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Markteinblick: Was Ungarn aus Sicht von Investoren bietet

Investitionsstandort
„Viele Argumente sprechen für Ungarn“

„Viele Argumente sprechen für Ungarn“
Dr. Roland Felkai ist Geschäftsführer der ungarischen Niederlassung des Beratungsunternehmens Rödl & Partner in Budapest Bild: Rödl & Partner
Ungarn lockt mit Investitionsanreizen. Dr. Roland Felkai von der Budapester Niederlassung der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Rödl & Partner erklärt, was der EU-Mitgliedstaat Investoren bietet und was beim Schritt nach Ungarn zu beachten ist.

Bettina Gonser
Freie Journalistin in Stuttgart

Herr Dr. Felkai, was macht Ungarn zum interessanten Standort für internationale Unternehmen?

Ungarn betreibt schon lange eine investorenfreundliche Wirtschaftspolitik. Für international agierende Unternehmen gibt es eine Vielzahl von Argumenten, die für einen Standort in Ungarn sprechen. Dazu zählen ein gutes Ausbildungssystem, eine niedrige Steuerbelastung, der Zugang zu Fördermitteln, ein unternehmerfreundliches Gesellschafts- und Arbeitsrecht sowie eine gute Infrastruktur. Der Körperschaftsteuersatz von einheitlich 9 Prozent ist der niedrigste innerhalb der EU und ein wesentlicher Faktor bei der Standortentscheidung. Daneben wurden die Arbeitgeber seit Jahresbeginn 2018 durch die Verminderung der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung von 27 auf 19,5 Prozent weiter entlastet.

Was unternimmt Ungarn noch, um ausländische Investitionen zu fördern?

Es besteht ein recht breites Spektrum an Investitionsanreizen. Die Systematik insbesondere der nationalen Förderprogramme folgt Bewertungskriterien, zu denen etwa die Arbeitslosenrate in einer Region, das geplante Investitionsvolumen, die Branche und nicht zuletzt die Anzahl der geschaffenen Arbeitsplätze zählen. Während in der Hauptstadt kaum noch Fördergelder bewilligt werden, ergeben sich andernorts durchaus noch Chancen. Für Neuinvestitionen in einigen Gemeinden in den an Budapest angrenzenden regionalen Verwaltungseinheiten, den Komitaten, können auch KMU Fördermittel erhalten, allerdings ist die Schwelle mit einem Investitionsvolumen von mindestens 10 Mio. Euro und langfristig 100 neuen Arbeitsplätzen recht hoch. Eine Ausnahme bildet eine aktuelle Ausschreibung von Fördermitteln des Forschungsministeriums, die auch für die Hauptstadt und das Komitat Pest gilt, ohne dass Investitionsschwellenwerte oder die Arbeitsplatzanzahl zu berücksichtigen sind. Sofern das Investitionsprojekt im Bereich Forschung und Entwicklung geplant ist, kann sich ein Unternehmen um Zuschüsse bewerben.

Wie gelingt der Markteintritt?

Vor dem Markteintritt ist eine eingehende Marktanalyse zu empfehlen, um die bestmögliche Strategie zu finden. Investoren im Bereich Medizintechnik sollten sich über das ungarische Gesundheitswesen, insbesondere das regulatorische Umfeld bezüglich der hinreichend bekannten Erschwernisse im Bereich der öffentlichen Vergabe genau informieren. Es ist wichtig zu verstehen, welche Art von Einrichtungen vorhanden sind, in welchem Bereich es potenzielle Kunden gibt, welche Marktteilnehmer anwesend sind und wie die Ausschreibungen funktionieren. Danach kann die Gründung durch Einbindung eines kompetenten Beraters mit der passenden Unternehmensform angegangen werden.

Wie profitieren EU-Unternehmen von einer Niederlassung vor Ort und worauf sollten sie achten?

