Herr O‘Neill, welche Möglichkeiten bietet der japanische Markt für Medizinprodukte-Hersteller?
Es gibt viele Möglichkeiten für deutsche Unternehmen in Japan. „Made in Germany“ ist für japanische Ärzte und medizinisches Fachpersonal ein hoch geschätztes Qualitätsmerkmal. Die deutsche Medizinprodukteindustrie ist bekannt für ihre hohe Qualität, Innovation und Stabilität, die von den Japanern sehr geschätzt werden. Das Erstattungsniveau ist im Allgemeinen gut und mit dem europäischen Niveau vergleichbar. Für besonders innovative Produkte können auch höhere Erstattungssätze gezahlt werden. Die japanischen Kunden sind anspruchsvoll, aber sehr loyal, so dass Sie in Japan ein langfristiges Geschäft betreiben können.
Welche Produkte sind gefragt?
O‘Neill: Die alternde Bevölkerung und der Rückgang der Erwerbsbevölkerung bedeuten, dass es viele Möglichkeiten in den Bereichen Orthopädie, In-vitro-Testsysteme, Bildgebungssysteme, KI-gestützte Bildgebung, Onkologie, Altenpflegegeräte, Wearables sowie Zahnmedizin gibt. Auch die Arzneimittelforschung und -herstellung wird weiter wachsen, da Japan versucht, seine Führungsposition in diesem Bereich wiederherzustellen.
Big in Japan – Wachstumsmarkt für Medizintechnik mit hohen Ansprüchen
Herr Salvatore, wer ist in Japan für die Registrierung und Zulassung von Medizinprodukten zuständig?
Die Pharmaceutical and Medical Device Agency, kurz PMDA, des Ministry of Health, Labour and Welfare, MHLW, ist für die Zulassung von Medizinprodukten in Japan zuständig. Für die meisten Geräte niedriger Risikoklasse ist lediglich eine Meldung an die PMDA erforderlich. Für viele Produkte der Klasse II, vor allem für Geräte mit Zertifizierungsnormen, ist eine registrierte Zertifizierungsstelle, Registered Certification Body oder RBC, zuständig. Dies ist vergleichbar mit einer Benannten Stelle in der EU. Produkte mit höherem Risiko werden von der PMDA zugelassen.
Welche regulatorischen Vorgaben müssen ausländische Medizinprodukte-Hersteller beim Markteintritt erfüllen?
Salvatore: Seit 2014 ist der Pharmaceutical and Medical Device Act, der PMD Act, das wichtigste Gesetz. Er benennt Anforderungen an die Inverkehrbringung, die Qualitätssicherung und die Gewährleistung der Wirksamkeit und Sicherheit von Medikamenten, Medizinprodukten, regenerativen medizinischen Produkten, zellulären Therapien, Gentherapien und Kosmetika. Generell sind die Vorgaben ähnlich wie in anderen Rechtssystemen: Hersteller müssen ein QM-System etablieren gemäß der Ministerial Ordinance N. 169. Diese ist im Wesentlichen mit der ISO 13485:
2016 harmonisiert. Sie müssen einen Bevollmächtigten, den Marketing Authorization Holder – oder MAH – benennen, der einen Sitz in Japan haben muss und die Zulassungsunterlagen einreicht. Er hat die Gesamtverantwortung für das QM-System und ist nach Zulassung der Produkte für die Produkt- oder Chargenfreigabe, die Post-Market Surveillance und die Vigilanz verantwortlich. Auch die Herstellerregistrierung erfolgt mit Hilfe des MAH als „Foreign Manufacturer“ beim MHLW.
Mit welchen Hürden müssen ausländische Hersteller rechnen?
O‘Neill: Hersteller im Ausland können sich nicht direkt aus dem Ausland an die PMDA wenden, um eine Zulassung zu beantragen. Ausländische Hersteller müssen die Zulassung mit Hilfe eines lizenzierten Designated Market Authorization Holder, eines D-MAH, meist ein spezialisiertes Zulassungsunternehmen, oder eines Market Authorization Holder-MAH, also eines Händlers, beantragen, der den Zulassungsantrag bearbeitet. Wir empfehlen neuen Unternehmen in Japan in erster Linie einen D-MAH zu wählen.
Werden japanische Medizinprodukte-Hersteller bevorzugt?
