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Tulpe, Holzschuh und Hightech

Niederlande: Drehscheibe für den europäischen Medizintechnikmarkt
Tulpe, Holzschuh und Hightech

Der Markt für Medizintechnik in den Niederlanden ist nicht nur wegen seiner Lage lukrativ für ausländische Lieferanten: Während die eigene Produktion überwiegend in den Export geht, wird der Binnenmarkt durch Importe versorgt. Stark nachgefragt werden Produkte für Elektromedizin und eHealth.

Frau Antje, Tulpenfelder, Camping und Holzschuhe: Klischees über die Niederlande gibt es viele. Doch die holländischen Nachbarn blicken auf eine lange Geschichte als Seefahrer- und Handelsnation zurück und gelten als geschäftstüchtige, international ausgerichtete Kaufleute. So haben sich die Niederlande zu einem der dynamischsten Handels- und Industriezentren der EU entwickelt. Durch seine strategisch günstige Lage wird das Land häufig als Geschäftsbasis genutzt, um mehrere europäische Märkte abdecken zu können. Dies wird durch eine wirtschaftsfreundliche Regierung unterstützt, deren Ziel es ist, bürokratische Hürden abzubauen und stabile, wettbewerbsfähige Investitionsbedingungen zu schaffen, so das Ergebnis einer aktuellen Untersuchung „Doing Business in den Niederlanden 2015“ der Beratungsgesellschaft Pricewaterhouse Cooper. Ausländische Unternehmen und Einzelpersonen können in den Niederlanden im Allgemeinen ohne Einschränkungen Firmen gründen. Sie sind Unternehmen, die sich in rein niederländischem Eigentum befinden, gleichgestellt.

