. „Sie lassen sich aber eindeutig sortieren.“ In Anlehnung an das dabei eingesetzte mathematische Verfahren der Multipolanalyse kam es zum Namen Multipolresonanzsonde, kurz MRP.
Plasma unter Kontrolle: Start-up in Gründung
Die Entwicklung der MRP bis hin zur praktischen Einsetzbarkeit wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung in den Verbundprojekten Pluto und Pluto Plus gefördert. Dabei ergab sich auch die Chance, die Sonde bei Industriepartnern zu testen. Und es zeigte sich: Wurde die Elektronendichte im Plasma mittels MRP ständig überwacht und durch automatisches Anpassen der Ansteuerung konstant gehalten, reduzierte das die Schwankungen der Prozessergebnisse maßgeblich. Mittlerweile steht ein Spin-off kurz vor der Gründung.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Ralf Peter Brinkmann
Lehrstuhl Theoretische Elektrotechnik
Ruhr-Universität Bochum
E-Mail: brinkmann@tet.rub.de