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Kommunikationstechnik gibt Patienten Bewegungsfreiheit

Forschungsprojekt Nephron+: Tragbare künstliche Niere mit mobiler Diagnostik
Kommunikationstechnik gibt Patienten Bewegungsfreiheit

Eine tragbare künstliche Niere wird Patienten den regelmäßigen Weg zur Dialyse ersparen. Wichtiger Bestandteil des Systems ist die drahtlose Übertragung von Infor- mation und Daten per Bluetooth-Technologie.

Mit einer tragbaren künstlichen Niere sollen Patienten mit chronischem Nierenversagen von den oft mehrere Stunden dauernden Dialysesitzungen befreit werden. Statt dessen wird das Gerät die kontinuierliche Dialyse außerhalb des Krankenhauses ermöglichen: Die Patienten bleiben mobil und im sozialen und wirtschaftlichen Leben aktiv.

Vielfältige Telemetrie-Funktionen messen dabei ständig alle Parameter. So kann das Klinikpersonal den Patienten individuell behandeln und beraten. Da die Blutreinigung durch die mobilen Überwachungsmöglichkeiten sehr gezielt und dosiert eingesetzt werden kann, wird der Patient im Vergleich zur traditionellen Dialyse deutlich weniger belastet. Entwickelt wird diese integrierte Lösung derzeit im Projekt Nephron+ mit Fördermitteln des 7. Forschungsrahmenprogramms der Europäischen Union durch ein Konsortium aus zehn Partnern aus Deutschland, den Niederlanden, Griechenland, Österreich und der Schweiz.
Das Gesamtsystem Nephron+ besteht aus dem „Wearable Artificial Kidney Device“ (WAKD), einem Smart Phone, externen Sensoren für Blutdruck und EKG sowie einer Personenwaage und dem medizinischen Server als Backend. Die zentrale Komponente des Systems ist das WAKD. Dort werden die Blut- und Vital-Parameter mit den verschiedenen internen Sensoren etwa für Kalium-, Natrium-, Magnesium- und Kalzium- sowie Phosphationen bestimmt und das Blut gereinigt. Das WAKD agiert autonom und ohne externe Kommandos vom Backendserver oder Smart Phone. Es kommuniziert über sein „Communication Board“ via Bluetooth mit dem Smartphone und via Bluetooth Low Energy (BLE) mit externen Sensoren.
Das Smartphone übernimmt dabei zwei Funktionen. Es dient als Benutzerschnittstelle für den Patienten, indem es ihm einen Überblick über seine Parameter gibt sowie Hinweise für sein Verhalten und seine Ernährung. Daneben ist es das medizinische Gateway zur Verbindung mit dem Backendserver. Dort werden Langzeit-Patientensensordaten und Messwerte des WAKD gespeichert, damit das Dialyse-Programm für den Patienten optimal abgestimmt werden kann.
Zur Indikation zu hoher oder zu niedriger Kalium- oder Kalziumspiegel werden die so genannten U-Wellen und veränderte QT-Intervalle aus dem EKG herangezogen. Um es dem Patienten so bequem wie möglich zu machen, wird hierfür ein intelligentes T-Shirt mit eingearbeiteten Textilelektroden genutzt, um das EKG zu messen. Dehnungsmessstreifen überwachen die Atmung, und Sensoren messen die Beschleunigung in drei Achsen. Mit der Beschleunigungsmessung können Unregelmäßigkeiten im Bewegungsprofil des Patienten aufgezeichnet werden.
Über eine Personenwaage wird das Gewicht bestimmt und damit der Gesamtkörperwassergehalt geschätzt. Ein integrierter Datenlogger verarbeitet diese Rohdaten in Echtzeit und speichert sie zunächst lokal im Gerät auf einer Micro-SD-Karte. Wenn keine Auffälligkeiten auftreten, werden die Daten einmal täglich zum Backendserver weitergeleitet, andernfalls wird sofort Alarm gegeben. Das Klinikpersonal ist also jederzeit über den Zustand des mobilen Patienten informiert und kann bei Abweichungen der Vitalparameter sofort reagieren.
Für die drahtlose Anbindung von Sensoren und die Kommunikation mit einem Backendserver zeichnet im Nephron+-Konsortium der Funktechnologie-Dienstleister IMST GmbH, Kamp-Lintfort, verantwortlich. Neben der Sensorik zur Messung der Blutparameter ist die moderne Kommunikationstechnik ein Kernstück der künstlichen Niere. Dadurch können Körpersensoren, wie die EKG-Sensorik, genauso drahtlos angebunden werden wie zusätzlich notwendige Geräte wie die Personenwaage und das Blutdruckmessgerät. Erst durch den Einsatz von Funktechniken wie Bluetooth und Bluetooth Low Energy ließen sich die Anforderungen nach maximaler Mobilität und geringer Beeinträchtigung der Patienten durch Verkabelung erzielen.
Der finale Prototyp hat bereits die ersten in-vitro-Tests in Tierversuchen durchlaufen. Die Tests deckten die oben beschriebenen Parameter der internen Sensoren im Hinblick auf Einhaltung der verschiedenen Mineralstoffspiegel ab.
Weitere Tierversuche werden bis Ende 2014 durchgeführt. Die ersten Ergebnisse sind so zufriedenstellend, dass die nächste Evaluierungsstufe mit Versuchen am Menschen vorbereitet werden kann. Im Hinblick auf die für den Funk zulassungsrelevanten Tests untersucht IMST das Gerät in seinen akkreditierten Prüflaboren auf Konformität zu den europäischen Regularien. mc
Kontinuierliche, mobile Dialyse beeinträchtigt Patienten kaum

Das Kommunikationskonzept
Die im Rahmen des Forschungsprojekts Nephron+ entwickelte künstliche Niere erfüllt zwei wesentliche Anforderungen innovativer Medizintechnik: Das Medizingerät muss mit einer klinischen Zentrale verbunden sein und drahtlose Sensoren anbinden können.
Funktechnologie-Dienstleister IMST wählte ein Smartphone für die Serververbindung und entwickelte ein Communication Board in Hard- und Software mit einem Bluetooth- und einem Bluetooth-Low-Energy-(BLE)-Modul, auch als Bluetooth 4.0 bezeichnet. Diese Technologie benötigt noch weniger Energie als Bluetooth, erzielt aber auch nur Reichweiten bis zu wenigen Metern. Das Communication Board erlaubt die gleichzeitige Kommunikation beider Technologien. Ein spezielles Übertragungsprotokoll sorgt für zuverlässige Kommunikation zwischen dem Smartphone und dem Kernstück des Systems, dem Wearable Artifical Kidney Device (WAKD), so dass auch zwischenzeitliche Verbindungsabbrüche kein Problem darstellen.
Neben den Patientendaten wird auch der Status des Geräts an die Zentrale gemeldet, so dass etwa der Akkustand permanent überwacht und der Patient gegebenenfalls informiert werden kann.

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