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Hüftendoprothesen: Erfolg mit dem Gelenkersatz

Medizinprodukte-Porträt Hüftendoprothese
Hüftendoprothese: Es geht gut

Hüftendoprothese: Es geht gut
Die Hüft-TEP gilt als Operation des Jahrhunderts (Bild: Sebastian Kaulitzki/stock.adobe.com)
Der Einsatz einer künstlichen Hüfte ist die bisher erfolgreichste Gelenkersatz-Operation: Dank einer Hüftendoprothese können Betroffene wieder schmerzfrei gehen – oder überhaupt wieder laufen. Medizintechniker tüfteln an immer höherer Passgenauigkeit und dem besten Materialmix für das stark beanspruchte Gelenk.

Anke Biester
Wissenschaftsjournalistin in Memmingen

Das Hüftgelenk zählt zu den am stärksten belasteten Gelenken des menschlichen Körpers. Im Laufe unseres Lebens gehen wir mit ihm rund 50 Millionen Schritte, umgerechnet einmal um den Erdball herum. Dabei belasten wir die Hüftgelenke beim Rennen mit bis zu 300 % unseres Körpergewichts. Wenn wir dabei Stolpern, kann es sogar mehr als das Achtfache sein. Kein Wunder also, wenn beispielsweise durch zu hohe oder falsche Belastung die Gelenke im Alter verschleißen.

Sind alle nicht-invasiven Maßnahmen ausgeschöpft, wie beispielsweise Physiotherapie, medikamentöse Behandlung oder in vielen Fällen auch Gewichtsreduktion, steht meist ein Ersatz des Hüftgelenks an. Den Großteil an künstlichen Hüftgelenken erhalten Menschen zwischen 60 und 85 Jahren. Ungefähr drei Viertel der Implantationen erfolgen auf Grund einer Hüftarthrose. Die zweithäufigste Ursache ist ein Schenkelhalsbruch.

Vollständiger Gelenkersatz durch eine Hüft-Totalendoprothese

Für einen Laien klingt die dafür notwendige Operation brachial. So wird bei einer Hüft-Totalendoprothese (Hüft-TEP) das gesamte Hüftgelenk durch eine Prothese ersetzt, die aus einer künstlichen Hüftpfanne und dem dazugehörigen Kugelkopf besteht. Dazu entfernt das Operationsteam die Gelenkkapsel, fräst vorsichtig die Hüftpfanne mit Spezialwerkzeug aus, bis der Knorpel entfernt und das gut durchblutendes Knochengewebe sichtbar ist. Auf der anderen Seite des Gelenks sägen die Mediziner den abgenutzten Hüftkopf vom Schenkelhals. Wo genau das erfolgt, ist abhängig von dem gewählten Prothesenmodell.

Inzwischen verlaufen viele dieser Operationen minimal-invasiv. Minimal-invasiv bezieht sich dabei jedoch weder auf die Knochen noch den Schnitt, sondern vor allem auf die Muskeln. Die Muskeln, die die Hüfte umschließen, werden hier quasi beiseite geschoben werden, statt einen Teil von ihnen zu durchtrennen und nach der OP wieder zusammenzunähen. Der Vorteil: Die Patienten haben nach so einer minimal-invasiven OP weniger Schmerzen, sind viel schneller wieder fit, und es kommt zu weniger Nachblutungen.

Mit digitalem Zwilling zum personalisierten Implantat

Hüft-Endoprothese: Mit oder ohne Knochenzement

Doch zurück zur Hüft-TEP: Auf Seiten der Hüfte „verhakt“ sich die künstliche Hüftpfanne durch ihre raue Oberfläche mit dem freigelegten Knochengewebe und wächst später gut in dieses ein. Auf der anderen Seite des Gelenkes können die Operateure den Kugelkopf der Prothese mit dessen Verlängerung quasi in den verbleibenden Oberschenkelknochen „hineinstecken“ und dort verankern, da dieser ein Röhrenknochen ist.

In 22 % der Hüft-TEPs reicht dies aber nicht aus, da beispielsweise die Knochen durch Osteoporose beeinträchtigt sind. In diesem Fall „kleben“ die Operateure die Prothesenteile mit einem speziellen Knochenzement ein – was andere Oberflächen und zum Teil einen anderen Aufbau der Prothese erfordert.

Fachzeitschrift Lancet: „Operation des Jahrhunderts“

Ob nun mit Knochenzement oder ohne, laut Fachzeitschrift Lancet gilt die Hüft-TEP inzwischen als „Operation des Jahrhunderts“, als erfolgreichste Gelenkersatz-OP. Dabei waren die Anfänge schwer, denn bei der Konstruktion eines solchen Gelenks stehen Medizintechniker vor einem grundlegenden Problem: Bewegen sich zwei Flächen gegeneinander, entsteht Reibung – die wiederum zu Materialabrieb und -verschleiß führt. In einem gesunden Hüftgelenk ermöglicht der Knorpel mit seiner glatten Oberfläche ein reibungsfreies Gleiten der Gelenkflächen. Dabei dient die zähflüssige Gelenkflüssigkeit (Synovialflüssigkeit), die auf der Oberfläche des Knorpels haftet, als Schmierschicht.

