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EKG-Elektrode aus dem Drucker ist bequem wie ein Klebe-Tattoo

Medizinisches Langzeitmonitoring
EKG-Elektrode aus dem Drucker – bequem wie ein Klebe-Tattoo

Temporäre Tattoo-Elektroden, hergestellt im Tintenstrahldrucker, messen über lange Zeit elektrische Herz- oder Muskelimpulse, ohne die Beweglichkeit des Patienten einzuschränken. Eine Gruppe von Forschern aus Österreich und Italien hat ihre Ergebnisse jüngst vorgestellt.

Susanne Eigner
Technische Universität Graz

Bei Diagnoseverfahren wie dem Elektrokardiogramm (EKG) oder der Elektromyografie (EMG) werden heute meist Gel-Elektroden verwendet, um elektrische Impulse von Herz oder Muskeln zu erfassen. In der klinischen Praxis schränken die oft steifen und sperrigen Elektroden jedoch die Beweglichkeit von Patientinnen und Patienten spürbar ein – sie sind, kurz gesagt, wenig komfortabel. Da das Gel auf den Elektroden zudem bereits nach kurzer Zeit austrocknet, sind die Möglichkeiten der Messungen über längere Zeiträume mit dieser Art von Elektrode beschränkt.

Eine Alternative dazu sind gedruckte Tattoo-Elektroden, die ebenfalls elektrische Impulse vom Menschen zur Maschine übertragen können. So eine Lösung haben Forscher aus Italien und Österreich entwickelt: Einer von ihnen ist Dr. Francesco Greco vom Institut für Festköperphysik der TU Graz, der die Resultate der Arbeit in der Zeitschrift Advanced Science gemeinsam mit Forscherinnen und Forschern des Instituto Italiano di Tecnologia (IIT) Pontedera, der Università degli Studi in Mailand sowie der Scuola Superiore S.Anna in Pisa vorgestellt hat.

Leitfähige Polymere
auf Tattoo-Papier gedruckt

Für die neue Methode werden leitfähige Polymere in einem Tintenstrahldruckverfahren auf handelsübliches temporäres Tattoo-Papier gedruckt. So können Einzelelektroden oder auch Multielektroden-Anordnungen hergestellt werden. Die externen Verbindungen, mit denen die Signale nach außen übertragen werden, sind ebenfalls direkt in die Tätowierung integriert.

Wie temporäre Abziehbilder lassen sich die Tattoo-Elektroden dann auf
die Haut aufbringen und sind für den Träger oder die Trägerin kaum spürbar. Weil sie so dünn sind – genauer gesagt weniger als 1 µm dick – passen sich die Tattoo-Elektroden den Unebenheiten menschlicher Haut sehr gut an und lassen sich auch an Körperstellen verwenden, die für die Applikation herkömmlicher Elektroden nicht geeignet sind, wie das Gesicht.

Epidermale Elektronik
lässt sich individualisieren

Greco, Materialwissenschaftler am Institut für Festkörperphysik der TU Graz, erklärt: „Uns ist mit dieser Methode ein großer Schritt in der Weiterentwicklung der epidermalen Elektronik gelungen. Wir sind auf direktem Weg zu einem extrem kostengünstigen und ebenso einfach wie vielseitig anwendbaren System mit enormem Marktpotenzial.“ Vonseiten internationaler biomedizinischer Unternehmen bestehe bereits konkretes Interesse an der gemeinsamen Entwicklung marktfähiger Produkte, berichtet Greco.

Eine weitere Besonderheit der Tattoo-Elektroden aus dem Drucker ist, dass selbst eine Perforation des Tattoos, etwa durch Haarwachstum, die Leistungsfähigkeit der Elektrode und die Signalübertragung nicht beeinträchtigt. Dies ist besonders bei Langzeitanwendungen relevant, denn nachwachsende Haare führen bei herkömmlichen Messmethoden häufig zu einer Ungenauigkeit der Ergebnisse.

In den Tests der italienisch-österreichischen Forschungsgruppe wurden einwandfreie Übertragungen von bis zu drei Tagen erprobt. Dies, so erklärt Greco, ermöglicht die Messung elektrophysiologischer Signale von Patienten oder Sportlern über längere Zeiträume, ohne deren normale Aktivität zu beeinflussen oder einzuschränken. Auch können die Elektroden aus dem Drucker in unterschiedlichen Größen und Anordnungen produziert und individuell an die jeweilige Körperstelle angepasst werden, an der die Messung vorgenommen werden soll.

Das ultimative Ziel der Forschung beschreibt Francesco Greco so: „Wir arbeiten an der Entwicklung von drahtlosen Tattoo-Elektroden mit integriertem Transistor, die es ermöglichen würden, Signale sowohl zu empfangen als auch zu senden. Wir könnten so nicht nur Impulse messen, sondern Körperregionen gezielt stimulieren.“

Francesco Greco vom Institut für Festkörperphysik der TU Graz arbeitet zu diesem Forschungsthema eng mit dem Team von Paolo Cavallari, Professor für Humanphysiologie an der Università degli Studi in Mailand, und Professor Christian Cipriani, Leiter des Biorobotik Instituts der Scuola Superiore S.Anna in Pisa, zusammen, sowie mit seiner ehemaligen Forschungsgruppe am Instituto Italiano di Tecnologia (IIT) Pontedera.


Weitere Informationen

Ihre Ergebnisse haben die Forscher in Advanced Science im Januar 2018 veröffentlicht, unter dem Titel „Ultraconformable Temporary Tattoo Electrodes for Electrophysiology

http://hier.pro/PQKQx

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