Herr Fichtner, welche Chancen bietet der Gesundheitsmarkt Vietnam?
Vietnam hat sich in den letzten Jahren vom Schwellenland hin zu einer Art Mittelklasse-Gesellschaft entwickelt. Diese neue Mittelschicht will künftig an einer hochwertigen medizinischen Versorgung partizipieren. Dass Geld vorhanden ist, zeigt sich auch an der wachsenden Zahl an Privatkliniken, die in Hightech investieren.
Was bedeutet das für ausländische Medizintechnik-Hersteller?
Vietnam braucht Medizintechnik und kauft gerne Made in Germany. Das ist für uns wichtig, denn der mittlerweile größte Wettbewerber, China, sitzt ja direkt vor der Haustür. Aber die Vietnamesen mögen deutsche Medizintechnik und deutsche Wertarbeit – und sie zahlen dafür auch gerne etwas mehr. Außerdem legen sie Wert auf Services wie Schulungen und After Sales Support, den die deutschen Unternehmen bieten. Trotzdem muss der Preis stimmen, denn das Budget ist meist begrenzt.
Ist es für europäische Hersteller schwer, den vietnamesischen Markt zu bearbeiten?
Es gibt keinen „leichten“ Markt. Man muss sich immer mit dem jeweiligen Land und der Mentalität der Marktteilnehmer auseinandersetzen. Vietnamesen legen beispielsweise großen Wert auf gute, langfristige Geschäftsbeziehungen. Will man also in Vietnam erfolgreich sein, braucht man Beharrlichkeit und einen langen Atem. Ein schlechtes Jahr darf kein Grund sein, aufzugeben. Auch lässt sich der Markt nicht online bearbeiten. Es ist wichtig, vor Ort zu sein, um einen Eindruck zu bekommen, wie Kunden und Partner dort arbeiten und Interesse an ihnen und an ihrer Kultur zu zeigen. Hilfe beim Markteinstieg bietet auch der richtige Handelspartner, der den Markt kennt und das Produktwissen weitertragen kann.
Welche Möglichkeiten gibt es, den Markt zu bearbeiten?
Große ausländische Medizintechnikhersteller und auch Pharmakonzerne haben ihre eigenen Niederlassungen im Land und bearbeiten – häufig auch mit einer eigenen Produktlinie – den Markt vor Ort. Für kleinere und mittlere Unternehmen ist Vietnam aber nicht groß genug, um sich eine eigene Infrastruktur leisten zu können. Für die meisten Hersteller ist es deshalb einfacher, mit einem Vertriebspartner zu arbeiten, der den Markt und auch die regional unterschiedlichen Stärken und Schwächen des Landes kennt. Viele unserer GHA-Mitglieder sind entweder mit eigenen Büros oder einem Handelspartner vor Ort vertreten. Oder sie betreuen den Markt von Bangkok oder Malaysia aus.
Wie findet man den richtigen Vertriebspartner für Vietnam?
Der Besuch von Kongressen oder großen Messen wie Medica und Arab Health hilft, Kontakt zu den Händlern zu bekommen. Im besten Fall findet der Händler Sie und Ihr Produktangebot. Für Unternehmen, die neu in den Markt wollen, sind Netzwerke, wie die GHA sie bietet, nützlich. Wir tauschen uns aus und geben unsere Kontakte weiter. Weitere wichtige Ansprechpartner sind der Ostasiatische Verein und die Außenhandelskammern vor Ort. Auch eine organisierte Delegationsreise kann helfen, einen Einblick in den Markt zu bekommen und bestenfalls einen Vertriebspartner kennenzulernen.
Welche Produkte braucht das Land?
Eigentlich alle. In der gesamten Region, also nicht nur in Vietnam, sondern auch beispielsweise in Malaysia und Thailand, werden derzeit die Krankenhäuser auf den neuesten Standard gebracht. Und alle wollen neueste Technologien haben. Vertreter dieser Krankenhäuser sind auf den internationalen Messen unterwegs, um sich über neue Produkte und Lösungen zu informieren – und entsprechend werden anschließend die Ausschreibungen formuliert.
Sind hier eher Hightech- oder frugale Lösungen gefragt?
