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Das Weiche schafft die Dynamik

Softroboter: Baukasten bietet mehr Perspektiven für muskuloskeletale Roboter
Das Weiche schafft die Dynamik

Um einen Roboter nach biologischem Vorbild zu bauen, reichen vier standardisierte Module. Was damit alles möglich ist, hat das Projekt Myorobotics gezeigt – und Sie haben Gelegenheit, auf der Messe Medtec am Stand von medizin&technik genauer zu erfahren, welche Möglichkeiten das zukünftig bietet.

Können Sie besonders gut werfen? Und springen Sie hoch ans Volleyballnetz oder im Tor so weit, dass der Schütze bei Ihnen keinen Treffer landen kann? Dann tun Sie da etwas, das kein klassischer Roboter könnte und was Sie den weichen Gewebeanteilen Ihres Körpers verdanken.

„In den elastischen Bereichen speichern wir potenzielle Energie, die einem Menschen so dynamische Bewegungen wie das Werfen oder Hüpfen ermöglichen“, sagt Dr. Christophe Maufroy. Und das könnte auch für den einen oder anderen Roboter einer neuen Generation interessant sein, ergänzt der Wissenschaftler, der am Fraunhofer IPA in Stuttgart das Projekt Myorobotics leitet. Darin geht es um die Frage, wie man aus möglichst einfachen Elementen muskuloskeletale Roboter aufbauen kann. Also solche, die menschlichen oder tierischen Körpern nachempfunden sind und damit Eigenschaften haben, die man bei einem aus steifen Komponenten aufgebauten klassischen Roboter vergeblich sucht. Dazu gehören die schon erwähnten dynamischen Bewegungen, die durch die in den elastischen Bestandteilen gespeicherte kinetische Energie möglich sind. Noch wichtiger aber ist den Forschern aus mehreren beteiligten Instituten, dass die aus Knochen, Muskeln, Gelenken und „Nerven“ aufgebauten Roboter nachgiebig sind und ein Mensch sie mitten in der Bewegung stoppen kann, ohne Schaden zu nehmen. Die Interaktion wird so sicher und intuitiv.
„Diese Eigenschaften machen die muskuloskeletalen Roboter für zukünftige Anwendungen sehr interessant“, sagt Maik Siee, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer-IPA. Sie könnten in der Industrie Handhabungsaufgaben in direkter Zusammenarbeit mit Werkern übernehmen oder im Pflege- und Reha-Bereich einem älteren Menschen gefahrlos Dinge anreichen. „Ein anderer Ansatz wäre, unsere Entwicklungen in Richtung von Exoskeletten fortzusetzen, die man wie ein Kleidungsstück anlegt und von denen man sich bei bestimmten Aufgaben unterstützen lässt“, ergänzt Projektleiter Maufroy.
So weit sind die Dinge in den drei Jahren Projektdauer allerdings noch nicht gediehen. Was die Forscher aus Stuttgart, München, Zürich und Bristol vorzuweisen haben, kann sich aber sehen lassen: Sie bringen dieses Jahr einen modularen Baukasten heraus, der die weitere Entwicklung muskuloskeletaler Roboter deutlich vereinfachen soll. „Das war das Ziel, als wir das Projekt vor drei Jahren begonnen haben“, sagt Maufroy. „Wir wollten eine Möglichkeit schaffen, ein komplexes System wie die beschriebenen Roboter aus gleichartigen Bauteilen relativ einfach zusammenzusetzen.“
Und so kommt der Baukasten mit wenigen Grundbausteinen aus: Da gibt es knochenähnliche, steife Strukturen aus CFK, Myo-Bones genannt, die elastischen Muskeln – Myo-Muscles –auf der Basis von Seilzügen, Gelenkelemente aus 3D-gedruckten Kunststoffteilen mit Metallwellen und Kugellagern, die als Myo-Joints bezeichnet werden – und die „Nerven“, Myo-Ganglion genannt. Sie umgeben die einzelnen Elemente jedes Roboters und kommunizieren über einen schnellen Bus mit Sensoren und auch mit ihresgleichen. Damit ermöglichen sie dem Roboter eine reflexartige Reaktion auf veränderte Umgebungsbedingungen, und zwar sogar unter Umgehung der zentralen Steuerung.
„Natürlich sind wir mit dem Baukasten noch nicht in dem Stadium angelangt, in dem wir aus den Modulen einen einsatzbereiten Roboter für eine industrielle Aufgabe bauen könnten“, räumt Siee ein. Aber die Basis für weiteres Experimentieren ist geschaffen.
Ein paar Beispiele für mögliche Entwicklungen haben die Partner in Form von Demonstratoren vorgestellt: einen Arm, ein Bein und einen raubkatzenähnlichen Vierfüßler. Daran optimieren sie derzeit die Komponenten und auch die Software für Steuerung und Simulation neuer Systeme. Beim Arm geht es vor allem darum, die Präzision zu verbessern, beim Bein vor allem um die Dynamik.
Bei den diversen Tests wurden natürlich Grenzen des Systems erkennbar. Der Vorteil der Nachgiebigkeit bringt es mit sich, dass nicht die maximale Präzision zu erreichen ist. Und das Leichtbausystem erreicht ebenfalls nicht die Kräfte eines aus Stahl und mit leistungsstarken Antrieben ausgerüsteten Roboters.
Doch die Forscher hatten ohnehin nicht das Ziel, mit ihren Entwicklungen in Konkurrenz zu klassischen Robotern zu treten – sie sehen den Baukasten als Türöffner, um muskuloskeletale Roboter für geeignete Anwendungen stärker in die Diskussion zu bringen. „Alle Komponenten sind so ausgelegt, dass sie einfach zu komplexen Systemen kombiniert werden können und mit geringem Aufwand betriebsbereit sind“, sagt Siee.
„Uns geht es auch nicht nur darum“, ergänzt Maufroy, „dass unsere Module ausschließlich miteinander genutzt werden.“ Was der Baukasten bietet, lässt sich ebenso mit anderer Hardware kombinieren. Dass das passt, zeigt eine Kooperation mit den Entwicklern des Roboters Roboy an der Universität Zürich: Diese nutzen die kraftvollen Myo-Muscles aus dem Myorobotics-Projekt.
Für die nächste Zukunft wünschen sich die Partner nun viele Anwender und „viel Feedback aus Instituten, aber natürlich auch aus der Industrie“, um eventuell zu ganz neuen Nutzungsmöglichkeiten zu kommen.
Dr. Birgit Oppermann birgit.oppermann@konradin.de

