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Jeden Gedanken an Sprengstoff vermeiden

Wearable Technologies: Beim Herzunterstützungssystem zählt auch das Design
Jeden Gedanken an Sprengstoff vermeiden

Die Technik muss stimmen, aber das Design entscheidet mit darüber, ob der Patient ein Produkt akzeptiert. Das Aussehen eines Herzunterstützungssystems, dessen Teile am Träger auch zu sehen sind, haben Designer im Selbstversuch optimiert.

Schätzungsweise 10 Millionen Menschen leiden unter einer zunehmenden Degenerierung ihrer Herzfunktion, verlieren damit ihre Mobilität und schränken ihr selbstbestimmtes Leben ein. Wenn das Treppensteigen so anstrengend wird wie eine alpine Bergtour, wieviele Geräte würde ein Patient an seinem Körper tragen wollen, wenn sie diesen Zustand verbessern?

Solche Herzunterstützungssysteme sind für Patienten mit fortgeschrittener Herzerkrankung häufig das letzte Mittel, ihre Lebensqualität zu verbessern. Der US-amerikanische Hersteller Circulite, in Deutschland vertreten durch die Aachener Circulite GmbH, hat eine Diagonalblutpumpe in der Größe einer Batterie vom Typ AA entwickelt. So ein Unterstützungssystem hat den Vorteil, dass sich unter günstigen Bedingungen ein Erholungseffekt einstellen kann – und beim Ausfall des Systems schwebt der Patient nicht direkt in Lebensgefahr.
Das System wird teilweise implantiert, muss aber durch Elemente ergänzt werden, die der Patient am Körper trägt. Für das Design arbeitete Circulite schon in einem sehr frühen Entwicklungsstadium mit dem Büro Memo Design, dessen Mitarbeiter mit medizintechnischen Projekten bereits Erfahrung haben. Die elektrotechnische Umsetzung übernahm die ebenfalls mit der Arbeit an Medizinprodukten erfahrene Em-Tec GmbH in Finning. 2007 war das Equipment zum ersten Mal im Einsatz, in der Zwischenzeit folgten 50 weitere Fälle, seit 2012 ist es mit dem CE-Kennzeichen versehen.
Nachdem die technischen Parameter für Batterien und Controller festgelegt waren, zeichneten Mitarbeiter von Memo Design zunächst ein Storybook, das viele denkbare Situationen erfasste, in die ein Patient geraten kann. Beispielsweise wurden Szenarien für Sport, Körperpflege, Reisen, Unfall oder Defibrillation entwickelt. Erste Usabilitystudien entstanden.
Den Designern war klar, dass die Patienten dem System rund um die Uhr ausgeliefert sein würden – über Monate und Jahre. So trugen die Designer selbst gefertigte Holster und Taschen – quasi im Selbstversuch – für eine Weile im täglichen Leben. Dabei zeigte sich, dass die ergonomisch günstigste Tragweise tatsächlich ein Holstergürtel war, der es erlaubte, die Position der Batterietaschen nach vorne oder auf die Seiten zu verlegen. Der Controller, der immer mit dem Patienten und zumindest einer Batterie verbunden sein muss, wird dabei entweder mit einem Nackenband oder in einer Gürteltasche zwischen den Batterien getragen.
Bei den Usability Studien stellte sich aber auch heraus, dass unbeteiligte Mitmenschen sehr irritiert auf Taschen reagieren, die vor den Bauch geschnallt sind. Ein Memo-Design-Mitarbeiter legte in einer Selbstversuch-Phase einmal seinen Mantel im Zug ab und blickt plötzlich in einige entsetzte Gesichter – die Mitreisenden hielten den Holster offensichtlich für einen Sprengstoffgürtel. Nach dieser Erfahrung war klar, dass die Formensprache und Farbe weit vom Militärischen weg liegen würden.
Alle Gehäuse mussten natürlich so ausgelegt werden, dass sie die UL-Prüfung und die IP-Klasse x4 erreichen. Die entformungsgerechte Konstruktion dafür lieferte ebenfalls Memo Design. Solcherart verpackt, überstanden die anfänglich 900 g schweren Batteriemodule einen Sturz aus 2 m Höhe auf Beton, ohne zu brechen. Neben den Basismodulen besteht das komplette Set, das ein Patient benötigt, aus acht Batteriemodulen sowie einer Ladestation. Der fortschreitende Entwicklungsprozess machte es sogar möglich, die Batterien und den Controller zu verkleinern, sodass es 2010 zu einem Redesign kam. Patientenfeedback zeigte, dass der Holster nicht immer benötigt wird. Die Patienten klipsen sich die Geräte inzwischen mit integrierten Klemmen an den eigenen Gürtel oder stecken die Gerätschaften in eine Umhängetasche.
Dirk Schellberg Memo-Design, Finning
Weitere Informationen Über den Blutpumpenhersteller: www.circulite.net Über die Designer: www.memo-design.de Über den Elektronikspezialisten: www.em-tec.de
Schrecksekunde während der Zugfahrt

Über die Blutpumpe

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Die Blutpumpe von Circulite wird minimal-invasiv rechtsseitig, außerhalb des Brustkorbs, implantiert – in einer Tasche unter der Haut, vergleichbar mit einem Herzschrittmacher. Mittels eines Katheters entnimmt sie Blut aus dem linken Vorhof des Herzens und fördert es in die Arteria Subclavia. Die theoretischen und praktischen Grundlagen basieren auf einer Entwicklung des Helmholtz-Instituts für Biomedizinische Technik. Gesteuert und mit Energie versorgt wird die Pumpe durch ein subkutan gelegtes Kabel, dessen Auslass im Abdominalbereich liegt. Das Kabel ist an eine Controllerbox angeschlossen, die von zwei Batterien gespeist wird.

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