Oft lässt es das Budget der lokalen staatlichen Kliniken noch nicht zu, die Hightech-Variante zu wählen. Und häufig fehlt einfach auch die passende Infrastruktur, wie beispielsweise WLAN oder ein stabiles Stromnetz. In den Privatkliniken wird aber schon modernste Computer- und Kernspinthomographie angeschafft. Wir bei Protec haben beispielsweise für alle Budgets entsprechende Geräte für die klassische Röntgendurchsuchung. Das geht los mit einer Basis-Analog-Anlage, die sich dann bei Bedarf zu einer digitalen Anlage umrüsten lässt, bis hin zu Röntgengeräten, die vollautomatisch arbeiten.
Welche regulatorischen Voraussetzungen müssen erfüllt werden, damit deutsche Produkte auf den vietnamesischen Markt dürfen?
Hersteller müssen ihre Produkte lokal registrieren lassen, wenn sie auf den vietnamesischen Markt wollen. Voraussetzung dafür sind die ISO-Zertifizierung, die CE-Kennzeichung sowie Produktdokumentationen. Zudem wird ein Free Sales Certificate benötigt. Dieses Zertifikat bescheinigt, dass die Ware im Exportland den gesetzlichen Bestimmungen genügt und uneingeschränkt verkehrsfähig ist. Die Zulassung vor Ort übernimmt im Idealfall der Händler, der Erfahrung mit der Registrierung vor Ort hat. Diese dauert ungefähr sechs Monate. Übernimmt ein Händler diese Aufgabe, ist das übrigens ein Zeichen, dass er an einer langfristigen Zusammenarbeit interessiert ist.
Welche Unterstützung bietet die GHA den Unternehmen?
In der GHA – German Health Alliance haben sich aktuell 53 Unternehmen aus der Medizintechnik zusammengeschlossen, um den Erfahrungsaustausch im Exportgeschäft und das internationale Medizintechnikgeschäft gemeinsam zu fördern. Wir nutzen interne Foren für den Austausch untereinander. Ebenso wichtig wie der Austausch von Informationen und Erfahrungen unter den Mitgliedern sind dabei unsere Kontakte zu Ministerien und Institutionen. Die GHA berät zudem das Wirtschaftsministerium dabei, welche Leitmessen im Ausland für die Medtech-Industrie wichtig sind und welche gefördert werden sollten. Und natürlich unterstützen wir alle Unternehmen, auch Nichtmitglieder, bei Fragen rund um den Export. Uns ist es wichtig, dass alle deutsche Medizintechnik-Unternehmen im Ausland gute Geschäfte machen können.
GHA auf der Medica: Halle 10, Stand C56
Weitere Informationen
Die Protec GmbH & Co. KG im schwäbischen Oberstenfeld ist ein Allrounder im Bereich der Röntgentechnologie. Das Produktportfolio reicht von Röntgentischen über analog arbeitende hochkompakte Röntgenfilm-Entwicklungsmaschinen, volldigitale Direktradiographie-Systeme (DR) bis hin zu Röntgen-Komplettsystemen. Hinzu kommt die eigene Softwareentwicklung. Das gesamte Protec-Produktportfolio entspricht den international hohen Standards für Medizinprodukte.
Zum Medizintechnik-Netzwerk GHA
In GHA – German Health Alliance haben sich unter anderem mehr als 50 wachstumsstarke Unternehmen aus der Medizintechnik zusammengeschlossen, um den Erfahrungsaustausch im Exportgeschäft und das internationale Medizintechnikgeschäft gemeinsam zu fördern. Ebenso wichtig wie der Austausch von Informationen und Erfahrungen unter den Mitgliedern sind dabei die Kontakte zu Ministerien und Institutionen.
Die GHA repräsentiert mit ihren Mitgliedsunternehmen nahezu die gesamte Produktpalette in der Medizintechnik und bietet ein breit gefächertes Produkt- und Dienstleistungsportfolio – vom Stethoskop über CT-Geräte bis zur Krankenhaus-IT. Seit seiner Gründung ist das Medizintechnik-Netzwerk auf den wichtigen nationalen und internationalen Messen aktiv, wie zum Beispiel auf der Medica in Düsseldorf oder der Arab Health in Dubai, wo sie sich mit einem großen Gemeinschaftsstand präsentiert. Geschäftsstellen der GHA befinden sich in Berlin und Bonn.
Auf der Medica: Halle 10, Stand C56
Kontakt zum Netzwerk:
GHA – German Health Alliance
Gertraudenstr. 20
10178 Berlin
www.gha.health