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Muskeln aus Silikon

Fördertechnik
Muskeln aus Silikon

Muskeln aus Silikon
Prof. Stefan Seelecke (l.) und Steffen Hau demonstrieren die neue Fördertechnik mit einem Modell (Bild: Oliver Dietze)
Forscher entwickeln Silikon-Muskeln, die sie in bestimmten Abständen unter einer Förderbahn montieren. Durch schnelle Kontraktionen bringen diese Muskeln Transportgut voran – und sind zugleich Sensoren, die das Gewicht der transportierten Dinge erkennen und sich anpassen.

Tabletten, Schrauben, Elektrobauteile, Gummibärchen – soll eine massenhafte Fülle kleiner Dinge in einer Fabrik von A nach B transportiert werden, kommen Vibrations- oder Schwingförderer zum Einsatz. Die gängigen Förderstraßen werfen entweder ihr Transportgut durch die Unwucht eines rotierenden Motors vorwärts oder nutzen die Trägheit des Schüttguts, indem sie es in Schwingbewegungen gleitend vorantreiben. Diese Systeme vibrieren oder schwingen bislang immer gleich. An ihr befördertes Gut können sie sich nicht flexibel anpassen.

Dielektrisches Elastomer als Muskel

Dies ist anders bei der neuen Fördertechnologie, die das Forscherteam von Prof. Stefan Seelecke am Lehrstuhl für intelligente Materialsysteme der Universität des Saarlandes und am Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik entwickelt hat. Ihr Fördersystem passt sich individuell an Größe, Gewicht und Besonderheiten seines Transportgutes an. Es kann Fragiles vorsichtig transportieren und Eiliges schneller.

Dazu setzen die Forscher auf Silikon, einen elastisch verformbaren Kunststoff, den sie mittels elektrischer Spannung dazu bringen, sich wie ein Muskel zu kontrahieren, also sich zusammenzuziehen. „Wir drucken auf eine Silikon-Folie von beiden Seiten eine elektrisch leitfähige Schicht auf. Dadurch können wir eine elektrische Spannung an die Folie anlegen. Es handelt sich um ein so genanntes elektroaktives Polymer oder ,spezifischer, um ein dielektrisches Elastomer“, erläutert Prof. Stefan Seelecke.

Verändern die Forscher die elektrische Spannung, bewirken elektrostatische Anziehungskräfte, dass sich die Folie zusammendrückt, so dass sie sich nach oben hin ausdehnt. „Wir erzielen bei 1800 Volt einen deutlich höheren Hub und damit eine bessere Wurfweite im Vergleich zu heute üblichen Fördersystemen. Der Frequenzbereich und der Vibrations-Takt sind größer. Außerdem haben diese Bauteile geringes Gewicht, sind günstig herzustellen und verbrauchen wenig Energie“, sagt Steffen Hau. Der Doktorand hat die Förderbahn mitentwickelt.

Fördersystem passt sich an Transportgut an

Die Forscher können ihre Silikon-Muskeln gezielt ansteuern und die Frequenz und Schwingungen beliebig verändern: vom hochfrequenten Vibrieren bis hin zu kräftigen Stößen mit großem Hub und großer Beschleunigung können sie ihren Förderer an Gewicht und Größe des jeweiligen Schüttguts anpassen.

Zudem soll die Förderbahn selbst erkennen, was auf ihr liegt, und sich daran anpassen: „Wir können den Verformungen der Folie exakt Messwerte der elektrischen Kapazität zuordnen. Anhand der Messwerte kennen wir also zu jedem Zeitpunkt genau ihre mechanische Auslenkung. Dadurch hat das Bauteil sensorische Eigenschaften. Wir können es präzise ansteuern, indem wir die elektrische Spannung verändern“, erklärt Ingenieur Paul Motzki, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand in Seeleckes Team.

Die Forscher nutzen die Messwerte, um eine Wiegefunktion im System zu integrieren, die das Gewicht des Transportgutes erfasst. Ziel ist, dass das Fördersystem seine Ansteuersignale selbst flexibel an das, was es transportiert, anpasst.

Die Ingenieure suchen noch Partner, um ihr Verfahren für den Praxiseinsatz weiterzuentwickeln. Sie zeigen auf der Hannover Messe vom 23. bis 27. April ein Modell ihres Vibrationsförderers am saarländischen Forschungsstand in Halle 2, an Stand B 46.

www.imsl.uni-saarland.de/forschung/eap/

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