Die Idee, ein Möbelstück, wie einen Stuhl, einfach auf Rollen zu stellen, ist sehr alt und bereits auf einer griechischen Vase abgebildet: Datiert auf das Jahr 530 v. Chr., zeigt sie ein Kinderbett auf Rollen. Als eines der ersten Bilder eines Rollstuhls gilt eine in Stein geritzte Zeichnung auf einem Sarkophag im alten China, 525 n. Chr.
Zum Einsatz kamen Rollstühle aber wohl schon weitaus früher – und auch als Statussymbol. Den ersten selbst fahrbaren Rollstuhl konstruierte der gelähmte Nürnberger Uhrmacher Stephan Farfler 1655. Das erste Patent für einen Rollstuhl wurde im Jahr 1869 in den USA erteilt. Bei der Wiener Weltausstellung 1873 ging es nicht um die Gesundheit: Dort standen Rollstühle als Luxusangebot für betuchte Ausstellungsbesucher bereit – inklusive schiebendem Bediensteten.
Passender Rollstuhl entscheidend für die Lebensqualität
Heute gibt es je nach Einsatzfall die unterschiedlichsten Rollstühle: besonders leicht, besonders stabil, mit oder ohne Motor, stylisch oder schlicht. Wie gut der Rollstuhl ist oder auch zum Nutzer passt, entscheidet über die Teilhabe an Beruf, Sport und Freizeit. Damit beeinflusst der Rollstuhl die empfundene Lebensqualität von Menschen mit dauerhafter oder vorübergehender Behinderung.
Rollstühle werden je nach Rahmen in faltbare Modelle und solche mit Starr-Rahmen unterschieden. Die so genannten Faltfahrer sind praktisch, da sie sich bequemer zum Beispiel im Auto mitnehmen lassen. Sie sind durch ihre Kreuzstrebenkonstruktion jedoch viel schwerer zu fahren.
Des Weiteren werden Rollstühle nach der Art der Fortbewegung eingeteilt. Das wohl klassische Bild des Rollstuhls prägen hier die so genannten Greifreifenrollstühle. Benutzer treiben sie per Hand über die Greifringe an. Eine spezielle Variante eignet sich auch für den Einhandbetrieb mit Doppelgreifreifen auf einer Seite des Rollstuhls.
Daneben gibt es Rollstühle, die Benutzer mittels Handhebeln in Gang setzen, reine Schieberollstühle und so genannte Trippelrollstühle, vor allem für Schlaganfallpatienten, in denen sie mit einem Fuß „vorwärts- oder rückwärtstrippeln“ können. Motor- sowie Elektrorollstühle bieten schon mehr Komfort. Für spezielle Einsätze reicht das Spektrum vom Strand- bis zum speziellen Sportrollstuhl.
Zu was moderne Rollstühle in der Lage sind, zeigt sich mitunter auch im Wettbeweb – beispielsweise beim Cybathlon in der Schweiz.
Die Straßenverkehrsordnung gilt auch für Rollstühle
- Für die Ausstattung und Zulassung von Rollstühlen gelten in Bezug auf das Straßenverkehrsrecht einige Verordnungen: die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV),
- die Straßenverkehrsordnung (StVO),
- die Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) und
- die Straßenverkehrs-Zulassungsordnung (StVZO)
- sowie Sondervorschriften.
Dabei sind Krankenfahrstühle bis 6 km/h generell zulassungsfrei; Schiebe- und Greifrollstühle wiederum gelten nicht als Fahrzeuge. Motorisierte Krankenfahrstühle sind vom Zulassungsverfahren befreit, bedürfen jedoch einer Bauart- oder einer Einzelgenehmigung sowie eines gültigen Versicherungskennzeichens. Zugelassen werden müssen hingegen Elektromobile.
Maker-Technologie für den Rollstuhl
Das Angebot an Rollstühlen ist bunt – die Praxis und der Alltag hingegen weniger. So zeigte ein Forschungsprojekt der Fachhochschule (FH) Bielefeld aus dem Jahr 2008, dass viele Rollstuhlfahrer sich schlecht beraten fühlen und ihre Rollstühle als nicht individuell, nicht richtig angepasst empfinden.
Im vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekt „Made For My Wheelchair“ tun sich Rollstuhlbenutzer, Techniker und Designer zusammen, um mit Maker-Technologien herstellbare freie Produkte für Rollstuhlfahrer zu entwickeln. So sind bereits entstanden:
- ein Anhänger, mit dem man sowohl Einkäufe als auch die Begleitung transportieren kann sowie
- ein Beleuchtungsset aus LEDs mit diversen Leuchten-Modi, um die Sichtbarkeit der „Rollis“ zu erhöhen.
Was viele nicht wissen: Die Bewegung mit dem Rollstuhl durch die eigene Kraft ist anstrengender als manche Sportart. Messungen im Rahmen des Bielefelder Projekts zeigten, dass Rollstuhlfahrer zwischen 10 und 450 W Muskelkraft aufbringen müssen – das Mittel lag bei 210 W.
Zum Vergleich: Ein Radfahrer, der zwei Stunden fährt, leistet 130 W. Bei einem Zehn-Sekunden-Sprint treppauf kommt man auf über 500 W. Über einen gesamten Tag kann ein Mensch eine Dauerleistung von 80 W aufbringen. Wie leichtgängig man mit einem Rollstuhl vorankommt, hängt nicht nur mit der Radkonstruktion und dem Reifenmaterial zusammen, sondern auch mit der richtigen Verlagerung des Körperschwerpunktes beim Fahren.
Übrigens gibt es auch Karussells und sogar Schaukeln für Rollstuhlfahrer, in den unterschiedlichsten Bauarten. Allen gemeinsam ist, dass, auch bei der Schaukel, das Gefährt miteinbezogen wird und man einfach sitzen bleiben kann.
Den Rollstuhl mit den Ohren steuern
Unter dem Namen Telmyos (kurz für: Telemetrisches Myoelektrisches Ohrmuskelableit-System) entwickelten Forscher an der Klinik für Klinische Neurophysiologie der Universitätsmedizin Göttingen gemeinsam mit dem Karlsruher Institut für Technologie und der Universitätsklinik Heidelberg ein besonderes System. Mit ihm können querschnittsgelähmte Personen einen Rollstuhl bequem und sicher mithilfe der Ohren durch den Alltag steuern. Dafür werden elektrische Signale aus dem Ohrmuskel abgeleitet und mittels Soft- und Hardware verarbeitet.
http://museumofdisability.org/