Softroboter auf der Messe Medtec

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Seilspringen – das ist die erste Assoziation, wenn man das hüpfende „Bein“ sieht, das die Forscher im Projekt Myorobotics als Demonstrator aufgebaut haben. Auch wenn es „nur“ mit elastischen Seilzügen bewegt wird, hüpft es in beachtlich schnellem Takt auf und ab. Zu sehen ist der Demonstrator auf der Messe Medtec Europe am Stand von medizin&technik, denn dort sind Wissenschaftler vom Fraunhofer IPA mit dieser Technik und mit den Modulen aus dem Baukasten zu Gast.
Sie als Besucher dürfen dem „Bein“ gern nahetreten oder es in seiner Bewegung stoppen. Denn auch wenn hier von einem Teil eines Roboters die Rede ist, ist dieser für Menschen nicht gefährlich und braucht keinen abgegrenzten Bereich. Wie die natürlichen Muskeln können die auf Seilzügen basierenden „Myo-Muscles“, die das Bein bewegen, nur Zugkräfte ausüben – sie arbeiten nach dem antagonistischen Prinzip.
Welche Demonstratoren sonst noch gebaut und welche Lösungen auf Basis der Baukasten-Module schon simuliert wurden, diskutieren die Projektmitarbeiter gern mit Ihnen: Informieren Sie sich bei den Experten am Stand von medizin&technik über die jüngsten Entwicklungen in der Softrobotik. Oder probieren Sie aus, wie lange Sie beim Hüfen mit dem dynamischen Roboter im Takt bleiben können. Wir haben die Stoppuhr dabei!
Besuchen Sie uns am Stand und lernen Sie unsere Gäste sowie das Team von medizin&technik kennen: Halle 5, Stand G72

Ihr Stichwort
  • Muskuloskeletale Roboter
  • Baukasten mit Modulen
  • Einfachere Entwicklung
  • Verschiedene Demonstratoren
  • Feedback aus der Industrie erwünscht
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