Handschuhe retten seit über 100 Jahren in der Medizin Leben, denn sie verhindern das Übertragen von Infektionen. Erfunden aber wurden sie aus Liebe. So lautet zumindest die Geschichte um den jungen US-Amerikaner und Chirurgen William Stuart Halsted (1852 – 1922). Seine Verlobte, die Operationsschwester Caroline Hampton, litt unter einer Karboldermatitis. Karbolsäure war jedoch damals das übliche Desinfektionsmittel für medizinisches Personal. Halstedt entwickelte 1890 in New York für sie daher hauchdünne sterilisierbare Gummihandschuhe.
Latex-Handschuhe – aus Liebe erfunden
Doch nicht nur die Liebe zeigte den Weg zum medizinischen Handschuh. In Deutschland führte etwa zeitgleich der Chirurg Paul Leopold Friedrich (1864 – 1916) den nahtlosen Gummihandschuh ein – aufgrund seines Wissens um die Gefahr der Wundinfektion. Friedrich gilt als Vordenker der chirurgischen Infektionsprävention und -therapie. Der Erfolg gab den Handschuhträgern Recht, und der medizinische Handschuh setzte sich weltweit durch. Heute geht der globale jährliche Verbrauch an Operationshandschuhen in die Milliarden.
Eine 100%-ige Sicherheit gibt es aber selbst bei guten Gummihandschuhen nicht: Laut Deutscher Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V. (DGKH) können in Handschuhen kleine Kanäle bis 5 µm Durchmesser nachgewiesen werden, so dass grundsätzlich Viren passieren können. Länger dauernde Eingriffe, besonders in der Tiefe und an Knochen, führen zu Perforationsraten von bis zu 70 %. Im Intensivbereich sollen Handschuhe daher nach spätestens 15 min sowie nach jeder Patientenwaschung gewechselt werden, da die Perforationsrate mit der Tragedauer zunimmt.
Zwei Paar Handschuhe übereinander, zur Sicherheit
Bei manchen Operationen wird sogar empfohlen, jeweils zwei Handschuhe übereinander zu tragen und gegebenenfalls den äußeren Handschuh zu wechseln – zum Beispiel vor dem Einsetzen eines Implantates. Durch diese gezielten Wechsel der Außenhandschuhe konnte die Rate von OP-Handschuhen, die intraoperativ an der Außenseite steril sind, um 80 % erhöht werden.
Vorsicht ist auch angesagt. Eine Studie aus dem Jahr 2015 aus den USA zeigte, dass Pflegekräfte, wenn sie ihre Handschuhe oder ihren Kittel ausziehen, fast jedes zweite Mal ihre Haut oder Kleidung kontaminieren. Die Studie zeigte aber auch, dass sich durch gezielte Schulung diese Form der Kontaminationen auf 19 % senken lässt. Der Kniff beim Ausziehen besteht darin, dass die bloße Haut nicht die potenziell kontaminierte Außenseite der Handschuhe berührt.
Der Stoff, aus dem Latex-Handschuhe bestehen
Um Handschuhe herzustellen, wird der Rohstoff Latex als Saft aus dem Kautschukbaum Hevea brasiliensis, auch „Gummibaum“ genannt, gewonnen. Der US-amerikanische Chemiker und Erfinder Charles Goodyear entwickelte die noch heute angewendete Vulkanisation: Dem flüssigen Latex wird Schwefel zugefügt, dieser bildet zwischen den Makromolekülen des Kautschuks Brücken – das Latex wird gummiartig. Das flüssige Latex für die industrielle Herstellung von Latexhandschuhen wird heutzutage auf Plantagen in Thailand, Indonesien und Malaysia gewonnen.
Die Proteine des Latex können jedoch ihrerseits Allergien auslösen. Für medizinisches Personal mit Latex-Allergie gibt es diverse Alternativen aus synthetischem Isopren, Chloropren, Nitril-Kautschuk oder PVC. Seit einiger Zeit ist auch ein Operationshandschuh aus dem Naturlatex-ähnlichen Material Polyisopren, das durch UV-Licht vernetzt wird, auf dem Markt.
Latex: Die Sache mit den Allergenen
Das Robert-Koch-Institut empfiehlt im OP-Bereich grundsätzlich den Einsatz latexallergenarmer OP-Handschuhe – sie sind hinsichtlich Tragekomfort, Passgenauigkeit, Griffigkeit und mechanischer Belastbarkeit unübertroffen. Eine Besonderheit gibt es für Ärzte, die zum Beispiel bei einem Eingriff potenziell von Röntgenstrahlung getroffen werden können. Sie tragen Röntgenschutz-Handschuhe, die durch einen gewissen Bleigehalt Schutz versprechen. Die Crux: Je höher der Bleigehalt, desto weniger elastisch ist der Handschuh.
Aber, auch das sei gesagt, Gummihandschuh ist nicht gleich Gummihandschuh. Es wird zwischen „persönlicher Schutzausrüstung“ und „Medizinprodukt“ unterschieden. Erstere dient ausschließlich dem Schutz des Trägers vor chemischen und physikalischen Risiken sowie vor potenziell gefährlichen biologischen Stoffen. Als Medizinprodukte eingeordnete Handschuhe dienen vor allem dem Infektionsschutz des Patienten und nur nachgeordnet auch dem des Trägers. Für operative oder invasive diagnostische Eingriffe müssen Operationshandschuhe sterilisiert und dauerhaft steril verpackt sein. Die Sterilisierung erfolgt üblicherweise mittels Gamma-Strahlung.