Für international tätige Medizinproduktehersteller ist Indien ein spannender Markt mit immensen Wachstumsraten. Welche Besonderheiten sie bei ihren Geschäften mit Indien beachten sollten, erklärt Rechtsanwalt und Indienexperte Martin‧ Wörlein, der für Rödl & Partner seit vielen Jahren Unternehmen der German Health Alliance auf dem Subkontinent berät.
Susanne Schwab
susanne.schwab@konradin.de
Herr Wörlein, was fasziniert Sie am meisten bei Ihrer Arbeit mit Indien?
Unternehmerisch gesehen ist Indien ein sagenhaft dynamischer Markt. Seit Jahrzehnten gibt es keine Anzeichen dafür, dass sich das Wachstum verlangsamt. Wir haben hier immer mit dem Planen von Wachstum und Bewältigen von Möglichkeiten zu tun. Das finde ich persönlich sehr inspirierend – nicht nur für uns selbst, sondern auch für die Unternehmen, die wir begleiten. Die Arbeit ist sehr abwechslungsreich, denn Indien ist ein facettenreiches Land, kulturell sehr vielfältig und reizvoll.
Welche drei Dinge sollten Unternehmen auf dem indischen Markt besonders beherzigen?
Unternehmen brauchen in Indien Geduld, sie müsse flexibel sein und sie sollten ihre Hausaufgaben machen und genau wissen, was sie auf dem indischen Markt wollen. Geduld und Engagement werden in Indien belohnt. Die Zeit, die man in den Markt, aber auch in Land und Leute investieren muss, ist zwar häufig länger als geplant, aber sie zahlt sich aus. Die Erfolgsgeschichten, die wir sehen, haben immer eine solide gewachsene Basis. Wenn man sich nicht auf die Facetten von Indien einlässt, kann das sehr frustrierend sein.
Welche Herausforderungen bringt der Markteintritt mit sich?
Die Betreuung des riesigen Landes erfordert eine sinnvolle Planung der Strategie sowie des möglichen Standorts. Unternehmen müssen sich überlegen, in welcher rechtlichen Form sie auf dem Subkontinent aktiv sein wollen. Das regulatorische Umfeld, etwa in den Bereichen Gesellschaftsrecht, Steuerrecht und Arbeitsrecht ist anspruchsvoll. Zudem erwarten die indischen Geschäftspartner eine individuelle und persönliche Betreuung sowie einen guten Service. Persönliche Präsenz wird sehr geschätzt, für Service und Follow-up-Besuche sollte ein Team vor Ort sein.
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Welches sind aus Ihrer Sicht die häufigsten Fehler, die Unternehmen in Indien machen?
Ein Fehler ist sicherlich, den gesunden Geschäftssinn von einer vordergründigen Begeisterung für das Land und den großen Marktchancen überdecken lassen. Viele binden sich schon nach zu kurzer Zeit exklusiv an einen indischen Geschäftspartner. Dadurch entstehen manchmal Vertragskonstruktionen und Verbindungen, mit denen wir uns als Juristen dann beschäftigen müssen. Einen langfristigen, guten Partner zu finden und zu halten, ist das Ergebnis einiger Jahre. Eine große Herausforderung ist es sicherlich auch, den Mittelweg zu finden zwischen kulturell sensibel und respektvoll, aber nicht übervorsichtig mit dem neuen Partner zu sein. Unternehmen sollten auch nicht alles akzeptieren, womit sie konfrontiert werden, sondern auch auf der eigenen Position und ihrem Standpunkt beharren.
Welche Möglichkeiten haben Unternehmen, um in Indien präsent zu sein?
Für viele ist der erste Schritt auf den indischen Markt der Export eines Produktes. Dafür suchen sie sich einen Vertriebspartner. Hier ist aber die Diversifizierung wichtig, denn nur den einen Partner für ganz Indien zu suchen, ist nicht praktikabel. Dabei ist es gerade für kleine und mittelständische Unternehmen immens wichtig, dass die Ressourcen richtig eingeschätzt werden. Nur ein bisschen Indien zu machen, wird nicht zum Erfolg führen. Die nächste Phase ist typischerweise dann die Gründung einer eigenen Vertriebs- und Service-Organisation, denn die Betreuung von Kunden vor Ort und der Service haben in Indien eine große Bedeutung.
Und wann lohnt sich eine eigene Fertigung?
Wenn mein Produkt passt und ich es mir als Unternehmen zutraue, dann ist der nächste logische Schritt eine eigene lokale Fertigung für den indischen Markt und andere asiatische Märkte. Oft liegt das Produktions-Know-how bei der deutschen Gesellschaft und es bestehen häufig bereits langjährige Kundenbeziehungen. In einer solchen Konstellation liegt es nahe, vor Ort eine Auftragsfertigung zu etablieren, also ein Unternehmen, das für konzerninterne Auftraggeber unter Abnahmegarantie produziert.
Welche steuerrechtlichen Punkte gilt es zu beachten?
Unternehmen, die Handel mit Indien betreiben, sollten sich mit den Zollabgaben und der Einfuhr- und Umsatzsteuer für Indien auskennen. So können sie einschätzen, wie ihre Kunden kalkulieren. Grenzüberschreitende technische Dienstleistungen werden in Indien besteuert. Das ist ebenfalls bei der Preiskalkulation wichtig, denn dabei ist eine Quellensteuer fällig. Bei einer Teilnahme an Ausschreibungen sollte man die Steuerregeln und Steuerklauseln beachten, die als All-inclusive-Klauseln in den Verträgen stehen. Unterhält ein Unternehmen eine eigne Niederlassung in Indien, hängt die Besteuerung davon ab, ob die Produkte im Land verbleiben oder exportiert werden.
Wie gehen Unternehmen mit Transferpreisregelungen um?
Transferpreise oder steuerliche Verrechnungspreise fallen in einer Unternehmensgruppe an, die beispielsweise in Deutschland und Indien aktiv ist und Waren von Deutschland nach Indien importiert. Das wird von den Behörden streng kontrolliert. Indien hat mit das strikteste Regime weltweit für die Überprüfung der unternehmensgruppeninternen Preisgestaltung steuerlicher Verrechnungspreise. Hier sollte man keine Risiken eingeht.
Welche Unterstützung bietet Rödl & Partner?
Wenn es darum geht, aus Deutschland zu exportieren, unterstützen wir Mitglieder der German Health Alliance bei der Steuer- und Vertragsgestaltung. Das kann mal mehr, mal weniger aufwendig sein. Auch das Thema Ausschreibungen begegnet uns häufig in der Praxis. Wir helfen bei der Teilnehme auch aus dem Ausland heraus. Wenn es darum geht, eine eigene rechtliche Präsenz aufzusetzen, sind wir Ansprechpartner bei der Planung und Umsetzung und unterstützen bei Rechnungswesen, Buchhaltung und anderen Aufgaben.
Kontakt zum Indien-Experten:
Rödl & Partner GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft
Äußere Sulzbacher Str. 100
90491 Nürnberg
martin.woerlein@roedl.com