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Winzige Mikrodrehteile kommen aus der CNC-Maschine

Präzisionsfertigung
Winzige Mikrodrehteile kommen aus der CNC-Maschine

Mikrodrehteile | Staubkörnchengroß sind die Teile, die Carl Haas auf CNC-Maschinen für die Medizintechnik fertigt. Nicht nur beim Rüsten der Maschine und dem Handling der winzigen Produkte, sondern auch bei der Qualitätssicherung und der Nachbearbeitung profitiert das Unternehmen von seinen Erfahrungen aus der Uhrenindustrie.

Susanne Schwab
susanne.schwab@konradin

Wenn das Produkt so klein ist, dass man es kaum sehen kann, dann fängt es für uns an, Spaß zu machen“, sagt Thomas Zwick und hält einen Finger mit winzigen schwarzen Punkten darauf in die Höhe, die auch auf den zweiten und dritten Blick wie Staubkörnchen aussehen. Dabei handelt es sich um hochpräzise gefertigte Nietelemente aus Edelstahl, die als Gelenkstücke in Endoskopen zur Anwendung kommen. Hergestellt werden sie in einer CNC-Drehmaschine. „Aktuell sind das die kleinsten Produkte, die wir fertigen“, erklärt Zwick, „aber theoretisch ginge es auch noch kleiner.“

Die Teile, die Carl Haas GmbH in Schramberg für die Medizintechnik herstellt, sind so winzig, dass man mit dem bloßen Auge kaum die Konturen erkennen kann. „Unseren Ursprung haben wir in der Uhrenindustrie“, erläutert der Werksleiter, der als gelernter Zerspanungsmechaniker, wann immer es nötig ist, selbst an einer der Maschinen steht. „Und diese Erfahrung aus der Mikrobearbeitung hilft uns seit 30 Jahren beim Herstellen von medizintechnischen Komponenten und Produkten.“

Reinigung der hochpräzisen Teile nach der Fertigung

Für die Fertigung der Mikrodrehteile stehen dem Team hochmoderne CNC-Drehmaschinen zur Verfügung sowie etliche kurvengesteuerte Langdrehautomaten, die nach und nach in den Ruhestand geschickt werden. Obwohl diese Kurvenmaschinen sehr präzise sind und teilweise schneller produzieren als moderne CNC- Maschinen, ist der Rüstaufwand im Vergleich einfach zu hoch und fähiges Bedienpersonal für diese Maschinen zu finden ist heute nahezu unmöglich. „Zudem“, so Zwick, „wollen wir unsere Fertigung modernisieren und noch stärker an die Bedürfnisse der Medizintechnik anpassen.“ Die hochpräzisen Teile, die aus den Kurvenmaschinen in kleine Siebe fallen, müssen anschließend aufwendig gereinigt werden, denn in der Medizintechnik sind Sauberkeit, die Vermeidung von Partikeln und biologische Verträglichkeit von großer Bedeutung.

Die Qualitätssicherung bei Carl Haas spielt eine ebenso wichtige wie diffizile Rolle in der Herstellung der winzigen Teilen und kann nur anhand von Videomessgeräten erfüllt werden, wie Thomas Zwick am Beispiel einer Mikroobjektivfassung für Endoskope erklärt. Denn diese Fassung aus hochlegiertem Stahl mit Außendurchmessern von 0,9 mm sowie einer Wandung von gerade einmal einem 500stel Millimeter lässt sich problemlos von einem Fingernagel zerdrücken.

Eigene Messvorrichtungen für die Qualitätssicherung

Beim Messen eines Rüstteiles wird zudem schnell ersichtlich, dass ein Grat größer sein kann als das komplette Teil, den es dann natürlich noch zu entfernen gilt. „Von Hand positionieren lässt sich das Teil kaum, deshalb verwenden wir meist eigens dafür hergestellte Messvorrichtungen“, so Zwick.

Die Mikrodrehteile aus Edel- und Silberstahl, Aluminium, Titan oder Peek, die Carl Haas für die Medizintechnik fertigt, kommen hauptsächlich in der Endoskopie zum Einsatz. Besonderheit beim Drehen beispielsweise der Nietelement sind die scharfkantigen Ecken, deren Maße über den gesamten Fertigungszeitraum prozesssicher gehalten werden müssen. Bei einem Drehteil mit einem Durchmesser von gerade einmal 0,5 mm und noch kleineren Toleranzen eine Herausforderung. „Aber wo andere an ihre Grenzen kommen“, so Thomas Zwick schmunzelnd, „fangen wir erst an.“

Eine zweite Herausforderung bei der Herstellung der Gelenkstücke im spanabhebenden Prozess ist das Handling der Teile in der Maschine. Die Maschine muss so eingestellt werden, dass beispielsweise beim Abgreifen keine Abdrücke am Teil
zu sehen sind. „Wir testen das an einem Teilbereich, der einen Durchmesser von 0,4 Millimeter hat und auf dem uns eine Länge von 0,1 Millimeter zum Abgreifen zur Verfügung steht“, erklärt Stefanie Borho, die bei Carl Haas die Drehteilefertigung leitet, und zeigt auf einen winzigen Zwischenraum in der Produktzeichnung. Da ist viel Fingerspitzengefühl beim Programmieren gefragt, denn wenn die Spannzange zu schwach eingestellt ist, fallen Teile in die Maschine und nicht in den Absaugschlauch, der die Teile von den Abgreifzangen übernimmt.

Mikrodrehteile benötigen spezielle Handling-Werkzeuge

Rund einen Tag Rüstzeit plant Borho bei Neuprodukten ein, bei komplizierten Teilen kann das aber schnell deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen. „Und erst wenn zehn Erstmusterteile gefertigt, per Videomessgerät geprüft und von der Qualitätssicherung freigegeben sind, starten wir die Serienproduktion“, erklärt die Drehteile-Expertin. Aber auch dann finden regelmäßig kunden- und teilespezifische Stichprobenprüfungen statt. Durch Vakuum werden die Teile aus der Abgreifspindel gesaugt und in speziellen Sieben aufgefangen und validiert gereinigt. Anschließend werden die Produkte verpackt und versendet.

Auf Wunsch werden auch Arbeitsgänge wie das Sandstrahlen, Gleitschleifen und Polieren übernommen. Auch eine Weiterverarbeitung der Produkte oder das Verpacken im hauseignen Reinraum (GMP C) sind möglich. Für Beschichtungen oder eine Wärmebehandlung arbeitet Carl Haas mit Unternehmen zusammen, die über das Spezialwissen im Umgang mit den winzigen Drehteilen verfügen.

Auf die Frage nach den Grenzen der spanabhebenden Fertigung – nicht nur für die Medizintechnik – erklärt Stefanie Borho: „Wir haben schon bis 0,2 Millimeter Durchmesser gedreht, dann geht es an die Grenzen der Machbarkeit.“ Dann lacht sie, zeigt auf das staubkorngroße Nietelement und sagt: „Und wenn wir auf diesem Teil noch eine Querbohrung und ein Gewinde anbringen würden, dann haben wir unsere Technologien und Möglichkeiten fast alle ausgeschöpft.“


Weitere Informationen

Zum Hersteller von Mikrodrehteilen für Feinwerk- und Medizintechnik:

www.carl-haas.com

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