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Wie die Prinzessin auf der Erbse

Antibakterielle Beschichtungen: Studie zeigt den Einfluss des Basismaterials
Wie die Prinzessin auf der Erbse

Mit einer antibakteriellen Beschichtung lässt sich die Haftung von Bakterien oder Eiweißen noch nicht verringern, denn es geht gar nicht allein um die obersten Atomlagen: Zwei Studien zeigen, dass es auch darauf ankommt, was drunter ist.

Physiker und Mikrobiologen der Universität des Saarlandes sind in zwei Studien der Frage nachgegangen, welche Kräfte die Haftung von Bakterien und Proteinen an Oberflächen bestimmen. Ihre Erkenntnisse – dass nämlich die Atome weit unter der Oberfläche dabei eine Rolle spielen – könnten helfen, zum Beispiel antibakterielle Beschichtungen und medizinische Implantate zu verbessern. Weil die Haftung der Bakterien an diversen Gegenständen und Oberflächen – zum Beispiel im Operationssaal – immer wieder zu Problemen führt, sind antibakterielle Beschichtungen ein wichtiges Forschungsthema.

Für ihre Versuche verwendeten die Saarländer so genannte Silizium-Einkristallplättchen. Auf diesen Plättchen befinden sich wiederum Schichten aus Siliziumoxid mit variabler Schichtdicke. Es zeigte sich, dass die Bakterien doppelt so stark haften, wo die Oxidhaut dünn ist. Sie können also das Silizium der Plättchen durch die dünne Haut hindurch „spüren“ – oder anders ausgedrückt, das Basismaterial beeinflusst die Haftung.
Dieser Zusammenhang gilt vermutlich nicht nur bei Silizium und seinen Verbindungen, sondern auch bei den besonderen Beschichtungen, die das Entstehen von Biofilmen einschränken sollen. „Unsere Ergebnisse erklären, weshalb antibakterielle Beschichtungen unterschiedlich effektiv sein können, je nachdem nämlich, auf welchem Material sie aufgebracht sind“, erklärt Karin Jacobs, Professorin für Experimentalphysik.
Physikalisch betrachtet sind für die Haftung von Bakterien oder Eiweißen an Oberflächen verschiedene Kräfte verantworlich. „Es gibt so genannte Kontaktkräfte, die nur von der obersten Atomlage eines Stoffes ausgehen und auch nur eine Atomlage weit zu spüren sind, und solche Kräfte, die ein gewisses Stoffvolumen erfordern, wie die sogenannten Van-der-Waals-Kräfte“, so Jacobs. Diese Kräfte sind umso stärker, je mehr Material vorhanden ist. Und sie sind theoretisch auch etwa hundert Atomlagen entfernt noch spürbar. Die Schlussfolgerung der Wissenschaftler ist jedenfalls, dass bei allen Studien zur Haftung von Bakterien nicht allein die Wirkungen der äußersten Atomschicht betrachtet werden dürfen.
Dass dieses Phänomen nicht an lebende Zellen gebunden ist, sondern auch bei Eiweißen beobachtet werden kann, haben weitere Untersuchungen gezeigt, die das Team um Jacobs zusammen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Technischen Universität Dortmund durchführte. „Protein- und Bakterienadsorption sind wichtige Schritte bei der Biofilmbildung, daher sind die Ergebnisse für viele Bereiche interessant“, sagt Jacobs.
Biofilme bilden sich immer da, wo Mikroorganismen auf eine so genannte Grenzfläche treffen. „Da Biofilme häufig die Ursache von Entzündungen sind, zum Beispiel auf Implantaten oder Herzklappen, ist dies auch medizinisch höchst relevant“, sagt Mathias Herrmann, Professor für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene an der Universität des Saarlandes. op
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