Ein künstlicher Gelenkersatz muss ohne Schmierung auskommen. Die Hersteller versuchen daher, mit verschiedenen Materialien eine möglichst verschleißarme Situation herzustellen. Dafür verwenden sie hochfeste Kunststoffe, unterschiedliche Metall-Legierungen und Keramiken. In Abhängigkeit von Ausgangssituation, Belastungsanspruch und Lebensalter kommen diese Materialien in verschiedenen Kombinationen zum Einsatz.

Qualitätssicherung durch Endoprothesenregister

Auf dem Weg zu besseren Implantaten gab es jedoch auch einige Rückschläge und Qualitätsmängel. Um dem vorzubeugen gibt es seit 2014 das Deutsche Endoprothesenregister (EPRD). Es erfasst Daten über eingebaute Prothesen, die Marke und das Modell, ihre Funktionszeiten und eventuell aufgetretene Komplikationen. Die Meldungen sind bisher freiwillig und erfolgen von Patienten mit Einwilligungserklärung, Kliniken, Implantatherstellern und den gesetzlichen Krankenkassen des AOK-Bundesverbandes GBR sowie dem Verband der Ersatzkassen e.V (Vdek).

Künstliche Hüfte: Implantate sind sicher – und das Register verrät noch mehr

Insgesamt wird die Qualität der Endoprothesen aber immer besser, und sie werden immer langlebiger. In einem Artikel im Ärzteblatt aus dem Jahr 2019 schätzen die Autoren, dass drei Viertel der Hüftendoprothesen etwa 15 bis 20 Jahre halten und mindestens die Hälfte von ihnen sogar 25 Jahre im Einsatz bleibt. Wenn ein Austausch erforderlich wird, erhält der Patient eine Revisionsoperation.

Das EPRD verzeichnet für das Jahr 2022 rund 18 000 Eingriffe dieser Art am Hüftgelenk. Die häufigsten Ursachen für den Austausch waren Lockerungen (22,7 %). Zum Vergleich: in den Jahren 2012/2013 war ein lockeres Implantat noch für jede zweite Wechseloperation verantwortlich. Als weitere Ursachen genannt sind: Infektionen (16,4 %), Periprothetische Frakturen (15,9 %) und Luxationen (13,6 %). Ein Implantatversagen wurde selten (2,1 %) als Wechselgrund genannt.

Wann sitzt die künstliche Hüfte zu locker?

Endocert: System zur Zertifizierung rund um die Endoprothetik

Auch die Qualität der Eingriffe steigt stetig. Um für eine hohe Patientensicherheit in der Endoprothetik zu sorgen, initiierte die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) mit Endocert das weltweit erste System zur Zertifizierung medizinischer Einrichtungen im Bereich des Gelenkersatzes. Seit 2012 können sich medizinische Einrichtungen als Endoprothetikzentrum (EPZ) und als Endo-Prothetik-Zentrum der Maximalversorgung (EPZmax) zertifizieren lassen. Dafür müssen sie in einem Audit nachweisen, dass sie die aufgestellten Anforderungen erfüllen.

Der Erfolg der Operation zeigt sich auch in der Häufigkeit der Eingriffe. Die Datenbank Statista zählte im Jahr 2022 deutschlandweit 255 886 Implantationen künstlicher Hüftgelenke. Dabei zählt das Endoprothesenregister Deutschland insgesamt 177 826 Hüfterstimplantationen. Den Großteil an künstlichen Hüftgelenken erhalten Menschen im Seniorenalter – und damit ihre Mobilität zurück.

Hüft-TEP aus dem 3D-Drucker

In einzelnen Fällen gibt es bereits individuell und passgenau angefertigte Hüftendoprothesen aus dem 3D-Drucker. Marktforscher rechnen damit, dass diese Technik sich weiter verbreiten wird.

Aktive orthopädische Implantate sprechen künftig mit dem Arzt

Einen ganz neuen Weg gehen Forschende in einer schottischen Studie: Sie arbeiten daran, per 3D-Druck aus körpereigenen Zellen einen biologischen und individuellen Ersatz zu bauen. In ihrem Forschungsprojekt untersuchen sie daher die Herstellung von „Gerüsten“ durch 3D-Biodruck. Diese mischen sie mit den Stammzellen der Patienten und Elementen wie Kalzium, um die Regeneration von Knochendefekten zu unterstützen. Gedacht ist diese Art von Implantaten für Patienten mit erheblichem Knochenverlust, beispielsweise durch Krebs, Infektionen oder Traumata. Die neuen „lebenden biologischen Implantate“ können in dem Körper einheilen. Die Forschenden gehen davon au, dass sie sich im Gegensatz zu Alternativen wie Metallimplantaten nicht abnutzen oder lösen können.

Mit 3D-Druck zu künstlichem Knorpel

 

Nicht unerwähnt bleiben sollte dabei, dass hinter der Hüft-TEP ein riesiger Markt steckt. Der weltweite Markt für Hüftendoprothesen ist mit rund 7 Mrd. US-Dollar laut Fortune Business Insights und Mordor Intelligenz groß und soll bis 2028 auf rund 9 Mrd. US-Dollar wachsen. Die Bevölkerung der Industriestaaten wird immer älter und die Fettleibigkeit nimmt zu – zwei Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, im Laufe eines Lebens Hüftendoprothesen zu benötigen.

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