Ab einer gewissen branchenspezifischen Größe und geplantem Umsatzvolumen sollte eine eigene Niederlassung gegründet werden. Dabei gilt es, parallel zur Gründung erfahrene einheimische Mitarbeiter zu gewinnen, die den Markt beobachten und bearbeiten können und die im Idealfall bereits über gute Kontakte verfügen. Wichtig ist, dass von Beginn an ein funktionierendes Reporting und Controlling eingerichtet wird, um mögliche Fehlentwicklungen zu erkennen und schnell reagieren zu können.

Was sind die Hauptvorteile des Standorts Ungarn für internationale Firmen?

Die rechtlichen Rahmenbedingungen bilden eine stabile und verlässliche Grundlage für eine erfolgreiche unternehmerische Aktivität. Das ungarische Arbeitsrecht ist insgesamt arbeitgeberfreundlich und erlaubt ein hohes Maß an Flexibilität, etwa bei der Arbeitszeitgestaltung oder der Entlohnung. Ein weiterer Vorteil ist die geografische Nähe zum Stammhaus oder zu anderen Standorten in Europa. Viele deutsche Unternehmen, die wegen Kostenvorteilen Standorte in Asien bevorzugt haben, geben diese wegen Qualitätsproblemen, steigender Löhne oder anderer Faktoren wieder auf und verlagern dann ihren Standort etwa nach Ungarn.

Was sind die größten Herausforderungen beim Engagement in Ungarn?

Eingreifende Gesetzgebungsmaßnahmen der Regierung in der Vergangenheit, wie Sondersteuern auf Banken, Werbeträger oder Handelsketten sind noch nicht völlig vergessen, obwohl diese mittlerweile teilweise wieder aufgehoben oder gemildert wurden und weitere Anreize für Ansiedlungen geschaffen wurden. Der Fachkräftemangel bereitet vielen Unternehmen in bestimmten Regionen seit einiger Zeit Sorgen.

Große internationale Medizintechnikunternehmen haben Produktionsstätten im Land. Lohnt sich der Schritt nach Ungarn auch für KMU?

Was für „die Großen“ gut ist, sollte auch für die KMU gut genug sein. Eine Vielzahl international tätiger Unternehmen hat im Bereichen F&E erhebliche Kapazitäten in Ungarn aufgebaut. Ungarn verfügt über hervorragend ausgebildete Ärzte, Techniker und Ingenieure, die meist auch gute Sprachkenntnisse und Kreativität mitbringen. Die Medizintechnik zählt zu den Branchen der Spitzentechnologie, mit einem erheblichen Forschungs- und Entwicklungsaufwand, der eine erhebliche Anzahl an Fachpersonal erfordert. Diese steht in Ungarn – noch – zur Verfügung.

Worauf sollten besonders Unternehmen der Medizintechnikbranche achten?

Insbesondere die Standortwahl sollte gut überlegt werden. Hierbei ist es nicht gleichgültig, ob eine Produktionsstätte errichtet werden soll, für die gegebenenfalls nur angelernte Mitarbeiter erforderlich sind, oder ob beispielsweise für F&E-Aktivitäten Fachkräfte benötigt werden. Für reine Produktionsstätten dürfte auch eine Ansiedlung in einem Gewerbepark auf dem Land eine Option sein. Sofern allerdings eine größere Anzahl an Fachkräften, Ingenieuren oder Ärzten erforderlich sein sollte, ist die Nähe zu Großstädten vorzuziehen, da die erforderlichen Mitarbeiter ansonsten vor Ort nicht unbedingt zur Verfügung stehen würden.


Weitere Informationen

Seit 25 Jahren hat die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Rödl & Partner eine ungarische Niederlassung. 80 Mitarbeiter beraten Unternehmen beim wirtschaftlichen Engagement in Ungarn, von der Unternehmensgründung bis hin zur Expansion in neue Märkte. Das Angebot umfasst neben der Rechts- und Steuerberatung die Wirtschaftsprüfung sowie die Finanz- und Lohnbuchhaltung. Sitz von Rödl & Partner ist Nürnberg.

www.roedl.de

Hintergrund

Übersicht zum aktuellen Stand auf dem ungarischen Markt für Medizintechnik

 

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