Davon profitiert auch die Dr. Fritz Faulhaber GmbH & Co. KG aus Schönaich. Der Antriebsspezialist eröffnete im vergangenen Sommer eine Tochter im holländischen Eindhoven. Die neu gegründete Vertriebsgesellschaft soll künftig auch die Medizintechnik- und Laborbranche in Belgien, Luxemburg und Niederlanden mit Kleinst- und Mikroantrieben bedienen. „Die Märkte in den Niederlanden, Belgien und Luxemburg können wir jetzt direkt aus dem eigenen Unternehmen heraus betreuen”, erklärt Marcus Remmel, Vertriebsleiter International und Geschäftsführer von Faulhaber Benelux. „Zudem stärken wir unsere strategische Präsenz in einem wichtigen Exportmarkt. Die Benelux-Staaten verfügen nicht nur über eine hervorragende Infrastruktur, sondern auch über ökonomische Cluster von weltweiter Bedeutung und bestens ausgebaute grenzüberschreitende Netzwerke.”
Faulhaber ist auf die Entwicklung, Produk- tion und den Einsatz von präzisen Klein- und Kleinstantriebssystemen, Servokomponenten und Steuerungen bis zu 200 W Abgabeleistung spezialisiert. Zur Produktpalette gehören bürstenlose Motoren, DC-Kleinstmotoren, Encoder und Motion Controller. Zudem bietet das Unternehmen auch kundenspezifische Komplettlösungen an, unter anderem für die Medizin- und Labortechniktechnik, die Präzisionsoptik sowie die Robotik.
Der Markt für Medizintechnik in den Niederlanden ist weitaus größer, als es die Bevölkerung von rund 16,8 Millionen Einwohnern vermuten lässt und durchaus interessant für Lieferanten. Absatzchancen bieten sich nach Angaben von Germany Trade & Invest (gtai) vor allem für Produkte und Lösungen aus den Bereichen Elektromedizin, Klinikausrüstungen, Rehabilitation, Orthopädie und häuslicher Pflege. Bekannte inländische Hersteller sind Philips Healthcare, Delft Imaging Systems, VDL Konings und BAAT Medical Engineering. Daneben sind, laut gtai, auch viele führende ausländische Akteure im Land vertreten, etwa aus den USA, der Schweiz oder aus Deutschland. Die lokale Branche ist vorwiegend mittelständisch geprägt. Vor Ort produzierte Waren werden überwiegend exportiert, während die Inlandsnachfrage weitgehend durch Importe abgedeckt wird.
Einer der Megatrends in den Niederlanden ist die digitale Entwicklung in der Gesundheitsversorgung: Patienten und Ärzte sind gegenüber neuesten Technologien sehr aufgeschlossen. Das Land gehört nach Angaben von Marte-Marie Diewitz, Niederlande-Expertin bei der gtai, weltweit zu den Ländern mit der höchsten Technologieaffinität. Dementsprechend hoch ist die Akzeptanz von digitalen Lösungen in allen Bereichen, auch im Gesundheitswesen. Nicht zuletzt durch die alternde Bevölkerung, die Zunahme chronischer Erkrankungen und durch steigende Kosten, wachsen die Herausforderungen an die nationalen Gesundheits- und Versorgungssysteme, so Diewitz. Dies bedeute, dass in der Pflege verstärkt auf Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) gesetzt wird. Damit soll der medizinische Fortschritt angetrieben und die Wirtschaftlichkeit bei steigendem Kostendruck gewährleistet werden. Das Spektrum an elektronischen Lösungen reicht vom Informationsaustausch zwischen Patienten und Ärzten sowie medizinischem Pflegepersonal über das Internet bis zu Anwendungen für das Mobiltelefon und der Telemedizin. Um die Digitalisierung im Gesundheitswesen weiter voranzubringen, hat Gesundheitsministerin Edith Schippers Anfang Oktober 2015 angekündigt, in den kommenden zwei Jahren knapp 130 Mio. Euro zu investieren. Sogenannte Health Deals sollen die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Partnern stärken. Hierbei ständen vor allem E-Health-Anwendungen wie Telemonitoring und Sensoren im Vordergrund.
Forschung nicht nur für den niederländischen Markt betreibt das Holst Centre in Eindhoven. Dort wurde kürzlich auch die weltweit erste anschmiegsame LED-Anzeige vorgestellt, die über einen Dünnschichttransistor (TFT) angesteuert wird. Diese LED- Anzeige kann sogar in Textilien eingebettet werden. Die Entwicklung soll den Weg für tragbare Displays, wie zum Beispiel Gesundheitsmonitore, in der Kleidung ebnen, so die Forscher. „Wearable-Geräte helfen Menschen, ihre Fitness und Gesundheit zu messen und zu überwachen, sagt Edsger Smits, leitender Wissenschaftler am Holst Centre. Das anpassungsfähige Display ist sehr dünn und mechanisch dehnbar. Die LED-Anzeige wird auf einem Polyimid-Substrat herge-stellt und in Gummi eingekapselt – dadurch wird auch die Textilie waschbar. Zum Einsatz kommen soll die Technik nicht nur im Medizin-, sondern auch im Fitnessbereich. Und das weltweit.
Vom Standort Niederlande aus kein Problem: Die zentrale Lage macht das Land zum optimalen europäischen Handelsplatz. Um den schnellen Versand der Produkte kümmern sich Logistikdienstleister wie UPS, DB Schenker und TNT. Alle drei Unternehmen sind bereits auf dem Markt vertreten, bauen aber ihre Präsenz derzeit deutlich aus: TNT hat in Heerlen eine neue Hauptumschlagbasis eröffnet, die sich auf den Versand von Medizintechnik an Kliniken und Krankenhäusern in Europa spezialisiert hat. Und auch die amerikanische United Parcel Service of America Inc. (UPS) kündigte kürzlich den Bau eines neuen Healthcare-Vertriebszentrums in Roermond an.
Trends am niederländischen Markt sind Wearables und die Digitalisierung

Ihr Stichwort
    • Internationale Drehscheibe für Medizintechnik
    • Cluster und Netzwerke
    • Hohe Importquote
    • Fokus auf Elektromedizin und digitale Gesundheitsversorgung

Stark im Import

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Die Versorgung des niederländischen Medizintechnikmarktes erfolgt zumeist über Importe, die 2013 rund 9,9 Mrd. Euro betrugen. Die Importe übersteigen die lokale Produktion aufgrund zahlreicher Reexporte. Allein die Lieferungen aus Deutschland wuchsen im ersten Halbjahr 2014 leicht auf 481 Mio. Euro. Die Exporte nahmen 2013 um rund 4 % auf 11,8 Mrd. Euro ab. Hauptnachfrager am niederländischen Binnenmarkt sind die 81 Krankenhäuser und acht Universitätskrankenhäuser. Im innergemeinschaftlichen Warenverkehr der EU sind die Regelungen des Umsatzsteuer-Kontrollverfahrens in der EU zu beachten. Informationen dazu erteilt The Dutch Healthcare Inspectorate (IGZ): www.igz.nl
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