O‘Neill: Der japanische Markt für Medizinprodukte wird zu etwas mehr als 50 Prozent von ausländischen Unternehmen beliefert, hauptsächlich aus den USA und Europa. Es gibt keine starke Präferenz für japanische Markenprodukte, aber eine Tendenz zur Stärkung der Lieferketten durch Verlagerung der Produktion oder Verlagerung nach Japan. Die Zusammenarbeit mit einem lokalen Unternehmen könnte Teil der Strategie deutscher Hersteller sein.
Was ist für die Zulassung notwendig?
Salvatore: Das hängt von der Klasse und der genauen Kategorie des Produkts ab. Produkte der Klassen I und II, die Zertifizierungsstandards erfüllen, können relativ schnell zugelassen werden. Für Produkte der Klassen III und IV mit höherem Risiko, für die bereits ähnliche Produkte auf dem Markt sind, verwendet Japan ein Zulassungssystem, ähnliche dem 510k-Verfahren der US-FDA. Das eigentliche Zulassungsverfahren läuft ähnlich ab wie in den USA. Die PMDA hat große Fortschritte bei der Verkürzung der Markteinführungszeit für Produkte erzielt. Sie empfiehlt jedoch nachdrücklich eine Reihe von Vorgesprächen vor der Beantragung der Zulassung, wodurch sich das Verfahren etwas verlängern kann.
Wie lange dauert die Zulassung?
Salvatore: Wenn Hersteller über eine gute technische Dokumentation verfügen und keine neuen Tests oder klinischen Studien erforderlich sind, sind zwei Jahre vom Beginn des Projekts bis zur Zulassung einzuplanen. Wenn das Produkt erstattungsfähig ist, werden weitere ein bis zwei Monate benötigt, um einen Erstattungsbescheid zu erhalten. Dann steht man als Hersteller auf der Liste und muss bereit sein, zu liefern.
Was raten Sie Unternehmen, die sich für den Einstieg in den japanischen Markt entschieden haben?
O‘Neill: Wichtig sind vernünftige Erwartungen in Bezug auf die Fristen und den Dokumentationsaufwand. Es gibt mehrere Erstattungswege, die einen großen Unterschied in der endgültigen Erstattungshöhe für die Produkte ausmachen werden. Die Sprachbarriere in Japan ist nach wie vor hoch, so dass ein mehrsprachiger Partner von Vorteil ist. Auch der Vertrieb kann ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal auf dem japanischen Markt sein. Medizinische Fachkräfte sind an sehr enge Beziehungen zu lokalen Vertriebshändlern gewöhnt, so dass ein Haupt- und dann mehrere lokale Vertriebshändler vorhanden sein müssen, um sicherzustellen, dass die Produkte die Endverbraucher erreichen. Ein klassischer Fehler, den es zu vermeiden gilt, ist es, einen Wettbewerber als Vertriebshändler zu engagieren.
Weitere Informationen
Gemeinsam mit dem Partner Parkdale Group, Kyoto, bietet das Johner Institut Unterstützung bei der Marktzugangsstrategie und regulatorischen Bewertungen, bei der Suche nach einem geeigneten D-MAH sowie bei der Erstellung der Zulassungsunterlagen.
Klassifizierung für Medizinprodukte in Japan
Medizinprodukte Klasse I:
- Hersteller benötigen einen Vertriebspartner in Japan, der als Bevollmächtigter fungiert.
- Kein QMS-Audit erforderlich.
Klasse II Specified Controlled Medical Devices:
- Hersteller benötigen einen Bevollmächtigten
- Verfahren läuft über eine registrierte Zertifizierungsstelle (RCB)
Klasse II Controlled Medical Devices:
- Hersteller benötigen einen Bevollmächtigten
- Zulassung vor dem Inverkehrbringen
- Dokumentation im internationalen STED-Format
- Zulassung über die PMDA (Pharmaceutical and Medical Device Agency)
Klasse III Highly Controlled Medical Devices:
- Benötigen einen Bevollmächtigten
- Zulassung vor dem Inverkehrbringen
- Dokumentation im STED-Format
- Zulassung über die PMDA
Klasse IV Highly Controlled Medical Devices:
- Benötigen einen Bevollmächtigten
- Zulassung vor dem Inverkehrbringen
- Dokumentation im STED-Format
- Zulassung über die PMDA.
Die wichtigste Datenquelle ist die Japanische Nomenklatur für Medizinprodukte (JMDN), die regelmäßig aktualisiert wird, wenn neue Produkte auf den Markt kommen. Die JMDN enthält eine ausführliche Beschreibung des Verwendungszwecks des Produkts sowie Normen für die Zulassung, sofern sie existieren.