Die schwere chronische Veneninsuffizienz (CVI) ist eine Krankheit, von der weltweit Millionen Menschen betroffen sind. Sie verursacht Beschwerden wie geschwollene, schmerzhafte Beine, Ödeme, Krämpfe, Krampfadern und Geschwüre. Der Grund dafür ist eine schlechte Durchblutung, die zu einem Blutstau in den Beinen führt und die Gehfähigkeit beeinträchtigt. Zudem belasten die hohen Kosten für die Wundversorgung das Gesundheitssystem. Derzeit gibt es noch keine effiziente Lösung.
„Das Tragen von Kompressionsstrümpfen ist nach wie vor die Standardbehandlung bei chronischer Veneninsuffizienz, deren Wirkung hinsichtlich des Wiederauftretens von Geschwüren und der Symptomlinderung jedoch kaum signifikant ist“, erklärt Dr. Antonio Rosale, Leiter der National Unit For Reconstructive Deep Venous Surgery am Universitätsspital Oslo (NOVI/OUS) und leitender klinischer Mitarbeiter des norwegischen Start-ups Clexbio. „Ein durch Tissue Engineering hergestelltes Venentransplantat würde Millionen von CVI-Patientinnen und -Patienten neue Perspektiven eröffnen.“
3D-gedrucktes Venentransplantat aus Biomaterial
Bei Menschen ohne CVI leiten die Venen das Blut aus den Organen zurück zum Herzen. Sie verfügen über kleine Klappen, die verhindern, dass das Blut aufgrund der Schwerkraft zurückfließt. Diese komplexe Struktur lässt sich nur sehr schwer künstlich nachbilden.
Das Start-up Clexbio hat dafür nun ein mikrostrukturiertes 3D-Biomaterial entwickelt, das mit menschlichen Zellen, beispielsweise aus einer Zellbank, kombiniert werden kann und diese dazu bringt, sich nach einem bestimmten Muster zu vermehren und echtes menschliches Gewebe zu bilden. Hat sich das gewünschte Gewebe gebildet, werden sowohl Zellen als auch Gerüst entfernt. Zurück bleibt ein Implantat, das aus menschlicher extrazellulärer Matrix besteht, ein durch Tissue Engineering gewonnenes Venentransplantat.
Geschlossenes System für die automatisierte Produktion
Die Herstellung dieser Implantate erfordert ein geschlossenes biotechnologisches Produktionssystem, das automatisch arbeiten kann. Dafür hat sich das junge Unternehmen mit den Experten der Schweizer Forschungsorganisation CSEM zusammengetan. Die Ingenieurinnen und Ingenieure des CSEM verfügen über eine umfassende Erfahrung mit Hydrogelen, Automatisierung und physiologischen Mikrosystemen.
„Ein geschlossenen Produktionssystem verringert das Kontaminationsrisiko, trägt dazu bei, die Produktqualität und Sicherheit zu gewährleisten und erleichtert die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften“, sagt Gilles Weder, Gruppenleiter im Bereich Cell-Mikrotechnologien am CSEM. Sein Kollege Vincent Revol, Leiter R&D für die Life Science Technologien, fügt hinzu: „Im Bereich der regenerativen Medizin besteht eine der größten Herausforderungen darin, den Übergang vom Labor zur klinischen Anwendung zu schaffen, weil dafür standardisierte und automatisierte Herstellungsprozesse erforderlich sind. Für die Erschließung des unerhörten Potenzials neuartiger Zell- und Gentherapien werden neue Technologien wie diese entscheidend sein“.
Zur Finanzierung der Forschungen stellt die norwegische Regierung rund 2 Mio. CHF zur Verfügung. (su)
Weitere Informationen
Das CSEM ist eine Forschungs- und Technologieorganisation (RTO) und eine öffentlich-private Partnerschaft. Ihre Aufgabe ist es, die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Industrie sicherzustellen, indem sie mit einem umfangreichen Netzwerk aus Hochschulen, Forschung und Wirtschaft zusammenarbeitet.
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