Exoskelette für den industriellen Einsatz werden viele Arbeitswelten nachhaltig verändern. Mit dem biomechanischen Know-how von Ottobock treiben wir den Wandel voran,“ sagt Dr. Oliver Scheel, CEO von Ottobock. „Hier entsteht ein neuer und rasant wachsender Markt mit viel Potenzial für bahnbrechende Innovationen.“
Am 1. Oktober ist das Exoskelett Paexo beim Duderstadter Medizintechnikunternehmen in Serie gegangen, das damit das neue Geschäftsfeld Ottobock Industrials ausbaut. Ziel des passiven, 1,9 kg leichten Exoskeletts ist es, Menschen mit körperlich anspruchsvollen Tätigkeiten wie Überkopf- und Überschulterarbeit zu entlasten und so gesündere Arbeitsbedingungen zu schaffen.
„Bereits in der Entwicklungsphase zeigte sich das große Potenzial unseres Exoskeletts. Bei Tests in ganz unterschiedlichen Branchen bestätigte sich die entlastende Wirkung von Paexo gleichermaßen“, sagt Dr. Sönke Rössing, Leiter von Ottobock Industrials. Die Ergebnisse aus rund 75 Tests, zum Beispiel bei Luftfahrt- und Automobilunternehmen, in der Lebensmittelindustrie, bei Werften und auf dem Bau, flossen in die Entwicklung des neuartigen Hilfsmittels ein. „Paexo funktioniert nach biomechanischen Prinzipien, es richtet sich an den Bewegungen des Menschen am Arbeitsplatz aus. Weitere Erfolgsfaktoren sind das geringe Gewicht und die sofort spürbare Entlastung der Arm- und Schultermuskulatur“, ergänzt Rössing.
Seit 2012 forscht Ottobock an technischen Lösungen, die es Menschen ermöglichen, ihrem Berufsalltag langfristig gesundheitsschonend nachzugehen. Hintergrund sind die wachsenden Herausforderungen, vor denen Industrieunternehmen und das Handwerk angesichts demografischer Entwicklungen stehen. Steigende Lebenserwartung führt zu einer alternden Belegschaft, dazu kommt ein Mangel an Fachkräften. Daraus resultiert ein erhöhter Bedarf an neuartigen Hilfsmitteln für ergonomische Arbeitsplätze.
Paxeo entstand ursprünglich im Forschungsprojekt Ortas, an dem unter anderem Volkswagen und das Institut für Biomechanik und Orthopädie der Deutschen Sporthochschule Köln beteiligt waren. In dem Projekt hat die Sporthochschule Köln die biomechanischen Kräfte und Belastungen durch wissenschaftliche Analysten von Überkopfarbeitsplätzen ermittelt. Durch die Kooperation mit Volkswagen wurden Erkenntnisse aus dem Bereich Produktion, Arbeitsergonomie und –sicherheit gewonnen.
„Mittlerweile loten alle großen Automobilhersteller das Potenzial von Exoskeletten in der Fertigung aus“, erklärt Dr. Peter Heiligensetzer, CTO und Gründer von German Bionic Systems. Das Augsburger Start-up-Unternehmen, dessen Wurzeln in der Robotik liegen, hat die Serienproduktion seines Exoskeletts Cray X im Januar 2018 gestartet. Es wurde speziell für die manuelle Handhabe von Gütern und Werkzeugen konzipiert und verringert den Kompressionsdruck im unteren Rückenbereich beim Heben schwerer Lasten. „Exoskelette kommen dort zum Einsatz, wo menschliche Arbeit nicht sinnvoll durch Vollautomatisierung oder Robotik-Systeme ersetzt werden kann“, so Heiligensetzer.
Sowohl Paexo als auch Cray X lassen sich individuell an den Nutzer anpassen und mehrere Stunden lang tragen.
Neben Ottobock und German Bionic hat mit Comau ein drittes Unternehmen im Juni ein Exoskelett für den industriellen Bereich vorgestellt: Mate hat wie Paxeo einen medizintechnischen beziehungsweise orthopädischen Hintergrund, denn Comau arbeitet seit einigen Jahren mit dem isländischen Unternehmen Össur zusammen, einem Hersteller nicht-invasiver orthopädischer Geräte. Wein weiterer Partner, der bei der Entwicklung des Exoskeletts Mate beteiligt war, ist Iuvo, ein auf Wearable-Technologien spezialisiertes Spin-off-Unternehmen des Bioroboics Institute (Scuola Superiore Sant’Anna). Laut Comau wurde dabei Wert gelegt auf ein kompaktes und ergonomisches Design: Mate könne jede Bewegung der Schulter vollständig nachbilden und sei dem Körper dabei wie eine „zweite Haut“ angepasst.